«Let life flow» im Soundcheck
Bild/Illu/Video: Cover

«Let life flow» im Soundcheck

Der Opener «Let life flow» kommt mit Bläsern angetanzt. Er hat einem unglaublich positivem Vibe, der das Herz erwärmt und momentan kalte Zeit locker zur Seite schiebt. Fankhauser propagiert, dass man das Leben fliessen lassen soll, was mal ein ziemlich praktischer Tipp ist, denn vieles auf diesem blauen Planeten kann man nur bedingt beeinflussen.


Etwas langsamer, aber nicht weniger druckvoll kommt «Born all over» daher. Philipp plaudert dabei ein wenig aus dem Nähkästchen. Ein wundervoller, ehrlicher Lovesong ist es geworden, der ohne Kitsch auskommt und trotzdem von den ganz grossen Gefühlen handelt. Wundervoll!


«Cold Cold Winter» ist ein ziemlich schmissiger Track, der einem sofort dazu animiert wieder mal die Tanzschuhe aus dem Schrank zu nehmen und eine heisse Sohle auf’s Parkett zu legen. Das swingt, hat ein wundervolles Gitarren- und Pianosolo und ist live sicher ein ziemlicher Knaller.


«You’ve got to hurt, before you heal» ist ein ruhiger Blues, bei dem die Stimme von Philipp ihren verdienten Platz erhält und nur minimalistisch begleitet wird. Sein einzigartiges Organ schafft es federleicht bei der Zuhörerschaft unter die Haut zu fahren und lässt einem ein wenig mit ihm in der Melancholie schwelgen.


«Members only Malaco 2017» ist ein Livetrack mitten im Album, was überraschend ist und gleichzeitig sehr viel Freude spendet. Als ich mit ihm ein Interview geführt habe in Schaan, sagte er dieser Klassiker sei seine liebste Bluesnummer. Ich finde, dies hört man sofort, denn die Freude am Stück, die er und seine Jungs hier zelebrieren, ist einfach ansteckend.


Die Ballade «The Rock of your Love» ist von Countryklängen beeinflusst und geht mitten ins Herz. Ich höre viel amerikanischen Spirit zwischen den Noten und einen poetischen Philipp, der es schafft mit seinen Worten zu verzaubern. Ein spezielles Kränzlein darf ich hier noch den Backroundsängerinnen binden, die es schaffen der Nummer mit ihren Chören zusätzliche Wärme und auch etwas Magie einzuhauchen.


Als nächstes kommt eine Midtemponummer namens «The Dark comes down», welche zeigt, dass eine Blues-CD nicht immer nur tieftraurig und grau klingen muss. Hier gibt’s eine Aufbruchsnummer, voller Hoffnung auf die Löffel. Die Orgelklänge im Hintergrund sind hier die heimlichen Stars des Liedes, da sie einem ein wohliges Gefühl in der Magengegend verschaffen.


Etwas schnulzig wird es bei «Here in my arms» bei dem Fankhauser sich im Trennungsschmerz wälzt und mächtig den Blues hat. Irgendwie süss, wie er nicht böse wird und dem Ex-Partner trotzdem alles Gute wünscht. Das kann auch nicht jeder Mensch…


Dass es noch einen Moment braucht bis die Party zu Ende ist, zeigt der beschwingte Track «Stone Cold and Blue», der trotz der etwas traurigen Message vor allem für Musikerinnen und Musiker ein echter Ohrenschmaus ist. Obendrauf gibt’s ein Gitarrensolo und einen Gast am Gesang, den ich so spontan nicht identifizieren konnte.


Auf «Milano» singt Fankhauser prompt und irgendwie auch ziemlich überraschend Italienisch. Dies hat mich ein wenig irritiert, da ich dies von ihm so nicht erwartet hätte. Doch warum eigentlich nicht? Die unzähligen Fans im Tessin und in Italien wird es sicher ziemlich freuen, ihren Philipp mal Wort für Wort zu verstehen. Spannend!

Auf «Chasch mrs gloube» habe ich mich als Mundartfan ziemlich fest gefreut. Zu Recht. Fankhauser ist ein unglaublich feinfühliger Mensch, dessen Texte in Mundart eine wundervolle Tiefe und Wichtigkeit erhalten. Schön, hat er sich auf dieses Experiment eingelassen. Das würde mir auch auf Albumlänge sehr gut gefallen.


«Wheels on the road again» behandelt wie es der Titel schon vermuten lässt das Touren. Endlich nimmt wieder mal jemand die «Schnorragiiga» nach vorne und gibt damit ein kurzes Ständchen. Habe ich schon erwähnt, dass man Fankhauser im Idealfall live konsumiert? Noch nicht? Okey, ein Konzert des bekanntesten Schweizer Bluesmusikers sollten sie sich auf keinen Fall entgehen lassen, wenn er in ihrer Gegend auftritt! Sein Mix aus grandioser Bluesmusik, Anekdoten aus seinem bewegten Leben und etwas Humor ist absolut legendär!


«Tell me again» ist ein Lied zum Runterkommen, welches behutsam und sanft aus den Boxen tröpfelt. Wundervoll, wie seine eingespielte Band, diese Ruhe auf leisen Sohlen begleitet und der Geschichte von Fankhauser zusätzliche Wichtigkeit verleiht. Herrlich!


Etwas verrucht und dreckig klingt «Wave you Goodbye». Hier gibt’s nochmals eine Lehrstunde in Bluesmusik, denn der Maestro zeigt, wie blaue Musik klingen kann, die Musikanten, aber auch Fans von anderen Genres zu begeistern vermag.


Wie es sich heute fast ein wenig gehört auf einem Album, welches kurz vor Weihnachten rauskommt, hat auch Fankhauser mit «Please come Home for Christmas» ein Weihnachtslied auf seiner Kassette (Ja, das Werk ist auch als Kassette erschienen) platziert. Auch wenn ich nicht so Fan von solchen Songs bin, schafft es Fankhauser der Weihnachtsmusik seinen eigenen Stempel aufzudrücken, was irgendwie cool klingt.

Schlussfazit:
Philipp Fankhauser’s neues Album «Let life flow» ist nicht nur das erfolgreichste Werk seiner Karriere, es ist auch ein ziemlich abwechslungsreiches. Auf 15 Liedern zeigt er mit einer Begleitband von Weltklasse einen spannenden Querschnitt seines Schaffens. Der alte Showhase weiss genau, wo seine Stärken sind, verschliesst sich aber nicht vor neuen Einflüssen und hat beispielsweise mit dem Mundartsong «Chasch mrs gloube» einen regelrechten Hit geschrieben. Der neue Longplayer klingt beschwingt lebensbejahend, phasenweise aber auch ziemlich nachdenklich, stets überraschend, international und vor allem verdammt gut gemacht.

Themenverwandte Artikel

«Rio Amden Amsterdam» im Soundcheck
Bild/Illu/Video: zVg.

«Rio Amden Amsterdam» im Soundcheck

«Homeless Songs» im Soundcheck
Bild/Illu/Video: Cover

«Homeless Songs» im Soundcheck

 «Nothing to Hide» im Soundcheck
Bild/Illu/Video: Cover

«Nothing to Hide» im Soundcheck

«Emma» im Soundcheck
Bild/Illu/Video: zVg.

«Emma» im Soundcheck

«Win what yesterday lost» im Soundcheck
Bild/Illu/Video: Cover

«Win what yesterday lost» im Soundcheck

Empfohlene Artikel