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Bild/Illu/Video: Christian Imhof
Steht der Bazar in Seewis vor dem Aus?
Am 13. Juli 1863 hat der grosse Dorfbrand Seewis in Schutt und Asche gelegt. Wie man es im Archiv dieser Zeitung oder auch im Seewiser Heimatbuch nachlesen kann, floss anschliessend zu praktisch allen Beteiligten Geld, ausser zu der Person, bei der das Feuer ausgebrochen war. Was folgten, waren Jahre des Wiederaufbaus des Dorfes und zwanzig Jahre danach wurde der Bazar in Seewis eröffnet. «Leider ist das genaue Datum nicht übermittelt, doch wir können mit Sicherheit sagen, dass es den Bazar seit 1883 gibt», sagt Käthi Aebli, welche das Geschäft seit 2001 führt.
Auf kleinen von Käthi Aebli gesammelten Fotos ist die Geschichte des Bazars gut dokumentiert. Das Archivieren und eine gewisse Faszination für das Zeitgeschehen scheinen bei der Familie Aebli wohl in den Genen zu liegen. Neben Sohn Roger, der beim SRF arbeitet, ist auch ihr Mann Peter stets bemüht Seewis als Kurdirektor ins beste Licht zu rücken und auch sie selbst kommt ins Schwärmen, wenn sie von früher erzählt. «In den 40er-Jahren hat Ulrich Schamaun und seine Frau Christel den Bazar übernommen. Bis 1980 meine Mutter Anna Tönz-Müller das Geschäft weitergeführt hat.» Sie habe damals als 25-Jährige mit ihrer Schwester Elsbeth Berry-Tönz der Mutter häufig ausgeholfen und sich in das Lokal verliebt. 1980 und 1983 seien die Kinder Marc und Roger auf die Welt gekommen und der Bazar habe weiterhin eine wichtige Rolle im Leben der Familie Aebli gespielt, die in der Zwischenzeit auch wieder nach Seewis gezogen war. «2001 habe ich das Inventar meiner Mutter abgekauft und den Laden übernommen. Sie verstarb dann völlig unverhofft fünf Jahre später 73-Jährig.» Auch wenn Käthi Aebli in ihrem Leben mit anderen Tätigkeiten in einer grossen Firma wohl mehr Geld verdient hätte, möchte sie nicht eine Minute ihrer Zeit im Geschäft an der Schlossstrasse 2 missen. «Neben der Freiheit ist es sicher die Wertschätzung der Einheimischen und der Patienten aus der Reha-Klinik, die mich immer wieder dazu bewogen hat, weiter zu machen. Es gibt nicht mehr viele solcher Läden wie der Bazar und genau das wird von den Kundinnen und Kunden sehr geschätzt.» Der Laden im Herzen von Seewis hat aber noch einen ganz anderen, süssen Aspekt, als das Verkaufen von Kleidern. «Viele Kinder aus dem Dorf erleben hier erstmals, wie es ist einzukaufen. Wir haben hier auch einiges an Schleckzeug und sie können hier selber zusammenrechnen, wie viele Gummibärli sie sich leisten können. Es ist eine Art eine Sozialisation und ein Lernen, was in einem grossen Laden vielleicht nicht mehr in diesem Stil möglich ist.»
Chance für neue Generation
Schon immer war das Sortiment vom Bazar bunt durchmischt. Eine wichtige Aufgabe, die der Laden seit ein paar Jahren auch übernimmt, ist das Versenden von Paketen und Briefen. «Auch wenn dieser Service Public nicht unbedingt viel Geld einbringt, ist es doch für ein Dorf wichtig, dass es eine Postanlaufstelle gibt.» Ähnlich sei dies auch mit dem Kur- und Verkehrsverein, der unter dem gleichen Dach beheimatet sei, sagt Aebli. «Wenn uns Touristen Schäden an der Infrastruktur melden, können wir schnell handeln und das unseren treuen Helfern von der Werkgruppe des Kurvereins weiterleiten, was schon noch praktisch ist und in der Regel allen zu Gute kommt.» Trotz aller Liebe für Seewis, die Dorfgemeinschaft, die Gäste und Reha-Patienten merkt Käthi Aebli, dass es langsam einen Generationenwechsel im Bazar braucht. Als 68-Jährige sei es schwierig sechs Tage pro Woche im Geschäft zu stehen und auch der Umstand, dass ihre jahrzehntelange, treue Helferin Anni Müller aufhören wolle, habe sie bewogen, eine Nachfolgerin zu suchen. «Das Arbeiten in der Gemeinde bietet eine grosse Chance. Das habe ich ja auch gemerkt damals, als meine beiden Buben noch klein waren. Auch glaube ich, dass mit selbstgemachten Produkten noch Luft nach oben ist und sich einiges machen lässt.» Es bestehe die Möglichkeit für die Nachfolgerin den Laden und die Kundschaft erstmals für zwei Tage pro Woche kennenzulernen und so langsam in die Materie reinzuwachsen. «Ich suche einfach eine Person, die Herzblut hat und erkennt, wie wichtig der Bazar als Treffpunkt für die Gemeinde ist.» Falls sich niemand melde, sei sie gezwungen im kommenden Frühling einen Totalausverkauf zu machen, was es um jeden Preis zu verhindern gelte. «Ich glaube, das wäre das Allertraurigste in meinem ganzen Leben, wenn ich das machen müsste.» Die Person, welche ebenfalls verhindern möchte, dass 140 Jahre Dorfgeschichte plötzlich verschwinden, kann sich gerne telefonisch unter 081 325 11 95 oder per Mail an k_aeblitoenz@hotmail.com melden.