Es gibt eben doch einen Filmgott
Die grösste Schweizer Filmpleite des Jahres 2012 war ohne Zweifel ein Streifen mit dem Titel «Das Missen Massaker». Der fehlende Bindestrich ist übrigens kein Vertipper, der Film hiess wirklich so. Offenbar war ein Korrektorat nicht im Budget der Produktionsfirma enthalten.
Leicht über 15‘000 Kinozuschauer lockte das Werk an. Das ist viel für einen No- oder Low-Budget-Film zu einem völligen Nischenthema. Hier aber haben wir es mit einer Komödie zu tun, die an die tiefsten Instinkte der Zuschauer appellierte, mit Mike Müller eines der Aushängeschilder der heimischen Comedy zeigte, und das alles mit viel nackter Haut und Strandfeeling kombiniert. Angesichts dieser Mixtur ist das zählbare Resultat nicht nur ein Flop, sondern geradezu eine Katastrophe.
Was hatten die Macher versucht? Sie wollten das uralte Horrorgenre mit dem Rezept «Einer nach dem anderen stirbt, wer wohl als nächstes?» mit ein bisschen Swissness und Slapstick verbinden. Das Ergebnis ist selbst für völlig Anspruchslose mit 2 Promille im Blut kaum zu ertragen. Die Laiendarstellung der als «Missen» fungierten Darsteller verursacht körperliche Schmerzen. Mike Müller war als Giacobbos Kaffeeservierer eine Idealbesetzung, aber er ist schlicht kein Schauspieler. Nadine Vinzens tauchte auf und der einst als Shooting Star und seither in der Versenkung verschwundene Martin Rapold ebenfalls. Aber um die Ehre aller Erwähnten zu retten: Selbst eine Profibrigade hätte dieses Drehbuch nicht gerettet.
Denn die Grundidee war zum Scheitern verurteilt. Die Miss-Schweiz-Wahl ist zwar permanent aufgrund von Skandalen und Skandälchen in den Schlagzeilen, wirklich interessieren tut sie aber dennoch keinen. Die Idee, mit dieser Übungsanlage die grosse Masse ins Kino zu locken, konnte man nur mit sehr viel Rauschmitteln haben.
Regie führte Michael Steiner. Über den kann man vielleicht sagen, dass er als Filmproduzent gescheitert ist, weil er es mit den Zahlen nicht so hat, aber wenn er den richtigen Stoff verfilmen kann, ist er grandios. «Sennentuntschi» ist nach wie vor ein Meilenstein in der jüngeren Schweizer Filmgeschichte. Steiner versteht sein Handwerk. Aus dieser Geschichte konnte aber auch er nicht mehr machen. Wobei er, und das ist wirklich erstaunlich, sogar als Co-Drehbuchautor fungierte, also durchaus mitverantwortlich für die Qualen, die man als Zuschauer erlitt. Wahrscheinlich hatte Steiner einfach zur Abwechslung Lust auf einen leichten Stoff, aber zwischen leicht und doof-seicht gibt es doch noch einigen Spielraum.
Was uns das Ganze lehrt: Man kann als Schweizer Filmemacher nicht einfach amerikanische Erfolgsrezepte à la «Scream» nehmen, ein bisschen einschweizern, mit Brüsten garnieren und dann die Kinokassen klingeln hören. Es braucht doch mehr. Und dafür danke ich dem Filmgott.