Musikperlen: «Bosetto – That's the way I like it» (1995)
Durch meinen Bruder Matthias kam ich im Jahr 2005 zur Gitarre. Er hatte damals anlässlich seiner Ausbildung zum Primarlehrer sich widerwillig ein Instrument ausgelesen und dementsprechend auch relativ schnell die Freude daran verloren. Ich nahm die Gitarre mit viel Freude an und begann bei Kornelius Bosetto Stunden zu nehmen. In der Fachmittelschule Schiers durften wir einmal wöchentlich gratis in den Musikunterricht und da ich damals beim Schlagzeugspielen einigermassen fit war, entschied ich mich für die Welt der Griffe.
Bosetto und ich verstanden uns schnell sehr gut. Er zeigte mir, wie ich rasch vorankam und liess hin und wieder durch das Anspielen von Mr. Big-Songs aufblitzen, welche Klasse eigentlich in ihm steckt. Von Anfang an waren unsere Gitarrenlektionen mehr ein «Jamen» und nicht ein blosses Nachspielen von irgendwelchen Liedlein. Die zwei Jahre, in denen ich den Unterricht bei ihm besucht habe, vergingen wie im Flug. Er war Mentor meiner schrecklichen Abschlussarbeit «Pop-History writen by me», für welche ich doch noch die Note 5,5 bekam… Sie müssen sich das so vorstellen: Die ersten vier Lieder, die ich überhaupt geschrieben habe, nahm ich direkt bei meinem Kumpel Guitardani in Chur auf ohne mich zu hinterfragen. Wenn ich mir das heute anhöre, schaudert es mich fast ein wenig, wie naiv und schnell zufrieden ich damals gewesen sein muss. Ein einziger Track aus dieser Zeit hat jedoch überlebt und ist auch heute noch bekannt als «Wishless».
Der Gitarrenlehrer Bosetto hatte eine Art an sich, die aus einem das Beste herauskitzeln konnte und das Üben zu einer angenehmen Angelegenheit werden liess. Unglaublich motivierend hielt er immer einen Rat bereit und förderte so meine Kreativität. Kaum vorstellbar, wie mein Weg ausgesehen hätte, wenn ich weiterhin nur Drummer geblieben wäre und nicht auf so einen motivierenden Lehrer. Aus finanziellen, sowie zeitlichen Gründen entschied ich mich dann nach der Fachmittelschule den Unterricht zu unterbrechen und mit den Bands Virus of the Cactus und Godless Creation die Welt zu erobern. Was Sie haben das nicht mitgekriegt? Ist halb so schlimm, denn so richtig geklappt hat es leider nicht.
Hin und wieder sehe ich Coci Bosetto zufällig in Landquart und jedes Mal bekomme ich ein leicht schlechtes Gewissen, da meine akustische Gitarre immer mehr verstaubt und ich anstatt zu üben lieber Texte schreibe. Er ist ein cooler Typ, der stets nachfragt, was ich musikalisch so treibe. Mein Erfolg ist auch immer ein wenig seiner, denn ohne seine Begeisterung und Motivation, wüsste ich nicht, ob Songs wie «Heidi», «Kater», «All around the World» und viele weitere überhaupt möglich gewesen wären. Auch wenn er selber hin und wieder Musik veröffentlicht, hat er nie damit geprahlt oder seine Schüler dazu gedrängt seine CDs zu kaufen. Aus diesem Grund war die CD «That’s the way I like it.» für mich eine grandiose Entdeckung, als ich sie zufällig vor ein paar Jahren im Tolgga Musik Chur fand.
Hören wir rein.
«Never too hard on me» startet mit einer akustischen Gitarre, die wunderschön holzig klingt und die weiche Stimme von Kornelius begleitet. Schnell wandelt sich das Werk in einen groovigen Bluestrack, der in die Beine fährt und sicher zusätzlich ein wenig Schwung in jede Party bringen könnte.
«Guess you believe» ist ein Bluesrocker, der vor allem durch die unterschiedlichen Rhythmen in der Strophe und dem Refrain aufblüht und viel Freude bereitet. Ein klein wenig hört man die 90er raus, was dem Stück jedoch zusätzliche Sympathiepunkte einbringt.
Beim Song «Goddess of love» spürt man wie vernarrt Coci Bosetto in sein Instrument ist, denn neben akustischen Gitarren wird die ruhige Nummer immer wieder mit vereinzelten elektrischen Elementen aufgemischt. Im Repertoire von Hair Metal-Bands wie beispielsweise Poison hätte so eine Nummer ein regelrechter Hit werden können. Doch auch so ist das Lied zauberhaft gefühlvoll und geht direkt ans Herz.
Ein ziemlich cooler Boogie ist «Sometimes I am wondering», der mit viel Druck aus den Boxen geschossen kommt und sofort hängenbleibt. Hier muss mal ein Kränzchen gebunden werden für seine beiden Mitmusiker Urs Nüssli am Bass und Charly Weibel am Schlagzeug. Das Trio weisst ein unheimlich kraftvolles und freudiges Zusammenspiel aus, welches dieses Blues-Rock-Gemisch so unwiderstehlich und fett macht.
«Something’s wrong» hat eine verträumte Gitarrenmelodie in der Strophe, wie sie nur jemand zaubern kann, der eine echte Beziehung zu seinem Instrument hat. Die rockige Hook stellt da ein tolles Kontrastprogramm bereit, welches zu fesseln vermag. Das Gitarrensolo sorgt für einen Gänsehautmoment. Auf das Finale hin wird nochmals richtig Gas gegeben und der Tonträger endet perfekt auf dem Punkt.
Schlussfazit:
«That’s the way I like it» von Bosetto beweist eindrücklich, dass es nicht immer zehn Songs für ein packendes Album braucht. Kurzweilig zeigt der Gitarrenlehrer darauf, in welchen Stilen er sich pudelwohl fühlt und nimmt die Hörerschaft auf ein kurzes Stück des Weges mit. Die Gitarren klingen heute noch frisch und ich würde mir doch wünschen, dass Bosetto häufiger so eine Perle raushaut. Oft ist es so, dass wenn studierte Musiker Tonträger rausbringen, ein wenig die Emotionalität und Tiefe fehlt. Kornelius Bosetto wusste damals schon, dass es nicht die Virtuosität seines Handwerks, sondern die mit einem Lied ausgelösten Bilder sind, welche die Leute bewegen. Angesichts seiner Musikalität und der Motivation, welche er Generationen von Schülerinnen und Schülern mitgegeben hat, hoffe ich nur für ihn, dass er das Rauchen inzwischen ein bisschen reduziert hat und uns noch lange erhalten bleibt.