Schreibinsel
Bild/Illu/Video: Mariann Hasler

Schreibinsel

Ausgerüstet mit Laptop, Notizbuch, Schreibzeug und aus aktuellem Anlass mit Samichlaus-Mütze mache ich mich, wie jeden ersten Donnerstag im Monat, auf den Weg.

Unsere Runde besteht heute aus Theres, der farbmischenden Konservenstaplerin mit Faible für Fantasy, Emilia, dem kleinen Schreibwunder, die einem mitnimmt in andere Welten, Martin der NASA-IT-Spezialist und Hahn im Korb, Inge, die als Kind in die Buchstabensuppe gefallen ist und aus der die Texte nur so heraussprudeln. Alice, die Leiterin fehlt, sie ist Teil des winterlichen Grippenspiels und lässt uns grüssen.

Zu Beginn starten wir jeweils mit einer Schreibübung. Am Anfang machte mich das nervös, mittlerweile weiss ich, ich kann etwas schreiben, egal wie die Aufgabe lautet. Und so ist es auch dieses Mal.

Als erstes müssen alle ein Wort zu den folgenden Begriffen aufschreiben.

Ein Jahr Schreibrunde – Weihnachten – Punsch – Grittibenz – Mandarine – Samichlausmütze. Das ergibt zusammen 30 Wörter (unten kursiv markiert), die es gilt in eine Geschichte mit dem Titel «Wie es kam, dass ich am Vorabend der Schreibrunde ganz alleine durch den Wald fuhr» zu verarbeiten. Kaum ist das Thema bekannt, sehe ich, wie Inges Kochtopf gleich überquillt. Wir anderen brauchen noch einen Moment und dann geht’s los. Nach knapp 20 Minuten steht bei mir folgendes auf Papier:

«Ganz überraschend bin ich nach dem Juhubiläum, dass ich mit Grittli auf der Skipiste feierte nach Spanien gefahren. Der Schnee glitzerte und die Ruhe der Nacht legte sich wie ein weisser Saum über die Landschaft. Ich fuhr durch den Wald und hing in Gedanken dem Fest des vergangenen Abends nach. Dachte an Grittli in ihrem orange-roten Kleid, wie sie lachte und in ein süsses Guetzli biss. Ich hatte den Teig dazu mit Liebe geknetet und extra noch Rosinenaugen drauf gemacht. Wir hatten miteinander angestossen, ein Prosit ein Prosit gesungen und unseren Hunger gestillt. Und nachdem ich den Tannenbaum aufgeladen hatte, verliess mich der Schreibfluss, vor mir die Schale mit den Mandarinen. Ich wollte unbedingt zuerst vorlesen und zwar mit der flauschigen Zipfelmütze

Eigentlich nutzen wir die restliche Zeit jeweils, um an unseren persönlichen Projekten weiter zuarbeiten oder Fragen zu stellen. Aber heute ist es anders. Ganz nach dem Sprichwort «ist die Katze aus dem Haus, tanzen die Mäuse» essen wir lieber von den feinen Sachen auf dem Tisch und reden über interessante Jobs, Stürze, Krankheiten und Weihnachten im Kloster. Während wir von Thema zu Thema switchen, tippt unsere Jüngste fleissig Wörter in ihren Laptop und präsentiert uns zum Schluss ein unglaubliches Gedicht.

Und schon schlägt die Kirchenuhr halb zehn. Wir packen zusammen, verlassen die Schreibinsel und verabschieden uns zurück in den Alltag.

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