Bild/Illu/Video: Christian Imhof

«Der Richtige für die grossen Gefühle»

Der Gewinner des Salzburger Stiers 2018 porträtierte in seinem Stück einen namenlosen Reisenden. Während er schwelgend die Freiheiten des Vagabundendaseins lobte, erklärte er auch, wie er zu dieser Freiheit kam. Sein Vermieter hatte nämlich die glanzvolle Idee eine neue Badewanne bei ihm zu installieren, was in ihm den Drang zur Flucht nach vorne auslöste.


Der nach Freiheit und Unabhängigkeit strebende Protagonist sei gänzlich zufrieden mit seinem Leben auf der Strasse, auch wenn seine qulturelle Untermalung leider nicht immer auf offene Ohren stosse. Als er wieder mal seinen Lebensunterhalt mit der Interpretation vom Madonna-Lied «Like a Virgin» aufzubessern versuchte, kam es zu einer schicksalhaften Begegnung mit Frau Fink. Diese, hauptberuflich tätig als Finanzverwalterin trampelte gedankenverloren und mit einem Starbucks-Café in der Hand in den Strassenmusiker. Da sie bewusst und umweltschonend ihren Starbucks-Café ohne Plastikdeckel konsumiert, fand sich der Inhalt ihres Gefässes natürlich innerhalb von wenigen Sekunden nach dem unglücklichen Zusammenstoss auf den Habseligkeiten des Vagabunden.


Auf der Suche nach Zweisamkeit

Als sie beim anschliessenden Gang in den Waschsalon langsam miteinander ins Gespräch kommen, wird klar, dass Frau Fink vor kurzem eine Trennungsgeschichte durchlebt hat und deshalb ihre verweinten Augen hinter einer Brille versteckt. Da sie mit Dates bisher wenig gute Erfahrungen gemacht hat und ihr letzter Typ namens Martin sogar bereits mit Frau und Kindern ausgestattet war, sei es nun endlich Zeit nach vorne zu blicken. Nach kurzem Nachdenken auf der Strasse kam dem Vagabunden die glorreiche Idee, er könnte der melancholischen Bankangestellten unter die Arme greifen, was er dann auch tat, indem er mit einem beschrifteten Karton bei seinen Touren durch die Schweiz auf das einsame Herz von seiner neugewonnenen Bekanntschaft hinwies. Trotz der enthusiastischen Unterstützung des Clochards schien Frau Fink irgendwie ein hoffnungsloser Fall zu sein, denn sie schickte nicht nur einen Typen nach den anderen in die Wüste, sie gab sich doch auch ein klein wenig wählerisch. Rettung für die ausweglose Situation kam dann recht spontan in Form von Steve, welcher wie es der Zufall so wollte ein «Gymi»-Kollege vom reisenden Hauptcharakter der Geschichte war. Als dieser ihn dann auch noch um Tipps anbettelte, wie das Herz von Frau Fink am besten zu erobern sei, missfiel ihm die Situation doch ziemlich.


Kinderwunsch olé

Die 33-jährige Frau Fink wünsche sich nicht nur einen Mann für's Leben, sondern auch noch ein Kind obendrauf, wie sie dem Vagabunden nach ihrer Beförderungsparty unmissverständlich klar machte. Die exzessive Stofftiersammlerin habe sich ein klein wenig in ihn verguckt, führte Christoph Simon weiter aus. Deshalb wäre es doch perfekt, wenn er ihr ein Baby mache und sie nachher mit seinem Kollegen Steve zusammen kommen könne. Man überlege sich als Frau eben schon, wessen Gene man gerne seinem Kind weitergebe. Doch wie so oft wenn es brenzlig wird, zog auch in dieser Situation der Vagabund die Reissleine. «Begegnen und sich wieder trennen, bevor es weh tut.», sei sein Motto, weshalb er sich nicht wirklich vorstellen könne sesshaft zu werden. Er habe den Traum an den Pazifik zu reisen und dort ein Geschäft zu eröffnen, was er dann anschliessend auch tat. Abgekürzt erklärt sind am Schluss des Stücks in Chile alle glücklich: Steve mit seinem neuen, männlichen Lebenspartner, der Vagabund, welcher zum Geschäftsmann gereift ist und Frau Fink, die mit dem Baby von Steve nun bereit für eine Patchworkfamily mit dem Vagabunden ist.


Es gibt sie doch noch, die Happy Ends

Das Stück «Der Richtige für fast alles» des 47-Jährigen ist poetisch und verpasst es aber nicht auch ab und zu mit feinen sozialkritischen Momenten aufzuwarten. Spannend fand ich beispielsweise wie der Vagabund erklärte, wie das Parlament in der Schweiz der Bevölkerung durch Abstimmung die Arbeit weiter delegiert. Es könne doch nicht sein, dass er in 20 Jahren über 160 sinnlose Gesetzesänderungen abstimmen müsse und die in Bern Däumchen drehen würden. Ausserdem kritisierte der Simon in seinem Stück auch immer wieder den inflationären Gebrauch von englischen Ausdrücken wie beispielsweise «Hidden Values». Mit einer gesunden Portion Humor hielt er der aktuellen Gesellschaft den Spiegel vor und lud zum Nachdenken über die Begriffe Freiheit, Liebe und die aktuell schnelllebige Gesellschaft ein. Doch trotz dieser Botschaft vermittelte der Berner stets ein wohliges Gefühl, in dem es zeigte, dass es immer eine gemeinsame Komponente gibt, egal wie weit die Welten voneinander entfernt sind, was doch irgendwie schön ist, oder?  

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