Nachgefragt bei Snook
Es ist ein wunderbar ruhiges Chorlied, welches von einem Abend am See handelt. Ursprünglich hatte es der Komponist, der bis zu seiner Pensionierung Lehrer war, für seine Schüler in Laax geschrieben.
Anlässlich der diesjährigen Olma, wo Graubünden Gastkanton ist, wurde das Stück in verschiedenen Stilen neu interpretiert. Nun entstand daraus dank kreativen Köpfen Volksmusik, Jodel, Blasmusik, Rap, Hip-Hop, Chorgesang und klassische Musik.
Für die Version im Sprechgesang ist der Bündner Rapper Snook alias Gino Clavuot verantwortlich. Während er auf Indonesien war, wurde er dafür angefragt und hat gleich mit der Arbeit begonnen.
Dazu hat Max Weiss ihm ein paar Fragen gestellt.
Hallo Gino. Kannst Du kurz dem unwissenden Publikum erklären, warum Du als Rapper «Snook» heisst?
Dieser Name hat sich im Verlauf der Zeit von alleine ergeben. Als Kind nannten mich meine Freund Snooky. Als ich mit der Musik anfing, habe ich mir gesagt, dass aus Snooky SNOOK werden könnte. 20 Jahre später habe ich immer noch den gleichen Künstlernamen.
Was lief in Dir ab, als Du von diesem Auftrag erfahren hattest?
Geografisch und gedanklich war ich ganz an einem anderen Ort. Ich war für den Sommer in Indonesien am Surfen, als ich per Telefon für dieses Projekt angefragt wurde. Ich war sofort Feuer und Flamme und habe noch im gleichen Telefongespräch zugesagt.
Und dann? Hast Du den Text geschrieben, oder Beats programmiert und eine Rohfassung aufgenommen? Wie muss man sich das in Indonesien vorstellen?
Das Vorgehen ist bei mir von Song zu Song unterschiedlich. Mal habe ich zuerst eine Textidee, ein anderes Mal zuerst eine Melodie, die ich nicht mehr loswerde. Zur Sicherheit habe ich immer meinen Laptop auf Reisen dabei. So auch in Indonesien. Ich habe mich in meinem Bungalow eingesperrt und nach dem Surfen (um 18.30h ist es schon dunkel) mit der Melodie angefangen. Gegen Mitternacht hatte ich die grobe Komposition und den Refrain beisammen.
Warst Du einfach in den Ferien dort? Würdest Du eine der vielen Inseln speziell empfehlen?
Meine grösste Passion ist das Wellenreiten und Indonesien eignet sich extrem gut dafür. Um generell Ferien in Indonesien machen, empfehle ich Bali. Da kann man super lecker nach dem Yoga frühstücken, am Nachmittag surfen gehen und am Abend nach einem schönen Sonnenuntergang dinieren.
Was machst Du eigentlich sonst so, wenn Du nicht am Mikro stehst? Lebst Du von der Musik? Ich sehe gerade: Im letzten Interview bei Qultur hattest Du gesagt, Du würdest beim Kanton arbeiten. Als Ökonom?
Ich liebe Abwechslung. Neben der Musik, stehen Surfen, Skitouren und Reisen bei mir hoch im Kurs. Tatsächlich bin ich Ökonom und habe Volkswirtschaft an der Uni Zürich studiert. Von der Musik konnte ich sehr gut leben, als ich Student war. Nach dem Studium, war es mir jedoch wichtig, eine gute Balance zwischen der Musik und einem sinnstiftenden Job zu finden. Beim Kanton der super flexibel ist, kann ich diesen Spagat leben. Dort besteht meine Arbeit darin, sicherzustellen, dass vitale Leistungen welche der Kanton erbringt, auch bei Störungen, wie beispielsweise bei einer Pandemie oder einer Strommangellage ausgeführt werden können. Somit befasse ich mich mit Wahrscheinlichkeiten, Katastrophen, Risiken und Matrizen.
Der ursprüngliche Text handelt von Abendfrieden, einem stillen See, von einem letzten Licht am Berge, von Himmel und Sternen. Da ich kaum Rätoromanisch verstehe: Wie nahe bist Du am Text geblieben? Also, «Il Lai» heisst ja wahrscheinlich der See, oder?
Genau, «l Lai» heisst der See. Bei der Komposition und der Melodie, habe ich mich entschieden völlig neue Wege zu gehen. Bei Text habe ich mich hingegen sehr stark auf die Analyse des ursprünglichen Textes fokussiert. Diesen habe ich dann neu interpretiert.
