Bild/Illu/Video: Max Weiss

Kulturfest Flawil: Ein Festival der Sinne

Es ist drückend heiss, als ich am Samstagnachmittag meine Kameraausrüstung parat mache, um nach Flawil zu fahren. Ich hatte extra meinen Gimbal vorher noch aufgeladen, kalibriert und ausprobiert, mit welchem ich per Smartphone einige Live-Videos drehen und vielleicht sogar das eine oder andere Live-Interview führen wollte. Ein Gimbal ist eine motorisierte kardanische Aufhängung, welche die Bewegungen eines optischen Gerätes, meist einer Kamera, in meinem Falle mein Smartphone, ruckelärmer und flüssiger machen soll. Damit kann es zum Beispiel Bewegungen selbstständig verfolgen und vieles mehr. Gebraucht hatte ich es noch nie, muss ich zugestehen, darum hatte ich mir auch extra Zeit genommen, das Ganze zu Hause vorher ausgiebig zu testen.


Ich hatte allerdings vorher nicht so genau nachgeschaut, wo der Event genau stattfinden würde. Es schien Urzeiten her, als ich zum letzten Mal in Flawil war. In der Ortschaft angekommen, wollte ich kurz googeln, doch natürlich finde ich mein Smartphone nicht.  Hatte ich es am Ende zu Hause liegengelassen? Egal, denke ich, ich habe ja noch wenigstens eine ältere Kamera im Auto. Allerdings hatte ich deren Akkus sicher zwei Wochen lang nicht mehr aufgeladen. Andere haben ein Gehirn wie ein Sieb, - bei mir scheint an dieser Stelle manchmal ein schwarzes Loch zu sein. Ich lache in mich hinein.


Also frage ich verschiedene Leute am Strassenrand, was an sich schon eine lustige Geschichte ist. Als ich eine schwarze Familie entdecke, halte ich ein paar Meter vor ihnen an und frage sie, ob sie das Afrika-Fest kennen. Sie verstehen mich nicht auf Anhieb, die Kinder halten sich ängstlich an Mama fest. Zuerst schütteln sie alle den Kopf. Der Vater der Familie, der mich dann - ich hatte alle verschiedene Sprachen, die mir in den Sinn kamen, versucht, - versteht schliesslich dann doch, was ich will, und sagt dann in gebrochenen Deutsch, er wisse nichts davon. Und dann der Satz, der mich zu einem schallenden Lachen nötigte: «Warum du mich frag'? Nur weil ich schwarz bin?» Wir lachen alle und ich versuche mein Glück weiter.


Die nächsten, zwei Jungs im Alter von etwa 17 Jahren, sagten mir, mich sehr höflich siezend und in bestem balkanischem Slang, sie seien nicht ganz sicher, aber der Kulturpunkt könnte irgendwo in der Nähe des Bahnhofes sein. Aha, ich war also schon vorbeigefahren, zerstreut, wie ich gerade bin, aber ich muss zu meiner Entlastung sagen, dass es auch sehr viel Verkehr hatte und alle «wia a pikti Sau» fuhren, wie man in der Ostschweiz sagen würde. In Deutschland nennt man das wohl, heutzutage auch sehr zutreffend «wie gepi/e)kst»...


Gefunden!


Beim Rückweg achte ich genauer auf irgendwelche Anzeichen, und tatsächlich entdeckte ich gleich nach der Strasse, die zum Bahnhof führt, eine Veranstaltung.


Es ist etwa halb vier, als ich ankomme. Zur Linken steht ein Zelt, wo sich eine Bar befindet. Gleich gegenüber steht sich eine kleine Bühne, auf welcher ein Koraspieler wunderschöne, manchmal europäisch, manchmal typisch senegalesisch klingende Melodien zupft.


Eine Kora ist sozusagen ein ausgehöhlter, zumeist mit Kuhfell bespannter Kürbis, genauer gesagt eine Kalebasse, an welchem an einer Stange, dem Hals, 21 Seiten befestigt sind. Sie ähnelt einer altägyptischen Bogenharfe und klingt, wenn sie denn gut abgenommen ist, wie eine «normale» Harfe. Sie ist fantastisch abgemischt, man hört sowohl die weichen Bässe und die Höhen sind nicht zu schrill. Es passt wunderbar zur ruhigen Stimmung unter den Anwesenden.


