Der Umgang mit Liebeskummer
Bild/Illu/Video: Jenny Schwarz

Der Umgang mit Liebeskummer

Meistens hat man Liebeskummer nachdem eine langjährige Partnerschaft zu Ende gegangen ist. Auf jeden Fall hat Liebeskummer in den häufigsten Fällen mit Zurückweisung zu tun. Jemand, der einem wichtig ist, möchte nicht (mehr) mit uns zusammen sein.


Die Angst vor Zurückweisung beziehungsweise der Schmerz, wenn man tatsächlich zurück gewiesen wurde, ist etwas zu tiefst Menschliches. Wir sind Herdentiere und fühlen uns besonders in Gesellschaft wohl.


Die Zurückweisung durch einen geliebten Menschen ist dann allerdings noch etwas schlimmer. Denn in langjährigen Beziehungen etabliert sich mit der Zeit eine starke Bindung an den Lebenspartner. Und zwar so stark, wie man früher an die eigene Mutter oder den Vater gebunden war. Jeder kann sich vorstellen, welchen Schmerz ein Dreijähriger empfindet, dem die Mutter entrissen wird.


Ganz ähnlich ergeht es einem 35-Jährigem, dessen Partnerin ihn nach 15 Jahren verlässt. Eine feste, unerschütterliche Bindung, die uns Geborgenheit und Halt gibt, wird abrupt zerrissen. Und das löst Schmerzen aus. Hinzu kommen dann vielleicht noch schlechte Erfahrungen mit Verlusten und – zack: haut es uns um.


Wir Menschen haben nicht nur das Prädikat «Herdentier», sondern auch das Prädikat «Gewohnheitstier». Unser Gehirn ist auf ständige Wiederholungen geprägt, das verleiht uns ein Gefühl von Gewohnheit und das wiederum aktiviert unser Belohnungszentrum im Gehirn. Unser Gehirn führt uns automatisch zu gewohnten Dingen, Personen, Situationen, Aktivitäten, Angewohnheiten usw.


Das kennt zum Beispiel jeder, der sich vorgenommen hat, sich gesünder zu ernähren: nur, wenn man einige Zeit und regelmässig gesund gegessen hat, kann das ein «neues Normal» werden. Es braucht einfach seine Zeit und eine gewisse Regelmässigkeit.


Was sagt uns das jetzt über den 35-Jährigen mit Liebeskummer Neben all dem emotionalen Schmerz, ist es auch die Gewohnheit, die sich jetzt ändert und die uns leiden lässt. Alles in uns sträubt sich gegen die neue Wohnung, sich bei der Ex /dem Ex nicht einfach melden zu können, andere Freizeitgestaltung, anderer Freundeskreis usw. Nicht nur, weil die/der Ex so toll war, sondern auch weil wir es über Jahre so gewohnt waren. Dieser Prozess braucht einige Zeit.


Hilfreich ist es in dieser Zeit zu versuchen neue Dinge auszuprobieren und nicht an alten Gewohnheiten fest zu halten. Sicher gibt es irgendetwas auf das man in der Beziehung fast ganz verzichten musste. Denn eine Beziehung ist immer ein Kompromiss. Jetzt ist die Zeit dies alles nachzuholen. Exzessives Trinken und Rauchen ist da jetzt eher nicht gemeint, sondern Hobbies, Freunde, Reisen etc.


Eine Trennung geschieht selten ohne Grund. Und alles hat auch immer eine gute Seite, wenn man nur aufmerksam genau schaut.

Ein wichtiger Punkt ist zudem, dass wir und unser Handeln und Fühlen bestimmt ist von den Worten, die wir zu uns selbst sagen, dem sogenannten inneren Dialog. Das hat nichts mit multiplen Persönlichkeiten zu tun, sondern damit ist gemeint, was wir über uns und unsere Lebenssituation denken.


Wenn wir uns selbst ständig sagen «Wie konnte ich nur so blöd sein» «Ohne sie/ihn bin ich nichts» oder auch nur «ich bin so einsam». Beeinflusst das unsere Gefühle. Wer schlecht über sich denkt und sich Vorwürfe macht, kann sich gar nicht gut fühlen. Daher sind Gedanken wie «Ich komme darüber hinweg», «Alleine sein hat Vorteile, ich bin jetzt mein eigener Herr/in» oder «Alles ist endlich, der Schmerz geht vorbei» viel hilfreicher. Selbst wenn man es noch nicht spürt, es ist schliesslich die Wahrheit.


Neben den Worten, die wir zu uns sagen, haben Bilder eine gewaltige Bedeutung für uns. Und auch hier sind die Bilder in unserem Kopf gemeint.


Viele hatten das Bild im Kopf, wie sie mit ihrem Partner und den gemeinsamen Enkelkinder Ausflüge in den Zoo unternehmen oder wohin sie im Pensionsalter miteinander reisen werden.


Die meisten gehen eine Partnerschaft ein und glauben, dass die Beziehung hält. Das erzeugt gewisse Vorstellungen und Bilder im Kopf. Das Bild vom Unterzeichnen der Scheidungspapiere oder vom Abholen der letzten Kartons aus der ehemals gemeinsamen Wohnung haben die allerwenigsten von Anfang an im Kopf.


Die einstmals positiven Bilder von der gemeinsamen Zukunft, quälen nach einer Trennung umso mehr, da sie zu bröckeln beginnen und wir das Gefühl haben, dass unsere Realität mit ihnen bröckelt.


Dies ruft sofortige Verzweiflung hervor, aus der wir oft nur schwer herauskommen, da uns klar wird, dass unsere Realität wie sie bisher war tatsächlich ein Ende gefunden hat.


Mein Tipp für die erste Zeit nach der Trennung ist, zunächst alle Gefühle von Enttäuschung, Trauer und Wut zuzulassen. Gefühle haben nämlich die Eigenschaft mit der Zeit abzuflauen. Das heisst, wenn man sie auslebt, ebben sie von alleine ab.


Sobald man sich «ausgelebt» hat, ist es sinnvoll nach vorne zu schauen. Und dies bedeutet Verantwortung für das eigene, weitere Leben zu übernehmen. Selbstmitleid ist weder kurz nach der Trennung noch später angebracht, denn wir haben es in der Hand wie es mit uns weiter geht.  Wir können und müssen Entscheidungen treffen wie, mit wem und wo wir weiterleben möchten, was wir ändern möchten, was so bleiben darf.


Selbstgetroffene Entscheidungen bedeuten Freiheit. Und beides ist in einer Beziehung nicht uneingeschränkt möglich. Daher seht das tiefe Tal als eine Chance an, die es euch ermöglicht einen noch höheren Berg erklimmen zu können.

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