«Der Indien-Express»
Bild/Illu/Video: unplash

«Der Indien-Express»

Annemarie:

Ich fliege nach Indien!

Alles kam ganz plötzlich und ging dann auch ganz schnell. Annemarie kam ins Center und erzählte uns, dass sie Anfang Februar nach Poona fliegen will. Annemarie war früher Botschaftsan-gestellte, heute ist sie 74 Jahre alt und schwerbehindert. Sie konnte nur ganz kleine Schritte ma-chen und die Füße nur wenige Zentimeter anheben. Alle liebten Annemarie, sie war blitzgescheit und hellwach; sprach drei Fremdsprachen und spielte mehrere Instrumente. Sie konnte natürlich nicht alleine nach Indien fliegen, sie brauchte eine Begleitung. Johanna wollte mit ihr fliegen, aber Johanna war nicht da, niemand wusste, wo sie ist. Da kam ich ins Spiel. Seit mindestens einem halben Jahr, dachte ich daran, nach Indien zu fahren. Das Geld dafür hatte ich aber nicht. Zu der Zeit arbeitslos, lag ein Flugticket außerhalb meiner Reichweite. Da kommt Annemarie mit dem Angebot daher, die Kosten für den Flug zu übernehmen. Wenn ich mit ihr zusammen hin und zurück fliege und mich um sie und das Gepäck kümmere. Falls Johanna nicht rechtzeitig auftauchen sollte.


Ein phantastisches Angebot, in meiner Situation. Vier Wochen nach Poona! Ich musste nur noch sehen, dass ich ganz schnell etwas Geld für den Aufenthalt zusammen bekam. Das war leichter gesagt als getan, in meinem damaligen Umfeld, gab es keinen, der Geld genug hatte, um welches verleihen zu können.

Der Abflug wäre schon in zwei Wochen und ich musste mich auch noch gegen Pocken und Cholera impfen lassen; das war Vorschrift im Jahr 1975. Ich war am Rotieren und voller Vorfreude, schnell noch das Nötigste organisieren. Eine geeignete Reisetasche, einen leichten Schlafsack von Woolworth für 25.- Mark. Nur leichtes Gepäck, es wird heiß sein in Indien. Ich habe eh vor, mir in Indien Hosen und Hemden schneidern zu lassen. Von verschiedenen Leuten konnte ich mir 250.- Mark beschaffen, teils geliehen, teils als Geschenk. Das würde reichen für vier Wochen, das wusste ich von anderen, die bereits da waren.

Es ist Freitagabend, morgen soll es losgehen!

Wir sitzen im Center beisammen und reden über die bevorstehende Reise und was uns dort alles erwartet. Da geht die Tür auf - und Johanna prustet mit Gepäck beladen herein. «Hallo zusammen!», schnauft sie.

Mir zerplatzen schlagartig sämtliche Träume. Eine bodenlose Enttäuschung macht sich in mir breit. Ich mag Johanna eigentlich, aber in diesem Moment, wünsche ich sie auf den Mond. Sie hat Annemarie natürlich nicht vergessen, war halt nur bis gestern noch in Amsterdam. So was, wie ein Telefon, haben sie auf ihrem Hausboot natürlich nicht. Völlig frustriert, verziehe ich mich nach hinten, in meinen Raum. Nach einer Weile kam Annemarie zu mir.

«Na, jetzt biste sehr enttäuscht, nicht wahr?»

«Ja klar, ich hab mich schon so drauf gefreut. Und jetzt das ...»

«Du, ich kann deine Enttäuschung sehr gut verstehen. Es tut mir richtig leid für dich.»

Sie überlegt einen Moment, dann sagt sie: «Ich mache dir einen Vorschlag, vielleicht kannst du es dann doch noch schaffen. Wie wäre es, wenn ich dir den Hinflug bezahle, und du sorgst für den Rückflug? Ich habe nicht genug Geld, um zwei Extra-Tickets zu bezahlen, aber die Hälfte könnte ich noch dazugeben.»

Das wären dann 700.- Mark für den Rückflug. Woher soll ich die denn auf die Schnelle bekommen? Keine Chance! Mein Frust bleibt mir erst mal erhalten.

Ein Anruf bei meinem Vater, brachte mir nur die Erkenntnis ein, dass ich doch besser nicht hinfliege und den armen Leuten dort, dass letzte Bisschen wegesse. Da hatte ich keine Unterstützung zu erwarten. Nun denn, nach einigem Überlegen, komme ich zu dem Schluss, dass nach Indien zu kommen, ja schon mal das Wesentliche ist. Wie und wann ich dann zurückkomme, steht doch auf einem ganz anderen Blatt. Notfalls fahre ich mit Botschaftshilfe über Land zurück. Die Möglichkeit bleibt mir immer noch. Also, was soll’s! Leben ist jetzt und hier und heute! Wollen wir nicht den Moment leben? Ohne Angst vor der Zukunft, ganz im Hier und Jetzt sein? Ich bin gesund und fit, was soll passieren, was ich nicht irgendwie handeln kann? Zu jedem Abenteuer bereit, beschliesse ich, dass ein Hinflug-Ticket eine wunderbare Sache ist. Indien ich komme!

