Der langsame Leser
Ende Oktober war ich an der Vernissage von Franziska Hidber und Christian Ruch in Mels. Der Kulturchef vom Sarganserländer bot mir ein paar Tage vor dem Termin an, zusätzlich eine Rezession über das Buch «Vener» zu schreiben, wenn ich Lust darauf hätte. Die Lust darauf wäre sehr gross gewesen, doch ich musste mir eingestehen, dass dies nie gehen wird, da ich in diesem Leben, verbunden mit meinem Alltag kein Buch mit über 200 Seiten innerhalb von drei bis vier Tagen schaffe, da ich ein sehr langsamer Leser bin. Ich erklärte mich, leicht beschämt, als Genussleser, der sich Zeit für das Lesen nimmt, was dann auch auf Verständnis stiess.
Ferienlektüre, ungelesen zurück ins Regal
Knapp zwei Bücher habe ich gelesen innerhalb von fünf Tagen in Hurghada. Das sind nicht wirklich viele, aber ich bin doch ein wenig stolz darauf, dass ich neben dem Planschen, der Zeit mit meiner Frau und dem Schlafen mir wieder mal so viel Zeit genommen habe für Literatur. Denn es ist, wie es ist: Ich finde oft irgendwie kein Zeitfenster für das Lesen. Bereits jetzt, gegen Ende Jahr muss ich es mir leider eingestehen, dass ich 2019 keine 10 Bücher gelesen habe, was doch ein wenig beschämend ist. In meinen Augen ist es für einen Schreibenden enorm wichtig, wie ein Besessener Literatur zu konsumieren und zumindest sollte das Lesen und das Schreiben in ein ausgeglichenes Verhältnis gesetzt werden, damit nicht irgendwann der Wortschatz flöten geht. Beim Einpacken denke ich dann immer, dass sich in den kommenden Ferien etwas ändert, aber viele Bücher kommen nachher direkt wieder ungelesen ins Regal. Kürzlich musste ich mich in einem Bücherladen echt ein wenig zügeln, als ich das neue Werk von Sebastian Fitzek im Regal sah. Sein vorheriges Buch mit dem Titel «Der Insasse» habe ich nämlich leider immer noch nicht gelesen. Dieses Werk war dafür schon in den USA, in Mexico und wie könnte es anders sein, natürlich auch in Ägypten. Es ist fast ein wenig eine Familientradition geworden, dass ich das neue Fitzek-Buch meist geschenkt kriege, weshalb ich sein «altes» Buch sicher bis Weihnachten gelesen haben sollte, sonst wäre es doch ein wenig peinlich. Zu meinem langsamen gesellt sich dann noch das chaotische Leseverhalten dazu. So liegen aktuell bei uns zu Hause um die fünf angefangene Bücher herum, die ich nur allzu gerne alle fertig lesen möchte. Ich nehme mir für 2020 jetzt schon den Vorsatz pro Monat mindestens zwei Bücher zu lesen oder zumindest es einmal mit Hörbüchern zu versuchen und dem Chaos in meinem Büro ein Ende zu setzten. Meine Frau hatte bereits schon mal angekündigt, ein Mal pro Woche einen Leseabend ohne die ganzen viereckigen Kästen zu veranstalten, was echt spannend wäre und hoffentlich von uns durchgesetzt wird.
Musik, Frauen und Unglücke
Nach dem ganzen Gequassel über meine Lesegewohnheiten habe ich fast vergessen, über das eine Buch, welches ich in meinen Ferien dann doch noch gelesen habe, zu berichten. Das eine noch nicht ganz fertig gelesene Buch ist «Findest du mich dick?» von Bänz Friedli. Das andere, komplett gelesene «Eine zu 85% wahre Geschichte» von Chuck Klosterman. Was mir an dem Roman, welcher autobiografische Züge hat, sehr gefallen hat, sind die Fakten, die stimmen und Musikjunkies wie mich irgendwie immer noch sehr faszinieren. Während Klosterman als ebenfalls Musik-süchtiger Journalist quer durch die USA zu Unglücksorten der Musikgeschichte reist, notiert er immer wieder wichtige Anekdoten, die ich zum Teil nicht einmal gekannt hatte. Es ist kein Thriller, doch irgendwie hat mich das kurze, 256-Seiten-lange Buch trotzdem gepackt. Das ist sicher ein bisschen eine Krankheit von mir, dass mich Bücher von Journalisten immer mehr interessieren, als irgendwelche sonstige Geschichten. Aus diesem Grund habe ich auch alles von Roger Schawinski gelesen, womit mein Freund «Zoisli» mich immer ein wenig aufzieht. Egal, bei der Geschichte von Klosterman stimmt einiges, denn er ist nicht nur Journalist, er hat auch eine ähnliche Begeisterung für die Materie Musik wie ich. Es ist schmissig erzählt und als er seine Ex-Freundinnen mit den Bandmitgliedern von Kiss vergleicht, gibt’s auch einige humorvolle Momente. Im letzten Kapitel erklärt er selbst, dass dies alles ein wenig wie «High Fidelity» klinge und auch seinen Groll gegen Jim Morrison und The Doors konnte die ganze Zeit nicht so wirklich verstehen, doch ich muss sagen, ich verschlang das Buch regelrecht, da ich mich sehr gut unterhalten fühlte. Und das ist doch genau das, was Literatur will, oder? Egal, wie schnell oder langsam jemand liest.