«Wir brauchen mehr Männer und Junge»
Bild/Illu/Video: Christian Imhof

«Wir brauchen mehr Männer und Junge»

«Theater war bei uns zuhause in Lenz immer das Hausthema», sagt Priska Klaas zu ihren Anfängen. «Es wurde am Küchentisch viel über das Theaterspielen, Bühnenbilder und Dialoge diskutiert, da mein Vater auch Regie geführt hat. Wenn man dann in die Jungmannschaft kam, war das einfach logisch, dass man Theater spielte.» Als Priska Klaas ihren Peter dann 1987 heiratete und nach Landquart zog, heuerte sie direkt beim Theaterverein Igis an. 1991 zog die junge Familie nach Jenaz, was ein logischer Schritt gewesen sei, denn ihr Mann Peter sei in Pragg aufgewachsen und habe immer ein gewisses Heimweh nach einem Leben hinter der Chlus gehegt.

Fast 30 Jahre bei Grüsch
Als der Theaterverein Igis, bei einer Aufführung über zu wenig Personal verfügte, habe man eine Lösung mit dem befreundeten Grüscher Dorftheater gefunden. Diese Zusammenarbeit erwies sich als dermassen begeisternd, dass Priska Klaas 1994 gleich beim Verein hängengeblieben sei. Dies nicht ohne Grund. «Es sind seit gut 20 Jahren die gleichen Leute mit mir auf der Bühne und durch das eingespielte Team ist es auch möglich anspruchsvollere Stücke in Angriff zu nehmen.» Auch wenn es in praktisch jedem Dorf einen Theaterverein gibt und sogar ihre Wohngemeinde Jenaz schon seit rund einem Jahrzehnt Stücke für das Volk auf die Bühne bringe, gehöre ihr Herz den Grüschern. Ihr Verein habe zwar nicht immer volles Haus, wie wenn ein «Schwank» aufgeführt werde, dafür fordere ihr Stoff das Publikum mit Tiefgang heraus und auch von den Darsteller:innen werde einiges abverlangen. Um die Arbeit auf der Bühne noch authentischer zu gestalten, haben die beiden Regisseurinnen Denise Camenisch und Edith Janett sich in diesem Jahr Unterstützung vom Profi Gian Rupf geholt. Dieser hole das Beste aus der Gruppe heraus, sagt Klaas. «Es ist eben schon ein bisschen so, dass am Anfang eines Stückes immer viel Luft nach oben ist und wir sind froh, dass uns hier jemand Hand bietet, der den ganzen Tag nichts anderes als das macht. Doch man darf nicht vergessen, dass wir alle in der Freizeit Theater spielen und noch diverse andere Verpflichtungen haben.» Vom 9. bis am 12. sowie am 15. und 17. November spielt das Theater Grüsch die Kriminalkomödie «Mord on backstage» aus der Feder von Claudia Gysel in der Mehrzweckhalle Fanas. Es sei ein Stück, welches von einer Theatergruppe handle, die selbst ein englisches Theaterstück auf die Bühne bringen wolle. Momentan habe sie noch recht mit dem Wort «th» zu kämpfen, welches im Text ihrer Rolle Rosie öfters vorkomme. 