Am nächsten Tag, trafen wir uns alle auf dem Flughafen Tempelhof, am Air-India- Schalter. Annemarie kaufte noch schnell das Ticket für mich, dann konnten wir einchecken. Ausser ihr, Johanna und mir, war noch Murti mit dabei, ein anderer Sannyasin. Der Jumbo-Jet war nur etwa zur Hälfte besetzt, wir hatten alle ausreichend Platz. Annemarie zu versorgen, war sehr einfach. Sie war ungefähr 1,50 Meter gross und wog nicht mehr als 40 Kilo. Man konnte sie einfach unter die Achseln nehmen und eine Stufe hochheben, die sie alleine nicht bewältigen konnte. Nach einer Zwischenlandung in Dubai ging es dann die Nacht durch nach Bombay, wo wir morgens um 8 Uhr ankamen.

Als ich die Gangway betrat, schlug mir die Hitze wie ein feuchtes Handtuch ins Gesicht und mir brach sofort der Schweiß aus allen Poren. «Oh ja, das ist es!»

Ich liebte die Tropen, seit ich sie kannte. Ich leide nicht unter der Hitze, ich genieße sie! Normalerweise neige ich auch überhaupt nicht zum Schwitzen, nur der Übergang vom klimatisierten Flugzeug, hatte das verursacht. Nachdem wir das Gepäck hatten und die Passkontrolle hinter uns, besorgten wir ein Taxi. «You want Taxi, Sir? Welcome to India!»

Wir wollten eins und liessen uns in die Innenstadt zur Dadar-Station fahren. Dort fuhren Sammel-Taxen, die lange Strecken fuhren. So gab es auch welche nach Poona. Es war eine lange Fahrt vom Flughafen. Rechts und links breiter Straßen sah man die erbärmlichen Behausungen von Ghettos entlang der Strecke. In Indien herrscht Linksverkehr, das war auch erst mal gewöhnungsbedürftig. Genauso wie indische Taxifahrer! Unaufhörlich plappernd und gestikulierend, jagte er in halsbrecherischer Geschwindigkeit durch die Kurven. Dabei unablässig hupend und roten Saft zum Fenster hinaus spuckend, schimpfte er auf alle, und besonders auf die Motorrikschas. Vielfältige Gerüche strömten durch die offenen Fenster, Wärme umgab mich wie in einer Badewanne; ich war glücklich!

In Dadar-Station angekommen, suchten wir nach einem Taxi, das uns die knapp 200 Kilometer, nach Poona bringen würde. Bei einem fiel mir etwas ins Auge, ich zeigte es Johanna. «Sieh dir mal die hinteren Reifen von dem Taxi da an, blank wie ein Kinderpopo.»

«Oh ja, sehr vertrauenerweckend», meinte sie nur. Wir waren uns dann schnell mit einem Fahrer einig, für 120.- Rupien, würde er uns nach Poona fahren. Das waren rund 40.- DM für vier Personen, aus unserer Sicht ein fairer Preis. Ab ging die wilde Fahrt, raus aus Bombay, immer in Kurven bergauf. Bombay liegt in einem Talkessel, direkt am Meer. Umso höher wir kamen, desto besser konnte man diesen Moloch von Stadt überblicken. Es war ein gigantischer Anblick, eine Stadt wie ein Flickenteppich, mit tief hängenden Wolken darüber. Die Luft war schwül dort unten, sie wurde immer besser, mit jedem Meter, den wir an Höhe gewannen.

Um in Indien am Strassenverkehr teilzunehmen, bedarf es sehr starker Nerven. Am besten, man lässt sie sich vorher entfernen. Unser Fahrer, erwies sich als begeisterter Sänger. Dazu drehte er sein Autoradio voll auf, um dann noch lauter mitzusingen. Für mich klang das eher nach schwerer Diphtherie als nach Gesang. Es gab regen Verkehr und wenn unser halskranker Caruso, grade mal nicht sang, dann fluchte er. Ein klein wenig beunruhigend, fand ich es schon, dass die sogenannten Straßen, keinerlei Begrenzung, so was wie eine Leitplanke hatten. Vor allem, als wir in gebirgiges Gebiet kamen und wir seitlich ziemlich tief hinabsehen konnten. Wir vertrauten wohl alle gerade sehr auf unser hoffentlich positives Karma. Für mich schien es die richtige Zeit zu sein, einen indientauglichen Fatalismus auszubilden. Nur der Feigling stirbt tausend Tode. Ich beschliesse einfach, dass meine Zeit noch lange nicht gekommen ist, ergo kann mir überhaupt nichts passieren. So mental entspannt, genieße ich die Fahrt und schaue mir das Land an.