Als ich einmal mit einem Koraspieler ein Konzert hatte, wies mich ein weiblicher Fan darauf hin, dass die Kora, wenn der Spieler stehe, aussähe, wie ein riesiger Phallus, doch das nur so nebenbei.


Ich beobachtet Sadio Cissokho aus Senegal auf der Bühne genau, wusste ich doch, dass dieses Instrument schwer zu stimmen ist.


Manche Gitarristen haben sogar Mühe, ihre 6 Saiten zu stimmen, aber hier sind es ja 21! Direkt in der Sonne und bei dieser Hitze würden sich die Saiten mit grosser Sicherheit verziehen. Und tatsächlich: Der Virtuose stimmte praktisch während des Spielens, ausschliesslich mit Gehör. Dazu zupfte er immer etwa fünf, sechs Saiten nacheinander, was für gewöhnliche Ohren wie ein Lied klingt.  


Vor der Bühne sitzt eine Horde kleine Kinder, die gespannt und ruhig zuschauten. Sadio erklärt, dass es aus einer Familie mit über 20 Kindern komme, und alle seine Geschwister würden Kora spielen. Das Instrument habe er selbst gebaut.


Zuerst wollte ich mir ein kaltes Bierchen genehmigen, doch ein Hinweis auf diese Plastikbecher mit Pfand des freiwilligen, freundlichen Pärchens hinter der Bar klang für mich nicht sehr attraktiv. Doch man sagte mir, innen im Haus neben der Bühne, dort, wo der eigentliche Kulturpunkt ist, gäbe es auch eine Bar und dort gebe es Flaschen.


Ich finde das Konzept mit den wiederverwertbaren Plastikbechern mit Depot an sich überhaupt nicht schlecht, ganz im Gegenteil, jedoch vergass ich schon an Open Airs nach einiger Zeit, einigen Bechern, allzu häufig, das Depot zurückzufordern. Auch die Haptik dieser dicken Becher mag ich nicht so an meinem Mund, aber das ist halt Geschmackssache. Obwohl die Getränke darin meistens eiskalt sind, fühlen sie sich irgendwie warm an. Zudem gibt es am St. Gallerfest jedes Jahr ein grosses Theater, denn viele wollen fremde Becher nicht zurücknehmen, weil sie teilweise recht lange auf das Geld des Bechervertreibers warten müssen, hat mir einmal ein Wirt erklärt. Und bei vielen ausgezahlten Depots kann sich das nicht jeder leisten.


Im Haus besuche ich auch gleich die anderen Stockwerke. In einem gibt es Märchen für Kinder, in einem anderen wird gemalt und gebastelt, und im Dachgeschoss unter dem Giebel befindet sich der gemütliche Sall, wo normalerweise Konzerte stattfinden. Man sieht wirklich, dass viel Freiwilligenarbeit und Liebe vom Verein Kulturpunkt darin steckt.


Wie schon im letzten Artikel erwähnt, kenne ich Ananda, den Chef auf dem Platz, schon von früher. Gleich nach meiner Ankunft entdeckt er mich und sagt, er komme gleich zu mir. Er scheint schwer beschäftigt, spricht mit den vielen Freiwilligen, mit dem Mischer, umarmt hie und da freundschaftlich einen Musiker, verschwindet dann wieder im Haus. Irgendwann sehe ich ihn wieder, er ist gut einen Kopf grösser als alle anderen, und ich geselle mich zu ihm, um ein paar Worte mit ihm zu wechseln. Es klappe alles gut, meint er, und wahrscheinlich werden noch mehr Leute kommen, womit er recht haben wird. Plötzlich klingelt wieder sein Handy und er entwischt mir wieder. Obwohl es schon fast von Anfang an sicher halbvoll ist, finde ich nach zwei Stunden keinen Sitzplatz mehr unter dem Zeltdach, das mit etwa 20 Tischen und Festbänken bestückt ist, ohne jemandem fast auf die Knie zu sitzen. Das Publikum ist gut durchmischt, im Schatten sitzen viele ältere Leute, vor der Bühne gibt es viele Familien mit Kindern. Man kennt sich aus dem Verein, auch die Musiker sind den meistens längst bekannt.


