«#FlimsLaaxStaderas» im Soundcheck
«Intro Imperial» ist ein klassisches Intro, welches mit ziemlich viel Aggression aus den Boxen dringt. Interessant finde ich den Dialog, den die beiden gegen Ende des Tracks führen. Dies bringt noch ein wenig Unterhaltung in das sonst ziemlich ernste Werk.
«Wer Was Wo» ist ein Battlerapbanger, indem sich Sirius und Aurelius genauer vorstellen. Dies macht für die Restschweiz sicher Sinn, in Graubünden kennt man die beiden Herren ja schon bestens. Für Leute wie mich, die nicht nur Rap hören, ist es fast ein wenig zu viel Gebattle zum Start der CD. Aber hören wir mal weiter.
«Egoist» erinnert mich von der Melodie her an «Total Eclipse of the Heart». Der Song gefällt mir sehr mit seinem melancholischen Unterton. Interessant, wie sie hier das Thema Egoismus angehen und dabei ganz nebenbei erzählen, wie sie selbst so geworden sind, wie sie heute sind. Es ist leider in der heutigen Gesellschaft tatsächlich so, dass man entweder die Anderen frisst oder selbst gefressen wird.
«Offline» feat. Mattiu Defuns ist eine zeitkritische Nummer, die dank der tollen Hook des Gastes und der brandaktuellen Thematik total einfährt. Es ist ein Werk, welches der Gesellschaft den Spiegel vorhält und sie dran erinnert, die blöden viereckigen Kästen für einen Moment auf die Seite zu legen und das Leben wieder mehr zu geniessen. Einer der stärksten Nummer des Duos!
«Dorfdiscogangbanger» ist ein Partytrack, der humoristisch angelegt ist. Er ist eine angenehme leichte Zwischennote zu den bisher eher tiefgründigen Texten. Es ist eine Ode an den Ausgang, das Feiern und das richtige Durchdrehen, also alles Dinge, die momentan ein wenig zu kurz kommen.
«So ischs halt» ist wieder eine etwas nachdenklichere Nummer, die aber doch recht ziemlich gut bounct. Bei Sirius merkt man auf dieser Veröffentlichung, dass er seit seinem letzten Album einige Schritte nach vorne gemacht hat. Seine Stimme hat mehr Druck und man hört, dass ihn die Zusammenarbeit mit Aurelius zusätzlich motiviert und weiterbringt.
«I love Hip-Hop» gemeinsam mit dem Pionier Grandmaster Caz lässt jedes Rapfanherz höherschlagen. Die Liebe für die Qultur wird hier vertont und es ist schön, dass die drei Rapper hier zeigen, dass Hip Hop eben mehr als Rap ist. Hier wird ein Zusammengehörigkeitsgefühl zelebriert und viele positive Vibes strömen in meine Ohrmuscheln. Diese Art von Tribut an die Musik, die einem die Welt bedeutet, mag ich sehr.
«Bia dapli» ist ein Festival für sprachbegeisterte Hörer, die gerne technischem Rap mit Tiefe zuhören. Dieser Track wird definitiv live für Abrissmomente sorgen, wenn dann die Lokale wieder öffnen dürfen.
Ziemlich rasant geht es weiter mit dem Song «Spast». Dass Rap eben trotzdem nicht ein Hobby für alle ist, erklären sie in diesem Track und es stimmt: Auch ich feiere nur Musik, die mit der nötigen Leidenschaft und viel Herzblut produziert wurde.
«Toleranza» war das erste Lebenszeichen des Duos überhaupt. Dass sie dafür noch den romanischen Star Mattiu Defuns als Gast verpflichten konnten, setzt dem Ganzen zusätzlich noch die Krone auf. In einer Zeit von «MeToo», alltäglichem Rassismus und vielen hitzigen Debatten ist es wichtig für mehr Toleranz zu werben und damit eventuell sogar den Anstoss zu einem friedlicheren Miteinander zu geben.
«Soldat» wird getragen von einem Gitarrensample, welches mich sofort begeistert. Ich mag es sehr, wenn Rap so musikalisch klingt. Die beiden Sprachkünstler liefern eine Mutmacherballade mit viel Popappeal, die ich hier in diesem Stil nicht wirklich erwartet hätte. Gelungen!
Das Aurelius und LIV sehr gut gemeinsam harmonieren, haben sie schon bei zahlreichen Zusammenarbeiten unter Beweis gestellt. «Real Talk 4.0» reiht sich nahtlos ein und ist einfach ganz grosses Kino. Imposant, wie die beiden Ü-30er (oder eher N-40er) hier nochmals kein Blatt vor den Mund nehmen und zeigen, weshalb sie in der Rapszene Graubünden von so vielen respektiert werden. Der Jungspund Sirius lässt sich von den Legenden nicht einschüchtern und steuert einige seiner besten «Doubletimer» bei, was den Track so wunderbar stimmig macht. Es ist so ein Song, der sicher noch lange in meiner Playlist rotieren wird.
«Staderas» ist quasi Titeltrack des Albums, klingt aber so, als wäre er im fernen Osten entstanden. Ich mag die ländliche Verbundenheit und die Eigenheiten des Dorflebens, welche die Beiden hier aufs Korn nehmen.
Holy Moly, wie Flepp beim Song «Proelium» vorlegt. Krass! Auch seine Kollegen Orange und Juscht von den Liricas Analas lassen sich nicht lumpen und reissen gemeinsam mit Sirius und Aurelius die Hütte ab. Das Gastspiel macht sehr viel Lust auf neue Musik der romanischen Raplegenden und ich hoffe doch sehr, dass sie dadurch wieder ein wenig Blut geleckt haben. Episch!
«Darth Hater» beginnt mit einem witzigen ÖV-Skit und geht nachher in einen Beat über, der wie aus Nintendogame klingt. Aurelius ist genervt und lässt seinem Hass im Solotrack freien Lauf. Das klingt sehr unterhaltsam, aber in den Weg stehen würde ich ihm in so einem Moment wohl besser nicht.
«Schon OK» ist die Solonummer von Sirius und da ich nicht wirklich Romanisch spreche, kann ich nur ahnen, um was es sich bei dem Track dreht. Ich spüre eine gewisse Unzufriedenheit bei ihm und dass er sich missverstanden fühlt. Schon krass, wie er es schafft mit seiner Musik Atmosphäre zu erschaffen, die einem nicht kalt und in diesem Fall sogar mitleiden lässt. Genau so reisst man die Sprachgrenzen ein. Ich würde jetzt nämlich sehr gerne wissen, um was es in diesem Lied geht und hoffe, dass er irgendwann eine Übersetzung online stellt.
Der Abschlusstrack des Albums mit dem Titel «Staunchels» hätte für mich persönlich sehr viel weiter nach vorne gehört. Es ist ein Hit wie «Ein Versuach» der sofort unter die Haut geht und einem zum Um- und Nachdenken anregt. Eine sehr gelungene Schlussnote, die das Werk stimmig abrundet.
Schlussfazit:
«#FlimsLaaxStaderas» von Marcus Aurelius und Sirius ist ein packendes Rapalbum, welches Bündner Mundart und Romanisch stimmig miteinander verbindet und stets unterhält. Mit Themen direkt aus dem Leben, abwechslungsreichen Beats, imposanten Gästen und einer angenehmen Leichtigkeit schaffen es die Herren immer wieder zu begeistern. Im Fokus des Longplayers stehen stets die Lieder und nie die Egos der beiden virtuosen Protagonisten, weshalb das Werk so stimmig und nie repetitiv wirkt. Chapeau!