Wir hatten knapp die Hälfte der Strecke hinter uns, als es einen Knall gab und es einen Schlag tat. Einer der Hinterreifen war geplatzt. Reifen-wechsel und Pinkelpause. Glücklicherweise waren wir kurz vor einem kleinen Ort, als das passiert. Die letzten 200 Meter, fuhren wir langsam humpelnd in den Ort ein. Dort gab es einen Chai-Shop, unverzichtbar für Indien-Reisende. Wir versorgten uns alle mit Erfrischungen. Unser Fahrer holte einen Ersatzreifen aus dem Kofferraum. Dazu musste er unser gesamtes Gepäck ausladen. Was dann zum Vorschein kam, sah nicht so aus, als würde es noch 100 Meter aushalten, geschweige denn 100 Kilometer. Der Fahrer grinste nur, sang fröhlich vor sich hin und wechselte den Reifen.

Annemarie, die wir erst vorne auf den Beifahrersitz gesetzt hatten, wollte dann doch lieber nach hinten. Ich tauschte gerne mit ihr, auch um den Preis, dem «Gesang» nun noch näher zu sein. Das hatte aber den Vorteil, dass ich meine Nase, wie ein Hund, aus dem Fenster halten konnte. Meine langen Haare flatterten im Wind und ich genoss einfach dieses Gefühl von Freiheit. Die heiße Sonne auf meiner Haut, der neue Geruch von allem, selbst der Staub, waren mir willkommen. Die An-deren stöhnten, ich jubelte, wenn auch mehr innerlich. Annemarie wirkte trotz ihres Alters noch recht munter, wenn auch etwas erschöpft. Die beiden anderen hingen komplett in den Seilen. Johanna war es ständig schlecht und sie hatte Kopfschmerzen.

Murti hatte seine klapprigen 1,80 fein säuberlich in der Ecke zusammengefaltet. Er schaffte es immerhin, die meiste Zeit zu schlafen, was auch schon eine Leistung war. Ich traute es mich kaum zu sagen, aber mir ging es prächtig!

Poona:

Knapp vier Stunden brauchten wir für die Strecke. Erleichtert kletterten wir alle aus dem schwarz-gelben Folterkasten. Nur um gleich in den Nächsten steigen zu müssen. Von der Taxi-Haltestelle bis zum Koregaon Park war es noch ein gutes Stück. Annemarie hatte sich über einen Bekannten ein Hotelzimmer in der Nähe reservieren lassen. Dorthin waren wir jetzt unterwegs. Was uns erwartete, war eine ziemlich große, ziemlich alte Villa im Kolonial-Stil. Mitten in einem grossen Garten gelegen, fast schon ein kleiner Park, bestanden mit großen alten Bäumen. Annemarie hatte eine kleine Suite mit zwei Zimmern. Nach vorne raus, gab es einen kleinen Erker mit Balkon, dort würde ich heute Nacht erst mal schlafen. Wir waren nun seit fast 24 Stunden unterwegs und rechtschaffen müde. Alle wollten sich hinlegen und schlafen.

Ob von der Aufregung, dem Jet-Lag oder meiner überbordenden Neugier, ich konnte nicht lange schlafen. Nur etwa eine Stunde später, war ich schon wieder hellwach. Es begann gerade zu dämmern, war also noch recht früh. Leise suchte ich zusammen, was ich brauchte und flankte dann einfach über das Balkongeländer. Das war kein Problem, wir befanden uns im Erdgeschoss. Langsam schlenderte ich auf den Ausgang zu. Plötzlich fiel von oben etwas auf mich herab und zappelte an meinem Kopf, in meinen langen offenen Haaren. Ich war total erschrocken, konnte mir gar nicht vorstellen, was das sein sollte. Instinktiv ging ich in die Knie und tastete nach dem zappelnden Etwas in meinen Haaren. Wie sich herausstellte, war es eine Fledermaus. Die hockten hier zu Dutzenden in den hohen Bäumen. Mit einiger Hilfe von mir kam sie schließlich frei und flatterte in die Dunkelheit davon. Das Vieh, hatte mir einen Mordsschrecken eingejagt, mein Herz klopfte spürbar.

Welcome to India!

Auf der Strasse herrschte ein reges Treiben. Hupende Autos, quäkende Rikschas und immer wieder vereinzelte Rufe von fliegenden Händlern. Ein Stück weiter, sah ich einen Kiosk. Gut, ich brauchte Zigaretten. In einem kleinen Holzverschlag hockte ein Inder im Schneidersitz, umgeben von zahlreichen Illustrierten und Zeitungen in Hindi und auf Englisch. Außerdem gab es eine ganze Reihe von Süßwaren, Zigaretten und Beedies. Direkt vor sich hatte er zwei Tabletts zu stehen. Auf dem einen standen etliche kleine Töpfchen, mit undefinierbarem pastösem Inhalt, auf dem anderen lag ein Stapel großer, runder grüner Blätter. Er war gerade damit beschäftigt, auf dem obersten dieser Blätter, mit einem Stab eine weiße Paste zu verteilen. Dann nahm er aus mehreren verschiedenen Töpfchen, jeweils eine Kleinigkeit und schmierte eine nach der anderen, mit großer Hingabe, auf das Blatt. Als er zufrieden schien mit der Mischung, rollte und faltete er das Ganze zu einem kleinen dreieckigen Bündel, um es sich dann im Ganzen in den Mund zu schieben. Nachdem er sein Werk im Mund zu-rechtgeschoben hatte, nickte er mir breit grinsend zu und nuschelte: «Good evening, Sir. What do you want?» Wie ich später erfahre, handelte es sich um Panblätter mit Betelnuss-Extrakt und anderen Substanzen. Indiens Volksdroge Nummer eins. Er lud mich ein, es selbst zu versuchen, machte sich sofort eifrig ans Werk. Nur mit Mühe konnte ich ihn zurückhalten. Ich wollte es bei Nikotin belassen.