Ein Musiker mit schwarzen Rastas, die fast bis zum Boden reichen, sitzt an einem Verkaufsstand, wo Holzfiguren und Kleider aus seiner Heimat verkauft werden. Später wird er noch spielen, wie mir ein Vereinsmitglied mitteilt. Währenddessen schiesse ich mit der alten Panasonic überall wichtigtuerisch Fotos. Ich treffe auch Werner, einen Veranstalter, den ich auch von früher kenne, der auch Fotos schiesst. Sein Rohr ist definitiv länger als meines, womit ich das Objektiv meine. Meine ältere Filmkamera hat natürlich gar keines, obwohl die Fotos trotzdem nicht einmal so schlecht wurden. Ich unterhalte mich eine Weile mit ihm. Er wohnt selbst in Flawil, kennt den Verein seit langem und schiesst immer wieder wunderbare Bilder. Ich erzähle ihm, dass ich da sei, um einen Bericht für Qultur zu schreiben und natürlich auch über seine Anlässe im Boogenkeller berichten könne, unter der Voraussetzung, dass mir ein paar Getränke und der Eintritt spendiert würde.  Er verspricht mir, mich beim Blues- und Rock Open-Air Bühler zu akkreditieren, worauf ich natürlich zurückkommen werde.


Draussen vor der Bühne tritt mittlerweile ein Akrobat auf, der von Kindern umringt seine Kunststücke mit Schüsseln, Hüten und Jonglierstäben vorführt. Zwischendurch zieht er Kinder spielerisch in die Mitte und macht Spässe mit ihnen. Seine Show wirkt professionell und die Leute klatschen von Anfang an im Takt der afrikanischen Discomusik mit.


Ananda kündigt etwa um sechs das afrikanische Buffet an, das Frauen aus der Region zusammengestellt und vorbereitet haben. Als ich es besuchen will, steht eine lange Schlange davor, also lasse ich es.


Um halb acht ist die nächste Show angesagt. Eineinhalb Stunden alleine warten in der brütenden Sonne, ob das mein Kreislauf lange mitmacht? Da mein Budget derzeit äusserst beschränkt ist und für diesen Artikel lediglich ein bisschen mehr als die Fahrtspesen vergütet werden, bin ich im Zwiespalt.


Natürlich könnte ich jetzt Ananda oder an der Bar fragen, ob sie mir ein paar Getränke offerieren, dafür, dass ich ja einen Artikel über sie schreibe und dass ich ja auch ein Vorabinterview geführt habe.


Natürlich hätte ich auch selber einen Rucksack voller Flüssigkeiten mitnehmen können, was ich nächstes Mal sicherheitshalber auch tue.


Aber mein Akku der Kamera ist leer, der Ersatzakku auch, ich selbst stehe wahrscheinlich kurz vor einem Hitzschlag und im Haus Kindermärchen anhören will ich gerade auch nicht.


Wieder steht Ananda als Moderator auf der Bühne und weist das Publikum darauf hin, dass der Eintritt ans kleine Open-Air zwar gratis sei, sie jedoch natürlich auf Spenden angewiesen seien. Der genaue Betrag der Kosten sei auf der Homepage aufgeführt.  Er habe ausgerechnet, dass es von allen Anwesenden etwa ein bis zwei Prozent des Monatslohnes brauche, um alles zu bezahlen, um Gewinn zu machen. Man müsse natürlich nicht, aber es wäre sehr nett.


Für diesen Zweck seien überall Kollektenkassen aufgestellt. Gerade vor der Bühne steht ein Djembe mit einem Schlitz.


Wie viele Vereine und Veranstalter haben die Coronamassnahmen natürlich auch diesem völkerverbindenen Zusammenschluss von Freiwilligen ein riesiges Loch in die Kasse gerissen und viele solcher Organisationen kämpfen ums nackte Überleben, wozu auch Tontechnik, die Gastrobranche, Bühnenbau, Licht und vieles mehr gehört. Auf der Homepage kulturpunkt.ch haben sie während der Massnahmen Live-Übertragungen von Konzerten unter dem Titel «No life, but live» aufgenommen und gestreamt, jedoch die üblichen Einnahmen der Wirtschaft und die Kollekten blieben so natürlich weg.


