Endgültig Nichtraucher
Ach, was war ich stolz auf mich, respektive bin es immer noch. Nach über 13 Jahren Schlotten, unzähligen Versuchen mit Büchern und Therapien habe ich dem Rauchen abgeschworen. Dies federleicht und als wäre es das Normalste auf der Welt. An einem Sonntagnachmittag in Bad Ragaz sagte ich zu meiner Frau Corina: «Ab heute rauche ich nicht mehr.» Anschliessend habe ich deshalb einfach keine Zigaretten mehr gekauft. Ich dachte mir, da immer alle davon sprachen, was das für eine Willenssache sei, stoppe ich es ohne grosses Tamtam und schaue mal, wie lange ich es ohne durchhalte. Anders als bei meinen anderen Versuchen weiss ich heute nicht mehr genau, an welchem Datum ich aufgehört habe. Irgendwie beschlich mich das Gefühl, dass ich irgendwann wieder schwach werde und wieder zu den Glimmstengeln greifen könnte. Doch auf einmal funktionierte es, was nicht nur meine Familie und meine Frau ziemlich überraschte, sondern auch mich.
Nach zwei Wochen hatte ich zwar einen Rückfall und bettelte eine wildfremde Frau beim Bahnhof Sargans um eine Zigarette an, welche diese mir dann ziemlich widerwillig und genervt schenkte. Ein anderes Mal war ich für die Liewo unterwegs in Österreich und traf dort zufällig den Drummer von Emma’s Daydream. Da wir unzählige Konzerte mit ihnen gespielt haben in der Vergangenheit, wusste ich natürlich, dass er wie ich auch Camel Blue rauchte und es juckte mich dann doch sehr, wieder mal meine Lieblingsmarke zu rauchen. Beide Male wurde mir gottserbärmlich schlecht und auch schwindlig. Dadurch wusste ich, dass ich wohl besser in Zukunft die Finger davonlasse, was mir auch bis heute ziemlich gut gelungen ist.
Das Dumme am Rauchen ist ja, dass es einem immer wieder reizt. Sei es in Stresssituationen, zur Entspannung oder einfach auch als Belohnung. Sie merken, es sicher sofort: Rauchen ist ziemlich dumm, denn die ganzen Vorteile, die anscheinende nur das Schlotten einem bringen können, erfindet man selbst. Verdammt schwierig «clean» zu bleiben, ist es ab und zu aber trotzdem ziemlich. Es darf nicht als Genuss oder Teilzeitbeschäftigung angesehen werden, denn bereits mit einer Zigarette beginnt der Teufelskreislauf von vorne. An Konzerte und Festivals ohne Zigaretten musste ich mich erstmals gewönnen und doch freut es mich im Nachhinein, dass ich weder am Vaduz Soundz, noch am LIFE in Schaan rückfällig geworden bin. Gelegenheiten dazu hätte es nämlich unzählige gegeben.
Gestern habe ich mit einem Kollegen gesprochen, der das ganze Experiment der Rauchentwöhnung auch vor kurzem durchgemacht hat. Ich musste doch ziemlich lachen, als er mir erzählte, dass er zu Beginn an einem Abend ein ganzes 12er-Paket mit Eiscornets gegessen hat. Meine Fressattacken waren glücklicherweise nicht so intensiv, aber beim Blick in den Spiegel fällt auch mir heute auf, dass sich da ein paar Kilos mehr angesammelt haben. Auch beim Sport leide ich immer noch an einer gewissen Kurzatmigkeit, welche ich jetzt aber durch intensives Repetieren versuche zum Verschwinden zu bringen. Es dünkt mich auch, dass langsam die Freude an der Bewegung wieder zurückkommt, welche ich in den Jahren als Raucher so gar nicht gespürt habe.
Der ursprüngliche Titel dieser Kolumne war «Ich brauche ‘ne Zigarette». In dieser wollte ich mich über meine Alltagsprobleme, das hundsmiserable Fernsehprogramm (Hurra! Supertalent läuft wieder) oder Menschen, die mir ziemlich auf die Eier gehen sprechen. Dabei suchte ich Gründe, warum ich mir unbedingt wieder mal um die Nerven zu beruhigen eine Zigi anstecken wollte… Doch während ich diese Zeilen schrieb und mir das Ganze nochmals durch den Kopf gehen liess, dachte ich immer mehr daran, dass nichts so schlimm sein kann, um es mit Rauchen zu «verschlimmbessern» und ich eigentlich ziemlich happy damit bin, meine Freiheit zurück zu haben. Auch wenn ich häufig, zum Teil fast täglich, an das Schlotten denke, freue ich mich aber auch darüber weiterhin rauchfrei zu sein und über der Sucht zu stehen, was ein unbeschreibliches Gefühl ist und mir sehr viel Freude bereitet. Ein rauchfreier Sommer liegt hinter mir, ich schreibe soviel wie nie zuvor, Qultur läuft und jetzt auf die kalten Tage hin, sieht es so oder so niemand mehr, ob es mit der Strandfigur 2019 geklappt hat. So ist es gar nicht so wild, dass ein paar Kilos mehr auf meinen Rippen liegen. Durchatmen gelingt mir inzwischen besser als jemals zuvor.