Die Temperatur war sehr angenehm, eine richtig lauschige Tropennacht. Inzwischen hatte ich Hunger bekommen und machte mich auf die Suche nach einem Restaurant. Das war recht ein-fach, davon gab es in dieser Straße einige. Ich setzte mich draußen vor eins und bestellte mir einen Biryani, gebratener Reis mit Gemüse, Huhn und Rosinen. Das bunte Durcheinander von Menschen beobachtend, genoss ich mein Essen und einen Mangosaft. Mango - oh du göttliche Frucht! Wer noch nie einen frischen Mangosaft getrunken hat, weiß nicht, wie das Paradies schmeckt! Nach dem Essen entdeckte ich das wahre und endgültige Paradies – Mango-Pulp with Cream! Und wenn es das Letzte ist, was ich auf dieser Welt tue, diese Schale werde ich bis zum letzten Fitzelchen leer lecken. Ich war so vollgefressen, ich bekam kaum noch Luft. Aber was für eine herrliche Entdeckung. Dafür allein hatte sich der Flug schon gelohnt.

Um 5 Uhr früh, entstand Unruhe im Zimmer und ich wachte auf. Die Anderen machten sich für die Dynamische Meditation fertig, die um 6 Uhr anfing. Meine Sicht, war stark beeinträchtigt, ich konnte kaum etwas sehen. Im Spiegel sah ich warum, ein schöner großer Moskitostich, hatte sich dort ausgebreitet. Mein Lid war völlig zugeschwollen. Da ich nur auf diesem Auge gut sehe, war das ziemlich blöd. Warum um alles in der Welt, musste man so früh am Morgen schon meditieren? Immer noch viel zu müde, erklärte ich mich dann doch bereit, Annemarie in den Ashram zu begleiten. Nach einem kurzen Fußweg durch die noch dunklen Straßen kamen wir im Ashram an. Dort gab es bereits übersprudelndes Leben. Überall rannten Leute herum, allesamt in orangen, rosa bis rostbraun gefärbten indischen Klamotten. Es gab insgesamt drei feste Steinbauten, zwischen diesen waren Holzpfähle aufgestellt, die Baldachintücher hielten, so dass die Zwischenräume später im Schatten lagen.


Um Punkt 6, setzte die Trommel-Musik ein und ungefähr 30 Leute fingen an zu schnaufen und zu prusten, als gäbe es kein Morgen mehr. Mit mir war morgens um sechs so überhaupt nichts anzufangen. Ein Problem, das mich mein ganzes Leben lang begleitet hat. Ich bin eine Eule, keine Lerche. Von einem aus der Tür fallenden Licht angezogen, spähte ich hindurch. Sieh da, hier gibt es Frühstück! Ein großer Swami mit langem Bart und bodenlanger Robe, musterte mich ernst, fast streng. Warum ich nicht bei der Meditation bin? Mit den Schultern zuckend, erklärte ich ihm, dass ich so früh noch zu keiner Aktion bereit war. Daraufhin konnte ich mir von ihm eine lange Predigt anhören, wie wichtig die Meditation für uns ist. Ich hatte inzwischen einen Tee bekommen und ließ seine Worte an mir abperlen. Ich war nicht daran interessiert, von irgendwem belehrt zu werden, was gut für mich ist. Ich will das selbst herausfinden.

Warum ich in Indien war? Weil mich das Land und die Leute interessierten. Wie mich alles Fremde und Neue interessiert. Seit rund zwei Jahren hatte ich da Kontakt zu den Sannyasins. Mich hatte so einiges interessiert, was ich von Bhagwan gelesen hatte. Es waren wohl mehr die psychologischen Aspekte, die er sehr treffend und kurzweilig zu beschreiben wusste, als die esoterischen Themen, die mich interessierten. Im Juni letzten Jahres hatte ich dann Sannyas genommen. Trug von da an orange Kleidung und die Holzperlenkette mit dem Bild von Bhagwan, die Mala. Außerdem bekam ich einen neuen Namen. Es stand dabei für mich nie im Vordergrund, dass ich die Erleuchtung anstrebte. Was immer das auch sein mochte. Auch vermochte ich Bhagwan nicht als gottähnliches Wesen, oder auch nur hei-ligen Mann zu betrachten. Das änderte aber nichts daran, dass ich großen Respekt vor ihm hatte. Ich hielt ihn für einen sehr klugen, möglicherweise sogar weisen Mann. Auf jeden Fall war er eine sehr charismatische Persönlichkeit. So manches, was ich von ihm las, bestätigte mich in dem, was ich vorher gedacht und empfunden hatte.


