Musikperlen: «Hampas Rockin‘ Kids» (1995)
1995 hatte die Graubündner Kantonalbank, wie auch in diesem Jahr ein grosses Jubiläum zu feiern. 125 Jahre gab es die Bank damals und aus diesem Grund wurde mit der grossen Kelle angerührt und überall im Kanton fanden diverse Festlichkeiten statt. Ich war ein 7-jähriger Junge zu dieser Zeit und besuchte eher zufällig in Landquart ein Konzert. Damals war ich noch voll auf meinem Michael Jackson-Trip. Es gab für mich nicht viele Musik, die mir wirklich was sagte, wenn sie nicht vom King MJ war. Ähnlich wie ich eine Obsession für den King of Pop hatte, hatte damals, wie auch heute noch der Churer Hampa Rest eine Obsession für den anderen King, nämlich den King of Rock’n‘Roll Elvis Presley.
Die Idee eine CD mit vielen Kindern zu machen, fand ich damals schon sehr hip. Schon in jungen Jahren wollte ich auch gerne vor vielen Leuten auf der Bühne stehen und mitwirken bei einer solch grossen Produktion. In diesem Fall war es wahrscheinlich mein Wohnort im Prättigau, der mir ein Bein stellte, sonst wäre ich bei einem solchen Projekt eventuell sogar einfach reingerutscht. Also stand ich als dicklicher Jüngling einfach nur dort, ass ein paar Gummibärchen und hörte gebannt zu, wie die Kids sich gemeinsam mit Hampa die Seele aus dem Leib sangen. Ich bin mir heute nicht mehr ganz sicher, ob die CDs damals verschenkt wurde oder ob meine Mutter jedem von uns eine solche gekauft hat. Wenn ihr jeweils nämlich etwas gefiel, kaufte sie es immer gleich in dreifacher Ausführung. Ausserdem hasste sie Michael Jackson, der damals zum ersten Mal mitten in einem Prozess bezüglich Kindesmisshandlung stand. Ihr war somit jedes Mittel recht, dass ich meine Hörgewohnheiten änderte und nicht mehr angefressener Jackson-Fan war.
So wurde das Konzert in Landquart mein erstes überhaupt und die CD «Hampas Rockin‘ Kids» von Hampa und the Flames und eben dieser chaotischen Meute an Kindern meine erste Regio-CD. Wie lange das her ist, sieht man heute nur schon an der Telefonnummer, die auf der CD aufgedruckt ist, denn bei ihr fehlt eine Zahl. Ausserdem war zu dieser Zeit das legendäre Radio Grischa einer der Medienpartner.
Den Marketingmeister, Musiker und Menschen Hampa Rest lernte ich erst einige Jahre später, so um die 2005/06, durch meinen Kollegen Roman Frigg von den Romacs kennen. Sein Vater war grosser Fan vom «Churer Elvis» und sagte uns von meiner ersten Band Crossbones stets, bei dem könnte man einiges an Performance lernen. Also habe ich ihn mit den Charms einige Male live gesehen und auch kennen gelernt. Ich war grosser Fan der inzwischen leider inexistenten Plattform graubuenden-music.ch. Dort konnten Bündner Künstler ihre Presseartikel zwischenlagern und stiegen so im Ranking auf der Webseite nach oben. So wurde dann über die Jahre hinweg ermittelt, welcher Künstler am meisten in den Medien stattfindet in Graubünden. Ja, medientechnisch habe ich einiges von ihm abgeschaut, dass ich es sogar schaffte mit meinen Nachfolgebands Virus of the Cactus und Godless Creation in unserem Bündner Mikrokosmos zu medialem «Ruhm» zu gelangen. Es ist eigentlich schon verrückt, wie viel eine gute Pressemitteilung ausmacht. Seit Jahren sammle ich ganze Seiten an Artikeln über mich und erfreue mich immer noch wie ein kleines Kind, wenn ein Printmedium eine Story über mich bringt. Durch die starken Inputs von Hampa, der einfach ein angefressener Musikfan ist, waren meine Acts und später auch meine Kompilations jedem Kind in Graubünden geläufig. Die Metalband Godless Creation hatte sogar grosse Geschichten in der legendären High5 Zeitung und die Plattform von Hampa gab mir immer wieder neuen Ansporn weiter zu machen, denn ich wollte damals definitiv der pressewirksamste Musiker in Graubünden werden. In diese Zeit fällt auch meine frisch entdeckte Liebe zum Journalismus, die ich auch ein wenig Hampa zu verdanken habe. Nun ich kann mit guten Gewissen sagen, dass Hampa eine Teilschuld trägt, dass ich nun hier schreibe und seit ein paar Jahren nur noch als Journalist tätig bin. Merci amigo!