In eigener Sache

Ich erlaube mir jetzt einfach einmal an dieser Stelle, auch meine persönliche Meinung und Situation einmal dazu zu erwähnen, auch wenn ich mich bei der Hälfte damit vielleicht unbeliebt mache, jedoch halte ich es für meine Pflicht, den Mund aufzumachen und nicht einfach wegzusehen:


Ich selbst, der die letzten zwei Jahre zum ersten Mal in meinem Leben fix auf Profimusik gesetzt und bereits drei Europatourneen mit verschiedenen Formationen gebucht hatte, war übrigens auch vom ganzen, meiner Meinung nach völlig unsinnigen und hysterischen Theater schwer betroffen und bin momentan auf Arbeitssuche.


Kleine Soloauftritte tröpfeln langsam wieder herein, manchmal kann ich auch eine Karikatur verkaufen, einem Solokünstler ein Demo produzieren und so weiter, jedoch ist es längst nicht mehr wie vor 2020, als ich jede Woche vor lauter Arbeit zum Teil Aufträge absagen musste.


Meine Bitte, liebe Schweizer:innen: Wenn sie jetzt wieder ohne jegliche Not Panik verbreiten und ihr abgekartetes Spiel zulasten der Bevölkerung weiter treiben wollen, steht endlich auf und wehrt euch dagegen! Es geht und ging nie um eure Gesundheit oder irgendeinen Schutz! Ich behaupte das natürlich nicht einfach so, sondern habe in einer Facebookgruppe «2 Die Suche nach der Wahrheit» von Anfang an knallharte Beweise gesammelt, auch medizinischer Art.


Unzählige Studien und quellenbasierte Fakten sprechen eine gegenteilige Sprache, als die Massenmedien und unfähige Politmarionetten.  Genre könnt ihr hier mit mir diskutieren, wenn ein Artikel nicht stimmt. Jeden einzelnen habe ich nach bestem Wissen und Gewissen überprüft.


Gerade heute las ich zum Beispiel eine Studie mit über 48'ooo Probanden über 15 Jahre von der Uni Karlsruhe, in welcher es hiess, dass zwei Männer von 1000 beim Sex sterben. Das ist über 10 Mal mehr als... ihr wisst schon. Wer's nicht glaubt, soll beim BAG oder in meiner Gruppe nachlesen, aber eben: Fakten haben bei der ganzen Diskussion von Anfang an keine Rolle gespielt, es wurde auf plump Manipulation durch Panikmache und Bilder gesetzt, und es hat augenscheinlich sehr gut gewirkt. Genau dadurch starben viel mehr als am Virus selbst, auch weil sie in Afrika deswegen verhungert sind, aber genau nachprüfen will das ja niemand öffentlich, obwohl es sonnenklar ist.


Ich musste das einfach einmal loswerden, sorry, aber weiter im Text.

Da ich momentan also nur aufgrund politischer Verirrungen, wie gesagt arbeitssuchend bin und meine Kasse durch sehr unglückliche Umstände gegen null strebt, kann ich mir also schlicht kein weiteres Getränk mehr leisten, obwohl die Preise ganz normal sind. Einen Verein zu bitten, der selbst auf Spenden angewiesen ist, und wahrscheinlich auch kurz vor dem Zusammenbruch steht, wie wohl die gesamte Weltwirtschaft, kommt für mich auch nicht infrage.


Also entscheide ich mich wohl oder übel, den Heimweg anzutreten. Ich bin aber trotzdem natürlich sehr angenehm erfüllt mit Eindrücken aus diesem interqulturellen, kleinen Kosmos und fahre mit einem sehr positiven Gefühl nach Hause. Sobald ich geparkt habe und den Zündschlüssel drehe, um den Motor abzustellen, sagt mir mein Auto: Bluetooth Huawei wurde entkoppelt. Vermaledeit, dann war mein Handy also trotzdem im Auto! Uff...


Wie ich Werners Posts und sensationellen Bildern auf FB entnehme, waren auch die restlichen Konzerte und Attraktionen ein voller Erfolg.

 

Die meiste Arbeit in der Schweiz, zum Beispiel in solch tollen und fleissigen Qultur-Vereinen, wird nachweislich von Freiwilligen geleistet. Wenn ihr in der glücklichen Lage seid, ein paar Franken übrig zu haben, denkt doch bitte daran, auch einmal dafür zu spenden, denn ohne eure Hilfe und euer Engagement wird es still.

Herzlichen Dank!

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