Unter den Sannyasins in Berlin erlebte ich ganz neu das Gefühl von Gemeinsamkeit. Wobei der jeweils Einzelne, immer als das akzeptiert wurde, was er war. Zum ersten Mal erlebte ich Zwanglosigkeit in Gesellschaft anderer Menschen. Das hat mich stark für sie eingenommen. Doch selbst in dieser zwanglosen Umgebung, wurden mir immer wieder, meine sozialen Defizite offenbar. Das zwischenmenschliche unter den Menschen, war mir noch immer ein Rätsel. Ständig lebte ich in dem Gefühl, dass alle Anderen etwas wussten, was ich nicht wusste. Zuweilen kam ich mir vor wie ein Autist. Ich verstand die Zeichen und Signale nicht, es war wie eine geheime Sprache. Ich hatte sie einfach nicht gelernt. So war es wohl nicht weiter verwunderlich, dass ich an Meditation nur ein gemäßigtes Interesse hatte. Es gab schon immer wieder Sachen, die mir gutgetan hatten, aber für die meisten, fehlten mir die Geduld und die Disziplin. Ich bin nicht so sehr der Yoga-Typ, mehr der Hängematten-unter-Palmen-Typ. Deshalb stand auch mein nächstes Reiseziel bereits fest.

Goa:

Paradies am Pazifik. Wie viele Geschichten hatte ich schon darüber gehört. Allen war die Begeisterung dafür gemeinsam. Bis in die sechziger Jahre hinein, stand Goa unter portugiesischer Herrschaft. Dadurch unterschied es sich auf vielerlei Weise, vom Rest Indiens. Mit einer überwiegend katholischen Bevölkerung fand man das überall dokumentiert. Es gab viele kleine Kirchen, steinerne Wegkreuze am Straßenrand, oder kleine Schreine mit Marienbilder, in denen oft auch eine Kerze brannte. Hier aß man Fleisch in allen Varianten und auch dem Alkohol wurde fleißig zugesprochen. Während im restlichen Indien das trinken von Alkohol in der Öffentlichkeit verboten war, trank man hier mit großer Begeisterung den billigen und allseits beliebten Coconut-Fenny. Das Gerücht, dass das Zeug blind macht, konnte ich nicht verifizieren. Ansonsten war es wie überall sonst in Indien, nur schöner.


Herrliche Strände, weicher, warmer, weißer Sand, nur von vereinzelten Palmen besäumt. Niedrige massive Steinbauten, mit weiß gekalkten Wänden und roten Ziegeldächern, die sich harmonisch in die Landschaft einfügten. Alles mit tropischem Reichtum begrünt. Chapora-Beach, hieß der Ort, an dem ich ankam. Ganz am Ende der Straße stand eine große Baracke. Es war ein ortstypisches Restaurant, mit langen Holzbänken und Tischen aus gespaltenen Baumstämmen. Ich suchte mir erst mal ein stilles Plätzchen, um auszuruhen. Nach einer zwölfstündigen Fahrt, in einem indischen Bus, bei ca. 35°, da braucht man mal eine Pause. Hier waren es sogar schon 40° im Schatten, wenn es denn welchen gehabt hätte. Die stete frische Brise vom Meer, machte es aber sehr angenehm auszuhalten.


Etwas später, wollte ich dann den Strand erkunden. Chapora Beach, ist eine große halbrunde Bucht mit einem sehr ruhigen und warmen Meer. Mir standen zum Vergleich, die Strände von Süd-afrika vor Augen. Gemessen daran, hatte das Meer hier, das Temperament einer Badewanne. Nach ungefähr 500 Metern, entdeckte ich eine kleine, recht niedrige Bambushütte, mit einer Art Veranda davor. Neugierig näherte ich mich, um dann ein Schild zu entdecken. «Lilly´s Restaurant» stand darauf. Es war noch recht früh und es waren noch keine Gäste anwesend. Grüßend trat ich ein «Hello, good morning!» Da begrüsste mich die Sonne ganz Indiens. Lilly kam aus dem hinteren Bereich hervor und strahlte mich an, so dass mir augenblicklich die Seele überlief. Was für eine liebliche Erscheinung!

Klein, von zierlicher Gestalt und mit einem Gesicht, das einen Michelangelo entzückt hätte, schien sie direkt aus einer Bildleinwand gestiegen zu sein. Ich betete sie vom ersten Augenblick an. Leider war sie verheiratet, auch noch mit einem richtig netten Kerl, er hieß Carlos. Er kam dazu und begrüßte mich ebenfalls. Wir machten uns bekannt und waren sehr schnell in ein interessantes Gespräch vertieft. Sie kamen aus einem ca. 3000 Km weit entfernten Ort in Gujarat. Jedes Jahr, kamen sie zur Saison von Anfang September bis Ende Februar. Dann begann auch meist schon der Monsun und sie kehrten nach Hause zurück. Ich fand die beiden erfrischend sympathisch, mochte sie beide auf Anhieb. Sie gaben auch ein wirkliches hübsches Paar ab, das musste ich neidvoll anerkennen.

