Mundartrock unter Starkstrom
Der Start der CD mit dem Titel «80er Jahr» ist Nostalgie pur und lädt sofort zum Mitsingen ein. Megawatt erschaffen hier einen Pop-Rock-Soundtrack für ein Lebensgefühl voller lauter Musik, langer Haare und unvergesslichen Anekdoten. Das klingt ziemlich cool, wenn man seine Ideale als Erwachsener nie verliert und weiterhin gerne gute Musik hört. Am Schluss sind die meisten Rockstars nämlich vor allem Rockfans, die ihren Traum verwirklicht haben.
«Loiehärz» ist der erste Song, den mir Thomas Graf damals am FL1-Life von seiner neuen Band gezeigt hat. In der damaligen Demoversion war es schon ein ziemlicher Kracher, aber das Endresultat ist nochmals kräftiger und zu einer regelrechten Hymne mutiert, die zum Weitermachen animiert. Die Band schafft es auch mit dieser Nummer sofort dem Publikum aus der Seele zu sprechen. Die Backings mit den fauchenden Löwen finde ich irgendwie noch ziemlich witzig und der Refrain dreht wahrscheinlich für eine längere Zeit noch ein paar Runden in meinem Kopf. Grandios!
Die erste Ballade «Wahri Liabi» geht sofort unter die Haut ohne dabei zu kitschig zu werden. Abwechslungsreich wird eine Beziehung aufgezeichnet, bei der die Protagonisten am richtigen Ort angekommen sind. Dabei fühle ich mich stark an May Day erinnert, da dieses Lied sicher auch sehr gut in ihr Repertoire gepasst hätte und Thomas dort die Balladen ebenfalls mit seinem kraftvollen Organ bereichert. Schön!
So richtig auf die Tube gedrückt wird beim nächsten Song «Irgendwia». Zum Glück, denn bei Megawatt sind mit Dario Michielini und Marco Gassner an den Gitarren zwei Hochkaräter vertreten, die sich endlich richtig ausleben dürfen. Allgemein wird auf dem Album den Gitarren-Solis viel Platz eingeräumt, was die Herzen der Rockfans höherschlagen lässt und Spektakel garantiert. Die Situation nach einer Trennung zufällig auf die Ex zu treffen, ist ziemlich direkt aus dem Leben gegriffen und wurde packend in den Song «Irgendwia» verpackt, welcher für mich, ohne zu übertreiben, zu den besten Mundartsongs der letzten zehn Jahre gehört.
«Härti Schala, weiche Kern» findet die Balance zwischen Pop und Rock federleicht und porträtiert das schwierige Unterfangen über Gefühle zu reden. Bei diesem Lied hört man es ziemlich deutlich, wie Megawatt ihren eigenen Sound gefunden haben. Sie servieren eine Mixtur aus kerniger, handgemachter Musik mit einem Hang zur härteren Gangart und kommerziellen verträumten Melodien, die unglaublich gut auch in den Radios gespielt werden können. Diese musikalische Kombination aus «Härti Schala, weiche Kern» ist faszinierend und wird sie hoffentlich weit hinauf in die Hitparade bringen.
«Liechterloh» brennt das Feuer, wenn man es mal in sich hat. Die Faszination des Rock’n’Roll-Lifestyles, welcher als Anhänger und Fan startet und irgendwann selber auf den Bühnen stattfindet. Oh my God, hier gibt es obendrauf noch ein Gitarrensolo à la Eddie Van Halen, welches den Staub direkt vom Plattenspieler bläst. Hell yeah!
Zuerst dachte ich Megawatt haut mit dem Lied «Heimatgfühl» in die gleiche Kerbe wie Trauffer und Konsorten, was ich dann nicht wirklich abgefeiert hätte. Zum Glück ist es ein bodenständiges und dankbares Liebeslied geworden, das erneut beweist, welch gutes Händchen das Quintett für grosse Hymnen hat.
Das Lied «Hinter diar» klingt fast ein wenig wie ein Lied der Foo Fighters. Zum Glück drücken Megawatt dem Song aber noch ihren eigenen Stempel auf und schaffen ein weiteres Werk, welches motiviert, aufbaut und verzaubert. Hier gefällt mir der etwas komplexere Beat vom Drummer Marius Matt. Er und Damian Caluzi spielen trotz Virtuosität stets dem Song dienlich und sorgen so für ein solides Fundament.
Der Kracher «Was i will» gibt nochmals Gas und animiert dazu seine Träume zu leben, anstatt nur darüber zu sprechen. Man merkt, dass sich hier fünf Freunde gefunden haben, die mit dieser Veröffentlichung und der Band an und für sich ihren Traum ausleben und längerfristig gemeinsam nach vorne kommen wollen. Dieses Gemeinsame haben sie in eine enorme Spielfreude verwandelt, welche ansteckend wirkt, wenn sie mit viel Druck nach vorne aus den Boxen geschossen kommt. Ich weiss auch was ich will: Definitiv mehr davon!
In «Jede Abschied cha en Afang si» thematisiert Thomas Graf das Auseinanderleben, welches er mit seiner Exfrau erlebt hat. Eindrücklich, wie ehrlich er Einblick in sein Innenleben gewährt, ohne dabei ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Das macht die Magie von Megawatt aus, denn jedes gesungene Wort ist authentisch und wurde auch so erlebt. Gänsehaut!
Schlussfazit:
In der Ostschweiz gibt es eine neue Supergroup, die auf ihrem Debütalbum keine Wünsche offenlassen. Das selbstbetitelte Debüt von Megawatt überzeugt durch frische Rockriffs, mitsingbare Refrains und eine frische, fast schon jugendliche Spielfreude. Hitmill hatte hier wieder mal den richtigen Riecher und bringt die Träume von Thomas Graf und seiner Gang so richtig zum Fliegen. Modern, virtuos und mit viel Zug nach vorne klingt der Megawatt-Sound, der die Lust auf die ersten Liveshows der Jungs ins Unermessliche steigen lässt. Das Quintett schafft es den Wurzeln treu zu bleiben und trotzdem einen weltoffenen Sound zu kreieren, der bei einem breiten Publikum auf offene Ohren stossen könnte.