Wovon handelt Dein Text?
Der Text gliedert sich in zwei Ebenen. Die tiefere Ebene behandelt die Geschichte von einem Pärchen, welches einen Abend am See geniesst und sich dabei Gedanken über die gemeinsame Zukunft macht. Dabei war es mir wichtig, durch die Neuinterpretation, Wörter aus dem ursprünglichen Text zu wählen, welche die abendliche Stimmung am See, den Spätherbst, den Kontrast zwischen Licht und Schatten aber auch die schönen Farben beschreiben. Auf der Metaebene hingegen möchte ich beschreiben, wie wichtig eine bewusste Erholung für unseren Geist, Seele und unseren Körper ist. Im hektischen aber auch im urbanen Alltag, vergessen wir sehr schnell, wie gut ein Break für uns ist.
Es ist eher eine zügige Popnummer daraus geworden. Wie nennt man diesen Stil? Oder Du persönlich?
Ich glaube, dass es für diesen Stil keine eindeutige Definition gibt. Auf der einen Seite lag es mir am Herzen durch Popelemente eine hoffnungsvolle Melodie zu komponieren auf der anderen Seite sind meine Wurzeln im Rap kaum zu überhören. Darüber hinaus finde ich momentan auch Tropical House sehr cool. Vielleicht kann man meinen Stil Hip Pop House nennen.
Du singst hier eher, als dass Du rappst. Was waren die Vorgaben? Mach einfach etwas Modernes?
Ha ha ha, nein, Vorgaben habe ich genau zwei erhalten. Der Song soll eine Neuinterpretation von «La sera sper il lag» sein und auf Rumantsch erfolgen. Singen war keine Vorgabe. Ich habe momentan ein starkes Bedürfnis, Sprachgesang in Gesang zu transformieren, aber immer wieder zur rhythmischen Sprache zurückzukehren, wie dies beispielsweise in der zweiten Strophe stark zur Geltung kommt. Dadurch kann ich meine Gefühle noch stärker hervorheben.
Wer ist die weibliche Stimme? Ist das Rezia, Ladina Peer?
Yes, nach unendlich vielen Jahren ist es mir endlich gelungen Rezia wieder für einen gemeinsamen Song zu gewinnen. Rezia hat eine unglaubliche Stimme und hat diesen Song extrem bereichert. Es war so ein cooler gemeinsamer Entstehungsprozess, dass wir gleich nach Abschluss dieses Songs, an weiteren Liedern gearbeitet haben. Es fühlt sich fast schon so an, als hätten wir wieder diesen magischen Flow gefunden, welcher uns schon so viele Jahre verbindet.
Wie viele Sprachen sprichst Du?
Hmmm, da muss ich kurz überlegen. Ich bin mit Rumantsch und Schweizerdeutsch zweisprachig aufgewachsen. Dann kann ich die zwei anderen Landessprachen dazuzählen. Die meiste Literatur während meines Studiums war auf Englisch. Portugiesisch funktioniert dank dem Rumantsch und dem vielen Surfen auch ziemlich gut. In Spanisch kann ich mich zwar nicht so philosophisch intellektuell ausdrücken. Ha ha ha, aber etwas zu Essen konnte ich bis jetzt noch immer bestellen.
Trügt es, oder hast Du Dich von diesen traditionellen, balinesischen Holz-Xylophonen inspirieren lassen? Ich glaube, man nennt sie «Gamelan». Ein Sound auf dem Track klingt fast danach...
Wow, da hast du sehr genau hingehört. Vielen Dank für diese aufmerksame Analyse. Ja, es hat tatsächlich Holzelemente in diesem Song, die mich in Bali inspiriert haben. Ich finde diesen Klang super schön und bin der Meinung, dass eine dezente aber bewusste Platzierung, genau diese Stimmung kreiert, die ich momentan mit meiner Musik vermitteln will.
Die verschiedenen Versionen wurden am 15. Oktober an der Olma uraufgeführt. Welche andere Version hat Dir noch gut gefallen?
Ich bewundre die Energie und Coolness von Domenic Janett an der Klarinette. Giganto ist nicht nur ein guter Freund von mir, sondern durchaus auch als Künstler ernst zu nehmen, der sich für unsere Sprache einsetzt.
Hast Du noch etwas, das Du noch loswerden möchtest?
Ja super gerne freue ich mich zu erwähnen, dass ich noch an so vielen Song arbeite oder in der Pipeline habe, dass euch sicher bis im Sommer 2023 nicht langweilig wird.
Dann herzlichen Dank für
das Interview und viel Erfolg mit dem Titel.