Q&W: Kommunikation mit Tiefgang
Als ich vor wenigen Wochen mit Hampa Rest für die am Freitag erscheinende Sendung «Pippia, der Autogrammexperte» gedreht habe, sprach die Bündner Rock’n’Roll-Legende ein interessantes Thema an. Er bemerkte beiläufig, dass er es nicht haben könne, wenn jemand seine Frau Isabel in der Öffentlichkeit einfach nur als «Hampas Frau» betitle. Sie sei eine eigene Person und nicht einfach bloss seine Entourage. Vielfach werde überhaupt ausschliesslich die Person, die auf der Bühne schon im Mittelpunkt stehe, auch nach dem Konzert noch von allen umjubelt und ausgefragt. Dabei gerate häufig in Vergessenheit, dass da im Hintergrund eine ganze Band oder sogar ein grosses Team für die optimalen Bedingungen sorgt und den Act zum Scheinen bringt.
Es ist oft einfacher mit Schubladen
Ich verstand sofort, was Hampa meinte. Während mein Bruder oft als «dr Lehrer» bezeichnet wird, bin ich derjenige in meiner Familie, der von Aussenstehenden häufig als «Dä wo Musig macht» betitelt wird. Diese Etikette macht mir nichts aus, aber sie kratzt einfach sehr an der Oberfläche. Wenn Leute mich nach langer Zeit wiedertreffen, sind eben oft meine musikalischen Ergüsse erinnerungswürdig, da sie diese aus den Lokalmedien kennen. Meine anderen tausend Tätigkeiten bleiben da gerne mal auf der Strecke. Klar, es müssen nicht alle erkennen, wie viel Energie ich habe und wofür ich sie einsetze, aber ich finde, ich bin doch mehr als bloss meine Musik. Stellen Sie sich beispielsweise vor, ich würde plötzlich keine Musik mehr machen… Bin ich dann «Dä, wo Musig gmacht hed»? Oder verschwinde ich dann komplett? Doch genug zu mir und meinen Erstweltproblemchen. Im Verlauf des Drehs erklärte mir Hampa mit einem Schmunzeln auf den Lippen, dass sich das Ganze inzwischen in eine spannende Richtung entwickelt habe. Seit er bei Chili Con Carne Schlagzeug spiele, komme es vor, dass nach dem Konzert ausschliesslich mit Leadsängerin Isa gesprochen werde. Er meinte, jeder Frontmann oder jede Frontfrau sollte die Erfahrung machen, damit man wisse, wie sich die Band fühlt. Er wollte richtig verstanden werden: Es sei auch schön, wenn die Aufmerksamkeit - vor und nach einem Konzert - nicht auf einem laste. Das sei auch echt befreiend. Aber rein das Bewusstsein sei wichtig, dass eine Show immer von allen in einer Band abhänge - vor und hinter den Kulissen. Seit er Schlagzeug spiele, schätze er die Rollen der anderen Musikern auch in den Formationen, bei denen er Leadsänger sei, noch viel mehr. Es gehe um echte Wertschätzung mit Tiefgang.
Floskeln aus der Hölle
Hampas Worte blieben bei mir hängen und irgendwie begegne ich immer wieder Floskeln, welche die Menschen ohne grosse Hintergedanken verwenden. Es ist schon krass, wenn man bedenkt, wie häufig «Alles klar?» oder «Wia gahts?» als Start verwendet werden. Selten folgt auf diese Fragen eine ehrliche Antwort und falls doch, fühlt sich der Fragende häufig völlig überfahren. Sie sind für mich ein Ausdruck von geheucheltem Interesse und oft völlig fehl am Platz. Solche Fragen gehen einfach nicht in die Tiefe und verändern deshalb auch nichts. Man kann das Eis beim Kennenlernen auch auf eine andere Art und Weise brechen, beispielsweise durch ehrliche Fragen zu Musik, Qultur, Essen, etc., die einem aufrichtig interessieren und gleichzeitig auch wirklich etwas über die Person verraten. Falls ausserdem der Fall eintrifft bei dem man merkt, dass man lieber nichts mit der Person zu tun haben will, finde ich es besser gleich gar nicht mit jemandem zu sprechen, anstatt eine aufgesetzte und oberflächliche Konversation ohne Sinn und Zweck zu führen.
Tiefgang oder Abgang
Wir Menschen verwenden viel zu häufig schwammige Fragen, Begriffe und Floskeln, anstatt auf ehrlichen Klartext zu setzen, was mir auch ein Post vom legendären Konzertveranstalter Jonny Gauer in Erinnerung gerufen hat. Er schrieb auf Facebook folgendes: «Ohh wia ich dia Floskla doch liaba ... «Und? Laufts im Cave?» Wenn jeda, wo das froget, würdi verbii cho, denn würdis fantastisch laufa!» Wie es Jonny schon angedeutet hat, sind es meistens nicht seine Gäste, die solchen Stuss von sich geben, sondern eher Menschen, die noch nie einen Fuss in sein Lokal gesetzt haben. Verschafft es solchen «Floskelnschleudern» eigentlich Befriedigung, wenn sie Interesse geheuchelt haben oder wollen sie einfach gerne Menschen scheitern sehen? Beides sind nicht wirklich schöne Dinge, die solche Aussagen vermuten lassen. Solch toxische und schwammige Begriffe oder stichelnde Fragen stiften Unzufriedenheit und Verwirrung, weshalb ich sie praktisch komplett aus meinem Wortschatz gestrichen habe. Wenn ich inzwischen mit jemandem ein Gespräch beginne, garantiere ich der Person gegenüber meine uneingeschränkte Aufmerksamkeit und mein ehrliches Interesse. So erkenne ich auch schnell, ob sich ein Gespräch mit Tiefgang ergibt oder ob mein Gegenüber eher auf oberflächlichen Smalltalk aus ist. Wenn Letztgenanntes der Fall ist, breche ich die Übung meist recht schnell ab und widme mich anderen, wichtigeren Dingen. Durch diese Sortierung und die damit eingehende Klarheit in meinem Leben verschwende ich meine Energie nicht sinnlos mit Oberflächlichkeit und bin mit mir selbst im Reinen.