«Nothing to Hide» im Soundcheck
Bild/Illu/Video: Cover

«Nothing to Hide» im Soundcheck

Als Albumeröffnungstrack dient gleich die erste Single «Done with Fake». Mit diesem Lied und vor allem dem dazugehörigen Video hat Jaël schon vorab für viel Furore gesorgt. Es ist eine balladeske Akustiknummer, getragen von der verträumten Stimme der Bernerin. Das Stück beinhaltet ausserdem eine schöne Message und animiert vor allem ihre weiblichen Zuhörer mehr auf ihr Herz und weniger auf das Gerede der Gesellschaft mit ihren veralteten Schönheitsidealen zu hören. Was Sie haben das ausdrucksstarke Video dazu noch nicht gesehen? Sofort nachholen.

Das zweite Stück «Never feel alone again» schlägt klanglich in eine ähnliche Kerbe. Der toll produzierte Song gefällt mir sofort sehr gut. Dies sicher auch ein wenig wegen den vielen kleinen Spielereien. Zum Beispiel laden die Wiederholungen im Refrain sehr dazu ein, direkt mitzusingen. Der feine Einsatz von einer Slidegitarre und der treibende Rhythmus des Schlagzeugs lassen die Countryfans aufhorchen. Trotzdem gelingt es ihr federleicht nicht zu intensiv solche Stilelemente zu brauchen und der Nummer einen eigenen Stempel aufzudrücken.


Mit viel Popappeal und ziemlich catchy geht es weiter. Das Lied «Waiting for a sign» ist eine richtige Feel-good-Hymne, die begeistert und mich von den Gitarren her fast ein wenig an die Frische von einem Nickless erinnert. Schön, ist sie endlich wieder mit neuer Musik am Start.


«Falling again» ist melancholisch und voller Sehnsucht. Solche traurige Trennungsoden gab es früher in einer gewissen Regelmässigkeit auf Lunik-Alben. Irgendwie kommt da eine freudige Nostalgie auf und es ist schön anzuhören, dass Jaël ihre Wurzeln nicht verleugnet und nochmals zeigt, wie eine grosse dunkelblaue Hymne funktioniert, die sich in dieser Form auch nicht schlecht auf einem James Bond-Soundtrack gemacht hätte.


«Free as a Bird» ist der Klangbeweis, dass ihre Mutterschaft sie schon ein wenig «verweichlicht» hat, wie sie im Interview mit Qultur vor kurzem erklärte. Schön, wenn eine Mutter ihrem Kleinen akustisch ein solches «herziges» Denkmal setzt. Rührend und doch auch ziemlich lebendig.

Das Stück «Greatest Win» ist eines, das nicht nur jede und jeden Lunikfan abholen, sondern auch sonst jeden Menschen mit Herz und Gehör begeistern wird. Eine beschwingte Abschiedshymne, die auch neuer Hoffnung Platz gewährt und zum Weitermachen animiert. Grosses Kino, Madame!


«No matter what» beginnt mit einfachen Pianoanschlägen und dem unverkennbaren Gesang der Frau mit der Träne in der Stimme. Recht überraschend gesellt sich nach einem Durchlauf ein französisch sprechender Herr ans Mikrophon. Der Sänger, der irgendwie zumindest bei der digitalen Version, anonym bleiben will, bereichert das Stück enorm und lässt Jaël nach dem kurzen Gastspiel beim Lied «Schötem» von Züri West im Jahre 2004 erneut französisch singen, was ihr auch noch verdammt gut steht…


Bei «Elephants» geht’s ab in den Zirkusmanege, was zumindest musikalisch recht lustig klingt. Das durchaus auch als Kinderlied taugliche Chanson hält einiges an Weltschmerz und Sozialkritik bereit, was hoffentlich ein paar junge Seelen positiv beeinflussen könnte, der Welt und den Tieren in Zukunft ein wenig mehr Sorge zu geben.


«Lie awake» ist ein verträumtes Stück, welches aber ziemlich genau vom Gegenteil berichtet. Die Schlaflosigkeit und die ganzen Gedanken, die sich dann stetig im Kreis drehen, wer kennt diese Situationen nicht? Gelungene Nummer, die eine entspannende Wirkung mit sich bringt und einfach gefällt.


Im Meisterwerk «Hero of Neverland» beschreibt die Bernerin erneut die Bindung zu ihrem Sohn. Das ist emotional geladen und fährt dem Zuhörer direkt unter die Haut, vor allem in Momenten wie dem Refrain, bei dem Jaël ungeahnte Höhen anstimmt und es schafft in Sekundenschnelle zu berühren.

Das Abschlusslied des Albums heisst «Wear me down» und die Musikerin beweist dabei, welch eine grandiose Erzählerin sie ist. Das ist eine Nummer, die sicher auch am Bettchen von ihrem Knopf nicht fehl am Platz wäre. Es ist ein Stück bis zum Rand gefüllt mit mütterlicher Liebe. Sie verspricht ihrem Sprössling dann auch gleich mehrfach, dass sie nie aufhören wird für ihn da zu sein, was doch eine ziemlich schöne Schlussnote darstellt.

Schlussfazit:

Das lange Warten auf neue Musik von der Berner Sängerin Jaël hat sich gelohnt. Auf ihrem Album «Nothing to hide» zeigt sie wie ganz grosse Balladen, Radiohits und auch sanfte Kinderlieder pur und akustisch entstehen können. Mit dieser Stimme und dem Gespür für grosse Melodien hat sie den perfekten Soundtrack für die kalten Tage geschrieben, der dank Handwerk und Emotion und nicht durch Autotune und Produktion direkt ins Herz geschlossen wird.  In einer Zeit, in der fast jede Chartplatte ähnlich klingt, ist dies eine überraschende, gemütliche Alternative, die wie eine Wellnessoase für die Ohren durch die Boxen dringt. Sehr gelungen!

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