Diese Bekanntschaft, sorgte dafür, dass ich Lillys Restaurant zu meiner Basis machte. Unser vertrauensvolles Verhältnis, gab mir die Möglichkeit, meinen Pass und mein Geld in ihrem kleinen Safe zu deponieren. Außerdem konnte ich meine Reisetasche mit dem Schlafsack in einer Ecke abstellen. So war ich von allem Ballast erlöst und konnte mich frei bewegen. Nachts holte ich mir meinen Schlafsack und schlief am Strand, unter freiem Sternenhimmel, mit dem leisen Meeresrauschen als Schlafmusik. Ich glaube nicht, dass ich je besser geschlafen habe.


Das kam meinen Finanzen natürlich sehr entgegen. Ohnehin schon ziemlich klamm, hätte ich mir ein Hotel gar nicht leisten können. Von Chapora aus, unternahm ich dann meine Exkursionen in die nähere Umgebung. Anjuna Beach war natürlich Pflicht. Der jedes Wochenende dort stattfindende «Fleamarket», war legendär. Hippies und Inder aus allen Landesteilen, versammelten sich dort, um die kuriosesten Dinge feilzubieten. Man konnte hier so ziemlich alles kaufen, was ein Mensch auf Reisen mit sich herumschleppen mag. Da kommen mitunter Sachen vor, die hält man kaum für möglich. So fragte ich mich, wer wohl eine Original-Singer-Nähmaschine, einschliesslich gusseisernem Tretgestell, von Deutschland hergeschleppt haben mochte. Drogen wurden wohl in allen Formen angeboten und konsumiert. Meine Sache war das nicht, ich hatte mit achtzehn ein paar Mal versucht zu kiffen, jedes Mal mit dem Ergebnis, das es mir sauübel wurde. Ich habe dann keine weiteren Versuche unternommen.

Kurz darauf hörte ich von einem besonderen Ort, den ich unbedingt besuchen wollte. Arambol hieß er und sollte einen vierstündigen Fußmarsch von Chapora entfernt sein. Also zog ich los. Für den Chapora River brauchte ich noch eine Fähre zum Übersetzen. Dann ging es immer am Strand entlang, unter glühend heißer Sonne. Man hatte mir empfohlen, möglichst früh loszugehen, mit gutem Grund. Zwei kleinere Flüsse konnte ich durchschwimmen, dann war ich irgendwann da. Wobei, wo ich ganz genau war, war mir noch längst nicht klar. Alles, was ich sah, waren ein paar einsame Fischerboote und dann etwas zurück ein paar Häuser zwischen den Bäumen. Es war inzwischen Mittag geworden und der gesamte Ort war gespenstisch still, nirgendwo rührte sich etwas. Gelegentlich sah man ein Huhn oder auch einen Hund sich träge bewegen. Schließlich entdeckte ich einen Chai-Shop oder zumindest so etwas Ähnliches. Ein Kramladen, würden wir in Berlin sagen. Die Tür war offen.

Drinnen war es erst mal finster, als ich eintrat. Als sich meine Augen an das Dämmerlicht gewöhnt hatten, konnte ich erkennen, dass die Wände und unter der Decke, alles voll hing, mit allen möglichen Waren. «Hello!», rief ich in den Raum hinein. Keine Reaktion. Nochmal: «Hello, somebody there?»

Wieder keine Reaktion. Na gut, dachte ich mir, warte ich halt. Ich sah eine Kühltruhe und fand ein paar Colaflaschen darin. Na also, mein Tag war gerettet. So versorgt, suchte ich mir ein schattiges Plätzchen und machte es mir gemütlich. Es dauerte gar nicht besonders lange, da tauchte eine Frau mittleren Alters auf. Wahrscheinlich wollte sie herausfinden, welcher Trottel da um die Mittagszeit so herumschreit.

Verschlafen sieht sie mich an «You want something, Sir?»

«Oh, yes please. I am hungry, have you got anything to eat?»; frage ich sie.

«Not much», meint sie. «Only Samosas and some Subji.»

Ich schaue mir das Subji an, eigentlich ein Erbsengericht, aber jetzt taugt es nur noch, um Kanaldeckel damit abzudichten. Die Samosas, das sind kleine gefüllte Teigtaschen, sehen aus, als wären sie noch zu Zeiten Ghandis hergestellt worden. Eine ganze Palette mit Eiern entdecke ich.

«Ah, you´ve got eggs, can you fry me some?»

«Yes Sir, how do you like?»

«I like scrambled eggs, please. Make three of them.»

«No have scrambled eggs, Sir.»

Da bin ich dann doch etwas erstaunt, dass sie keine Rühreier hat. «How comes?»; muss ich sie dann auch fragen «What eggs do you have?», war ich interessiert zu wissen.

«Only fried eggs, Sir!»

Ich wollte sie dann auch nicht weiter überfordern und akzeptierte die Spiegeleier. Gesättigt erkun-digte ich mich nach dem Weg zum Arambol Lake.