Eine Kiste voller Geschichten
Wie viele Rollen, die 58-Jährige in ihrem Leben bisher gespielt hat, weiss sie nicht mehr so genau. Doch wer durch alte Ausgaben des «Prättigauer & Herrschäftlers» blättert, stösst mit grosser Wahrscheinlichkeit mehrfach auf ihr Gesicht, sei es als Nella Martinetti, als Priesterin bei den szenischen Dorfführungen in Seewis oder sonst als Schauspielerin für alle Fälle. Dies sei so, da sie, wenn es um ihre grosse Passion gehe, sich immer Zeit genommen habe. «Es ist schon ein bisschen so, dass wenn du die ganze Zeit spielst, auch regelmässig Anfragen reinkommen. So habe ich öfters schon Ein-Akter und Solostücke gezeigt, sei es für den Jägerverein oder als schauspielerische Zwischenteile bei einem Unterhaltungsabend der Musik.» Am liebsten sei es ihr, wenn sie beim Schauspielern aus ihrer Komfortzone kommen müsse. «Ich erinnere mich gerne an grosse Projekte wie die Niederdorfoper, bei welchem aus verschiedenen Theatervereinen und Männerchören Personen beteiligt waren. Während ich vor allem beim Singen noch einiges draufpacken musste, hatten die singenden Männer die Möglichkeit, etwas von uns Schauspielern zu lernen. Dieser Austausch war unheimlich bereichernd und hat das Talprojekt auch zu einer solch aussergewöhnlichen und einzigartigen Angelegenheit gemacht.» Eine ganze Kiste voller Geschichten stehe bei ihr im Keller und sie finde es schön zu beobachten, wie sie mit ihren dargestellten Figuren mitgewachsen sei. «Mit dem Alter verändern sich die Rollen. Am Anfang spielst du oft die Magd oder die Tochter. Inzwischen bin ich vielfach die Hausfrau oder «alte Dame». Was sich auch sehr verändert hat, ist das Texte lernen. Mit Zwanzig kannst du’s einfach und ich erinnere mich, wie ich damals nie wirklich gross büffeln musste, um ein Stück auf die Bühne zu bringen. Heute mit fast Sechzig, sieht die Realität schon ein bisschen anders aus und ich muss ziemlich dahinter.» Die Kombination aus Text, der Handlung und wo man auf der Bühne stehe, sei es, die sie immer wieder motiviere. «Wenn ich es schaffe, mir eine Rolle komplett einzuverleiben und das Publikum nicht mehr zwischen Privatperson und Bühnenfigur unterscheiden kann, erfüllt mich das sehr.»

Dringend Nachwuchs gesucht
Auf das Filmen der Stücke und eine Analyse der Bühnenarbeit nach den Vorstellungen legt die Schauspielerin wenig Wert. «Ich finde immer, gespielt ist gespielt. Logisch, während den Proben nehmen wir uns oft auf und versuchen zu optimieren, aber anschliessend das Ganze nochmals anzuschauen, behagt mir nicht so. Von der Niederdorfoper haben wir sogar mal eine DVD erhalten, die ich aber bis heute nicht gesehen habe.» Selber Erzählungen für die Theaterbühne zu schreiben sei überhaupt nicht ihre Welt, sagt Priska Klaas, die hauptberuflich als Kindergärtnerin arbeitet. Es gebe da einen grossen Fundus an guten Geschichten, auf die man zurückgreifen könne, weshalb sie auch nie auf die Idee gekommen sei, selbst ein Stück zu entwickeln. Und doch könne der Theaterverein Grüsch inzwischen leider nicht mehr jedes Werk auch spielen, was die Jenazerin sehr bedauernswert findet. «Wir sind wirklich schon fast eine Seniorentruppe, was die Auswahl der Stücke schon sehr einschränkt. Wir brauchen dringend mehr Männer und auch Junge, sonst sieht es nicht so rosig aus in Zukunft.» Gegenüber anderen Freizeitbeschäftigungen habe das Theater den grossen Vorteil, dass man nicht das ganze Jahr absorbiert sei. «Von August bis im November ist es intensiv und wir proben zwei Mal pro Woche, über die restlichen acht Monate im Jahr kann man dann ohne Problem selber verfügen. Theaterbesuche, Ausflüge und sonstige Vereinsaktivitäten sind auf freiwilliger Basis und so kann man neben dem Theaterspielen wirklich noch gut seine Freizeit einteilen, wie ich finde.» Wie die Zukunft des Theaters im Prättigau aussieht, weiss Priska Klaas nicht, doch die Hoffnung mit Werken mit Tiefgang die Jungen und die männliche Welt für die Bühne zu begeistern, hat sie noch lange nicht verloren.

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