«Ich habe eine rätoromanische Jugendsprache entwickelt»
Die Geschichte von Parolinis Debüt spiele im
Engadin, im Dorf Samedan, wie die Neuautorin erklärt. «Eines Tages verschwindet
dort Diana Tönet, die Mutter des 15-jährigen Giancarl Tönet und niemand weiss,
wo sie ist. Diese ungewöhnliche Situation beschäftigt das ganze Dorf. Doch
bevor dieser Fall gelöst werden kann, werden die Jugendlichen der Oberstufe
Samedan mit einem anderen Fall konfrontiert. Haben die beiden Fälle etwas
Gemeinsames? Und was hat die Melodie der Geige damit zu tun? Mit diesen Fragen
werden die Leser und Leserinnen bis am Schluss des Buches konfrontiert.»
Endlich Romanisch für die Jugend
Die Geschichte scheint ganz gut anzukommen, wie die zahlreichen Rückmeldungen
von Jugendlichen, aber auch Erwachsenen zeigen. Das schönste Kompliment, dass
sie erhalten habe, sei, dass man ihr Buch nicht mehr weglegen könne, da es so
spannend sei, was sie natürlich sehr gefreut habe. «Schön zu hören war auch,
als mir Leute aus Samedan sagten, dass sie die Orte, die im Krimi beschrieben
werden, wiedererkennen und eigene, persönliche Erinnerungen damit verbinden
können. Immer wieder höre ich auch, dass es toll sei, dass ich auf Romanisch
etwas für die junge Generation geschrieben habe.»
Lust auf Sprache erwecken
Selbstverständlich ist es nicht, dass das Erstlingswerk von Valentina Parolini
in Romanisch geschrieben ist, denn eigentlich ist Italienisch die Muttersprache
der Kreativen. «Romanisch habe ich im Kindergarten gelernt und bin dann
dreisprachig aufgewachsen. Schon als Kind habe ich immer gerne Geschichten auf
Romanisch oder Italienisch geschrieben. Romanisch ist für mich eine
wunderschöne Sprache und ich habe eine enge emotionale Bindung zu ihr. Mit
meinem Krimi wollte ich etwas Besonderes schaffen, um die Schönheit dieser
Sprache auch anderen Menschen weitergeben zu können und vielleicht auch die
Lust zu erwecken, die Sprache zu lernen.» Das funktioniere nur, wenn man den
Jugendlichen auf Augenhöhe begegne und hin und wieder auch Jugendsprache
einfliessen lasse. «Ich beobachte immer gerne meine Schülerinnen und Schüler,
wie sie sprechen, wie sie miteinander umgehen und frage auch nach, wenn mich
etwas speziell interessiert. Diese Beobachtungen habe ich beim Schreiben
einfliessen lassen und so eine Art rätoromanische Jugendsprache entwickelt. Da
haben mir meine Lektoren Elvira Pünchera und Michele Badilatti geholfen. Wir
haben Wörter aus dem Englischen oder aus dem Deutschen ‘romanisiert’, wie zum
Beispiel das Wort ‘to post’ wird auf romanisch ‘poster’.» Mit dem Wortschatz
hatte Parolini nicht wirklich Mühe, da sie mit ihrem Freund täglich Romanisch
spreche. Einzig bei der Rechtschreibung musste sie hin und wieder zu
Hilfsmitteln greifen. «Oft wusste ich nicht mehr genau, wie man gewisse Wörter
schreibt. Das Online-Wörterbuch war somit während des Schreibens immer bereit.
Meine Lektoren haben mir dabei auch sehr geholfen und dank ihnen habe ich sogar
neue Wörter gelernt.»
Es scheint fast ein wenig so, als hätte Valentina Parolini ein gewisses Faible für Krimis, denn nicht nur ihr Buch, sondern auch das Theaterstück «Lottofieber» ist in diesem Genre zuhause. «An Krimis fasziniert mich die Suche nach der Wahrheit, nach Antworten und dass die Leserin oder der Leser bis am Schluss gefesselt wird, man wird wie selbst ein Teil des Geschehens. Das habe ich versucht in meinem Krimi ebenfalls umzusetzen.» Auf der Bühne könne man sie aber durchaus auch in Rollen erleben, die mit Krimis wenig am Hut haben. Sie sei da offen. Auch offen wäre die Autorin für ein weiteres Buch, doch im Moment geniesse sie es, ihren Krimi an den Schulen oder an offiziellen Veranstaltungen wie den Literaturtagen in Domat/Ems vorstellen zu dürfen. «Es kommen mir immer wieder Ideen für eine nächste Geschichte in den Sinn, aber im Moment fehlt mir die Zeit, diese wirklich umzusetzen. Das Schreiben auf Romanisch für die junge Generation gefällt mir aber sehr.» Dann hoffen wir, dass sich bald wieder mal ein Zeitfenster öffnet und Parolini mit ihrem Schreiben weitere Jugendliche für die romanische Sprache begeistern kann. Ein packender Krimi ist wirksamer als andere Fördermassnahmen, die proklamiert werden.