Sie zeigte mir, wo ich entlang musste und ich versorgte mich noch mit einigen Grundnahrungsmitteln und Getränken. Dort am See gab es keinerlei Einkaufsmöglichkeit, alles musste vom Dorf herangeschafft werden. Das war nicht ganz so einfach, wie ich kurz danach feststellte. Um zum See zu kommen, musste man einen steilen schmalen Felssims durch die Felsen an der Küste entlang. Ein Fehltritt, würde ziemlich tief hinab zwischen aufgetürmte Felsen führen. Nach ungefähr 500-600 Metern klettern, erreichte ich schliesslich die andere Seite und die Sicht öffnete sich auf den See.

Es war wirklich ein fantastischer Ort, alle Lobeshymnen wert. Der See lag ungefähr hundert Meter vom Meer entfernt in einem kleinen Talkessel, dessen steile Wände ihn in sattem Grün umfingen. Direkt in der Mitte plätscherte ein kleiner Wasserfall in den See hinein. Sein Wasser war glasklar und man konnte einige Fische darin schwimmen sehen. Es gab einen sandigen Bereich rund um den See und dann vereinzelte Bäume. Ich suchte mir einen schönen großen Baum aus und richtete mich dort ein. Es waren schon einige Leute vor Ort. Wie ich so nach und nach mitbekam, hatten sich einige von ihnen rechts und links vom Wasserfall in der Böschung eingerichtet. Am Abend, bei Einbruch der Dunkelheit, wurde ein großes Feuer angezündet. An dem versammelten sich alle. Es zeigte sich, dass mehr Leute dort lebten, als erst zu erkennen war.

Rund zwei Dutzend Leute saßen später um das Feuer herum. Jeder hatte irgendetwas zum Essen mitgebracht und alle kochten etwas. Eine Frau hatte Mehl von allen eingesammelt und backte Chapattis auf einem Stück Eisenblech. Irgendjemand, hat Fische und Krebse gefangen, die stückweise verteilt wurden. Sogar eine ganze Bananenstaude war vorhanden. Das Leben war gut in Arambol! Eine Woche blieb ich dort. Es war wahrscheinlich eine der schönsten in meinem Leben. Nur ungern, verliess ich mein kleines Paradies. Leider hatte ich nur noch wenige Tage in Goa, ich musste nach Poona zurück.

Nach Chapora zurückgekehrt, konnte ich Lilly und Carlos dabei helfen, ihren Chai-Shop abzubauen. Das war ein recht cleveres System, lediglich aus Bambuspfosten und geflochtenen Palmblatt-Matten bestehend. Die Matten wurden aufgerollt, die Pfosten gebündelt und das Ganze dann irgendwo, bis zum September eingelagert. Carlo, der Koch, hatte noch zwei große Kisten, die er mitnehmen wollte. Es war ein fröhlicher Abschied, ich wusste ganz genau, dass ich bald wiederkommen würde.

As time goes by:

Nachdem ich wieder zurück in Poona war, musste ich mich mit meinen finanziellen Problemen auseinandersetzen. Insgesamt hatte ich in den letzten drei Wochen mehr Geld ausgegeben, als ich mir leisten konnte. Das hiess, ich war kurz vor pleite. Glücklicherweise hatte sich inzwischen ein kleiner Flohmarkt auf der Straße vor dem Ashram etabliert. Anfangs sassen nur einige fliegende Händler dort, die entweder Essbares oder indischen Tand anboten. Irgendwann setzten sich Leute aus Europa dazu und boten ihre Habseligkeiten zum Verkauf an. Den Meisten, ging es wohl wie mir, sie waren einfach länger da, als das Geld reichte.

Die Inder wollten alles kaufen, was irgendwie eindeutig westlich aussah. Besonders beliebt waren digitale Armbanduhren, Musik-Cassetten, Blue Jeans und auch Einwegfeuerzeuge. Von meinen bereits indienerfahrenen Freunden in Berlin bestens vorbereitet, hatte ich natürlich einiges davon in meiner Tasche. Meine Schlafstatt, ein Zimmer war es ja nicht, hatte ich wieder in der alten Villa gefunden. Dort gab es einen riesengroßen Ballsaal, anders weiss ich es nicht zu beschreiben. Er war mindestens sechs Meter hoch. Unter der Decke drehten rechts und links aufgereiht, je zehn Ventilatoren ihre nie endenden Kreise. Darunter hatte irgendein cleverer Geist genauso viele oben offene Kabinen aus Holz errichten lassen. Darin stand ein Bett, ein an die Wand geschraubtes Brett und ein Stuhl. Beleuchtet wurde sie durch eine nackte Glühbirne, die darüber hing. Für 5.- Rupien am Tag war es das Günstigste, was ich finden konnte.

Annemarie ging es prächtig, sie war regelrecht aufgeblüht. Es gefiel ihr alles über die Massen gut. So gut, dass sie noch länger, als die geplanten vier Wochen bleiben will. Johanna ging es ähnlich wie mir, zwar hatte ihr Annemarie das komplette Ticket bezahlt, aber eigenes Geld hatte sie nur wenig mitgebracht. Wir taten uns mit dem Essen zusammen und verkauften auch gemeinsam unsere Sachen. Zehn Rupien, war das Minimum, was ich pro Tag brauchte. Fünf fürs Bett und fünf für Essen und Rauchen. Zigaretten waren sehr billig in Indien, wofür ich dankbar war. Es waren noch fünf Tage, bis Johannas Rückflug dran war. Ich hatte noch immer keine Ahnung, wie es mit mir weitergehen würde. Meine «Schätze» würden bald verbraucht sein und dann wurde es schwierig, an Geld zu kommen. An Arbeiten in Indien war nicht zu denken, abgesehen davon, dass wir es nicht durften.