Hampa Rest ist ein Querdenker, der es immer wieder schafft, aus kleinen Ideen starke Projekte zu realisieren. Beispielsweise hat er eine wirklich sehenswerte Live-DVD mit den Charms aufgenommen. Diese DVD ist meines Erachtens die einzige richtige Liveveröffentlichung einer Band aus Graubünden. Er schrieb ausserdem ein Buch über’s Überzeugen. Tourt, wenn dann der Virus wieder abklingt mit Chili con Carne und als Luigi Panettone durch die Gegend und ist auch sonst aus dem Bündner Qulturbetrieb kaum mehr wegzudenken. Rest ist ein Vordenker und Gestörter wie ich, mit dem kleinen Unterschied, dass er deutlich weniger Misserfolge als ich zu verbuchen hat. Er ist vor allem im Rock’n’Roll zu Hause, hat aber in den letzten Jahren sein Betätigungsfeld auf den Swing und den Rockabilly ausgebaut. Seine positive Art und Motivation an eine Sache ran zu gehen, brachten mich mit meiner Band Virus of the Cactus 2007 sogar mal zu ihm nach Hause. Wir wollten mehr aus unserem Sound machen und die ganze Sache mit Verträgen, Medienaufmerksamkeit und Grundlegendem regeln. Hampa hatte ein offenes Ohr für uns Newcomer und zeigte uns den Weg von einer kleinen Regioband zum semiprofessionellen Act. Nie wollte er Geld für die Tipps und die Unterstützung, die er uns gab, was ich ihm heute noch hoch anrechne. Hampa ist ein guter Typ, der gerne sein Wissen teilt und selbst von jungen Künstlern profitieren kann.
Die Jahre vergingen, Bands kamen und gingen, doch Hampa Rest war irgendwie immer da. Heute gönne ich ihm jeden Erfolg und vergesse nie, von wem ich pressetechnisch am Meisten gelernt habe. Die erste Ausgabe vom «Musik unterscheidet nicht» hat er quasi konzipiert und enorm bereichert. Die ganze Veranstaltung war magisch und hat mir einige neue Bekanntschaften gebracht, die ich nicht mehr missen möchte. Er hat mir über die Jahre hinweg immer wieder aufgezeigt, wie viel Musik verändern kann und dass man seine Wurzeln nie vergessen sollte. Nicht ohne Grund hat er bis heute sehr treue musikalische Gefährten an seiner Seite, wie ich sie mir nur erträumen kann.
Ein kleiner Traum ging für mich in Erfüllung als Hampa mich 2018 anfragte, ob ich bei einer Benefiznight auftreten möchte mit Chili Con Carne. Ich habe damals nicht eine Sekunde gezögert, sondern sofort zugesagt und mit ihnen im März das GKB-Auditorium gerockt. Ja, Hampa ist eine treue Seele und ich glaube im neuen Verein Graubünden Musik kann er als Helfender im Hintergrund einigen Newcomern zur Seite stehen. Auch wenn er selten eigene Lieder veröffentlicht hat, ist er mit jugendlichem Schalk im Nacken und der unbändigen Freude an der Musik, welche den inzwischen 50-Jährigen immer weiter antreiben, für mich immer ein Vorbild geblieben. Ich hoffe, ich bin in 20 Jahren auch noch so aktiv wie er.
Die CD «Hampa’s Rockin’ Kids» ist für mich auch heute noch lässig zum Hören, da unzählige musikalische Erinnerungen aufblitzen. Das Konzept bekannte Rock’n’Roll Gassenhauer mit kleinen Vokalisten aufzunehmen, ist ein Zeitdokument, eine bleibende Sache und zeugt von einem goldenen Händchen. Auch wenn man viele der Lieder kennt, zum Beispiel «Devil in Disguise», «Lollipop», «Let’s twist again», klingen die Tracks mit den 55 jungen Talenten einfach nochmals ein wenig spezieller und einzigartig. Die Ansagen der Kinder zwischen den Liedern sind wahnsinnig süss und erfrischend. Der Gesang der Kinder ist zum Teil schräg, sorgt aber auch oftmals für Gänsehautmomente und eine Auflockerung. Hier wurde live aufgenommen und ich beame mich jedes Mal zurück an das Konzert in Landquart. Ich denke, dass dies für die Kids, die damals mitgemacht haben sicher recht witzig ist, denn viele von ihnen dürften inzwischen selber Kinder haben.
Eine wirklich runde und stimmige Geschichte, die Hampa hier auf die Beine gestellt hat. Denn Rock’n’Roll kennt keine Altersgrenzen und lebt den Moment. Hier perfekt eingefangen und auf einen Tonträger gebannt. Well done Hampa!