«…Schonungslos… ahnungslos…» im Soundcheck
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«…Schonungslos… ahnungslos…» im Soundcheck

«Sehr verehrtes Publikum» erklärt der Zuhörerschaft die Welt und übt über ein musikalisch humoristisches Stück harsche Kritik an der Politik. Auf soziale Missstände und Vetternwirtschaft darf durchaus auch mal so sanft und sachlich hingewiesen werden, denn die Lautesten sind nicht immer diejenigen, denen die Leute gerne zuhören. «Wie konnte sowas bloss passieren? Wir wählten Leute mit Manieren.», wie wahr, wie wahr…


Die Pianoballade «Schätzu» ist definitiv zum Dahinschmelzen. In der Strophe erzählt BadSteven von einer Trennung. Gesungen wird dann erst im Refrain und zwar von einer Frau. Das Lied ist voller Melancholie und stimmt einem irgendwie nachdenklich.

Die Abrechnung mit den Gewählten ist noch nicht zu Ende. Denn in «Politik» fährt der Musiker erneut die Krallen aus. Ich mag den Schweizer Akzent bei den Liedern in hochdeutscher Sprache sehr, da er so authentisch daherkommt und die Herkunft nicht vergisst. Eine gelungene Sozialkritik umrahmt von Bossa Nova-Rhythmen, die auch einen Udo Jürgens gepackt hätten.


Ziemlich rockig klingt «De Morge», welcher frisch und mit ziemlich viel Druck nach vorne aus den Boxen schiesst. Ein bisschen Boogie-Woogie und schon sind die Sorgen eines jeden Morgenmuffels wie weggeblasen. Das fetzt!

Beim Lied «Das Geld regiert die Welt» hört man den Weltschmerz und die Ungerechtigkeit der heutigen Zeit in jeder Note. Trotz dieser Nachdenklichkeit, fällt mir vor allem der Abwechslungsreichtum positiv auf. Diese Formation, respektive dieser Sänger scheint keine Genreschubladen zu kennen, was mich total begeistert. Schön!


Das schleppende «Schmollmundia» kritisiert die Beautyindustrie, die mit Produkten und Schönheitsoperationen es immer wieder schafft der Natur rein zu pfuschen. Schon krass, wie wichtig uns äusserliche Aspekte immer noch sind, obwohl doch jeder wissen sollte, dass wahre Schönheit von innen kommt.


«Moral» ist ein wunderbar stampfender Midtempo-Rocker, bei dem badSteven seine ganze Bandbreite an stimmlichen Volumen auspackt und zeigt, welch grossartiger Geschichtenerzähler er ist. Auch wenn die Musik im Hintergrund ein wenig aus der Zeit gefallen klingt, löst sie bei mir irgendwie einen 90er-Flashback aus, der mir sehr zusagt.


Ziemlich witzig und funky klingt der Mundartsong «Girlie Power». Ich mag bei diesem Künstler sehr, dass er je nach Lied entscheidet, ob es nun Hochdeutsch oder Mundart sein soll. Mich dünkts, zu diesem Zumba-Song hat ihn sicherlich seine Tochter inspiriert. Speziell, aber voller Momente zum Schmunzeln.


«Bescheideheit im Härz» ist ein Radiosong par excellence. Mit viel Popappeal erzählt badSteven aus seinem Leben. Seine Freude an den kleinen Dingen und das Feiern des Nichtselbstverständlichen motivieren mich direkt zum Nach- und Umdenken. Wenn wir uns nur nicht immer so schwer täten mit dem Glücklichsein…


«Mensch» ist ein poetisches Stück, welches perfekt zu den anderen sozialkritischen Oden passt. Ich mag die Orchestrierung sehr, da sie den Worten mehr Gewicht einhaucht. Cool!


«Die Frauen und ich» - ist ein Thema, dass wohl jedem Mann früher oder später schlaflose Nächte beschert. Der Sänger phantasiert davon, wie es wäre, wenn er muskulöser, hübscher und allgemein perfekter wäre. Irgendwie witzig. Der grosse Höhepunkt dieses Liedes ist aber definitiv das grandiose Gitarrensolo.


Jugendlich verspielt klingt «Beziehige», welches vom Alltag eines Pärchens erzählt. Dabei werden nicht nur die schönen Zeiten porträtiert, sondern auch erwähnt, was nicht so wahnsinnig gut läuft. Bier und Liebe sind zwei Dinge, die irgendwie nie wirklich gut gemeinsam funktioniert haben…


Musikalisch erneut in die Ferne reist «Der Präsident». Irgendwie erinnert mich dieser Track fast ein wenig an die Musikalität von Patent Ochsner...
Jetzt hat es mir keine Ruhe gelassen und ich habe ihn doch noch gegoogelt. Ja, es ist tatsächlich der eine Sänger von Heimweh, der sich hier von einer ganz anderen Seite zeigt. Spannend!

Schlussfazit:
«…Schonungslos… ahnungslos…» von badSteven ist ein sehr kurzweiliges musikalisches Vergnügen mit Tiefgang. Seine bassige Stimme passt sensationell gut zu den luftigen Melodien und für enorm viel musikalischen Facettenreichtum ist auf dem Longplayer ebenfalls gesorgt. Spannend, wie Stefan Renevey hier kein Blatt vor den Mund nimmt und durchaus auch kritische Worte für die Gesellschaft und ihre überholten Strukturen findet. Schön zu sehen, wie viel Kreativität in dem Musiker steckt und erfrischend, dass er diese weniger kommerziell ausgerichteten Lieder nicht in die Schublade gekippt, sondern herausgebracht hat.

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