Einstweilen liessen wir uns das Leben nicht verdriessen und genossen es einfach in Indien zu sein. Chai war billig, das Wetter war warm und die Menschen waren freundlich. Es fing dann aber auch immer wieder mal an zu regnen. An einem solchen verregneten Nachmittag saß ich mit Johanna in meiner Kabine und spielte Karten mit ihr. Nach einiger Zeit vernahm ich vertraute Geräusche aus einer der anderen Kabinen, erst noch leise, dann immer deutlicher, schließlich unüberhörbar.

Anfangs grinsten wir beide uns nur verständnis-voll an. Als die Töne immer höher wurden, dann abrupt verstummten, um gleich darauf leiser von vorne zu beginnen, zeigte das auch bei uns Wirkung. Johanna hatte eindeutig einen Schlafzimmer-Blick bekommen und bei mir tat sich auch so einiges in der Hose. Was macht man nur in so einer Situation? Ich war damals noch so schrecklich blockiert, ich wusste es wirklich nicht. Ich schämte mich für meine Geilheit, wollte sie nicht zeigen. Johanna rettete die Situation, indem sie mir einfach eine Hand auf den Oberschenkel legte und mich fragte: «Hast du Kondome dabei?» Natürlich hatte ich welche dabei, wie gesagt, die Hoffnung stirbt zuletzt, nicht wahr? Und so wurde es noch ein sehr bewegter Nachmittag, an dem ich Johanna von einer ganz anderen Seite kennenlernte.

In zwei Tagen sollte ihr Rückflug sein, dann musst ich mich wieder alleine durchschlagen. Da kam Annemarie wieder mit einer rettenden Idee daher. Vielleicht aber auch eine, die mich in ein indisches Gefängnis bringen könnte. Sie meinte, ich könnte doch ihr Rückflugticket benutzen. Es ging nicht zu ändern, es war Termin gebunden. Da sie auf jeden Fall noch bleiben wollte, würde es also verfallen. Das Problem dabei war, dass es nicht nur Termin gebunden, sondern auch auf ihren Namen ausgestellt wurde. Ich sah mir das Ticket genauer an. Alle Angaben, waren durch ein rotes Durchschreibpapier mit der Hand eingetragen worden. Mein Hinflug-Ticket hatte ich noch, da war so ein rotes Papier noch drin. Ich legte es über Annemaries Ticket und schrieb einfach meinen Namen hinter ihren. Da er recht kurz ist, ging das prima. Sah aber schon merkwürdig aus. Ich hatte so meine Zweifel, ob ich damit durchkommen würde. Versuchen würde ich es jedenfalls.

Wir sind im brodelnden Hexenkessel des International Airport von Bombay, auf dem Weg zum Air-India-Schalter. Es ist schrecklich laut und schrecklich stickig, die Klimaanlage scheint hoffnungslos überfordert. Die Hostess mit dem roten Schiffchen-Käppi nimmt unsere drei Tickets und die Pässe entgegen. Murti ist auch wieder mit dabei. Er ist sehr still die ganze Zeit über. Es scheint so, als wäre seine Zeit nicht so gut für ihn gewesen. Die Hostess hatte alle drei Tickets nebeneinandergelegt, griff sich eins heraus und verschwindet damit. Mir rutschte das Herz in die Hose. Mist, hat sie doch was gemerkt! Bis ich die verbliebenen Tickets besser sehen konnte. Kurioserweise war es nicht mein Ticket, was sie rausgesucht hatte, es war Johannas. Puh, was hat das nun wieder zu bedeuten?

Kurz darauf kam sie mit einem anderen Angestellten zurück, irgendeine Angabe auf ihrem Ticket, war wohl nicht korrekt, konnte aber korrigiert werden. Wir bekamen unsere Pässe und Bordkarten ausgehändigt «Have a good flight Lady and Gentlemen!»

Weg waren wir, ich konnte es kaum glauben. Nachdem wir durch die Passkontrolle waren, mussten wir noch zwei Stunden warten, bis wir endlich an Bord konnten. Richtig erleichtert war ich erst, als ich im Flugzeug sass.

Nach einem Zwischenstopp in Frankfurt stand ich schliesslich Anfang März, vor dem Flughafen Tempelhof und fror mir in meinem dünnen indischen Hemd den Ast ab.

Der Indien-Express war wieder zurückgekehrt.




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«Endloses Warten»
Bild/Illu/Video: zVg.

«Endloses Warten»

«Der Waldbademeister»
Bild/Illu/Video: zVg.

«Der Waldbademeister»

«Warum John Lennon starb»
Bild/Illu/Video: zVg

«Warum John Lennon starb»

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