Bild/Illu/Video: zVg.

Nachgefragt bei Marcus Petendi aka «Calandaboi»

Du spielst bei «Polyphone», «Marked with Lipstick» und veröffentlichst jetzt auch noch als Calandaboi auch alleine Musik. Warum?

Bei Marked With Lipstick bin ich bereits letzten Sommer ausgestiegen, da es mir schwer fiel bei zwei Bands aktiv mitzuwirken. Mit Polyphone sind wir bald acht Jahre unterwegs und es war eine enorm wichtige Band und Zeit für mich. In den letzten paar Jahren mussten wir aber feststellen, dass es uns nicht mehr möglich ist, die Band mit so viel Zeit und Herzblut voranzutreiben, wie wir das gerne würden.


Da haben sich einfach zu viele Sachen bei den verschiedenen Musikern verändert, dass es schon rein logistisch extrem schwierig gewesen wäre, regelmässig zu proben. Die Band auf Halbmast nebenher laufen zu lassen, wollte ich auch nicht. Im Gegensatz zu Simon und Valentin war Polyphone mein einziger musikalische Output. Da fiel es mir schwer geduldig und verständnisvoll zu sein, falls die Anderen keine Zeit hatten. Somit haben wir uns beschlossen die Band auf unbestimmte Zeit vorerst aufzulösen. Es gibt noch eine kleine Überraschung dieses Jahr, danach ist aber erstmal Schluss.

Eine neue Band gründen will ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Ein Projekt wie Calandaboi schwebt mir schon länger vor, und nun ist der perfekte Zeitpunkt hierfür.


Deine Kreativität scheint endlos zu sein. Was unternimmst du, dass dir die Ideen nie ausgehen?

Ich denke Ideen gehen den wenigsten Künstlern aus. Das schwierige ist meiner Meinung nach, seine Ideen zu konkretisieren. Da gibt es auch viele Durststrecken. Durch die Zusammenarbeit mit anderen Leuten kriegt man immer wieder neue Impulse, das hilft mir am meisten.


Ein Grossteil deiner Songs sind in englischer Sprache gehalten. Wann gibt's mal wieder ein Lied auf Romanisch?

Ich schreibe immer wieder mal auf Romanisch, bis jetzt war aber noch nichts stark genug, das es Form angenommen hat. Vieleicht arbeite ich bald mal mit einem romanischsprachigem Künstler zusammen. Konkret ist aber noch nichts.


Du bist ursprünglich aus dem Engadin. Wie oft zieht's dich noch zu deinen Wurzeln?

Mein Vater ist Ungare, meine Mutter kommt aus Deutschland. Die Art wie mit Fremdem und Neuem in einem so tief vernetzten Bergtal umgegangen wird, habe ich von klein auf gespürt. Meine Eltern spüren das zum Teil immer noch. Diese Tatsache an sich hat für mich eher eine abstossende Wirkung, obwohl ich die Landschaft in meiner Heimat ab und zu vermisse. Von meinen Kindheitsfreunden leben noch die wenigsten im Engadin, darum zieht es mich, ausser um meine Familie zu besuchen, selten ins Engadin.


In deinem Pressetext steht, dass du gerne mit anderen Musikerinnen und Musikern zusammen arbeitest und offen für neue spannende Projekte bist. Wie viel ziehst du aus solchen Kollaborationen?

Ich habe oftmals eine Idee die mir sehr gefällt, welche ich so weit ausarbeite, bis ich an einen Punkt komme an dem ich nicht mehr weiter weiss. Oftmals ist dann der Impuls einer anderen Person der Funke, der das Ganze voran treibt. Nach dem Polyphone Album hatte ich es satt, dass all meine Ideen sich in die selbe Richtung entwickelten. Ein frisches Paar Ohren bringt einen immer weiter. Vor allem macht es extrem viel Spass.


Eine erster gemeinsamer Track ist mit Olivia Virgolin von «Anatina» / «Modest Wealth» kürzlich erschienen. Wie war die Arbeit mit ihr?

Ich habe Olivia im Rahmen von Chur Unplugged kennengelernt. Ich wollte unbedingt einmal für eine Frauenstimme schreiben, und da war Sie mit Abstand die erste Wahl. Ich fand es ausserdem spannend Ihrer Stimme mal einen Kontext abseits vom Singer/Songwriter-Genre zu bieten. Das Schreiben und Aufnehmen dieses Songs ging extrem leicht von der Hand, war für beide Seiten sicher sehr lehrreich und wir sind mit dem Resultat sehr zufrieden.


Viele deiner musikalischen Gefährten sind schon über ein Jahrzehnt an deiner Seite. Was ist dein Geheimrezept für langjährige Zusammenarbeiten?

Die Konstellation in Polyphone war schon etwas sehr besonderes. Wir sind alle drei sehr unterschiedliche Typen, mit unterschiedlichen Musikgeschmäckern und Ideen. Dadurch wurde es uns nie langweilig. Ausserdem sind wir in erster Linie einfach gute Freunde die gerne miteinander Zeit verbringen. Die Tatsache, dass Simon und Valentin beide immer versierter und vernetzter in verschiedenen Bands wurden, ist sicherlich der Grund wieso unsere Band besser wurde. Andererseits ist es nun auch ein Grund, wieso wir keine

Kapazität mehr haben. Ich bin grundsätzlich für jede Idee offen und lasse mich gerne in andere Richtungen verbiegen, das spart schon viel Ärger.


Mit welchen drei Personen würdest du am liebsten einen Song erarbeiten, wenn du jetzt einfach mal so wünschen könntest?

Hannes Barfuss, Tama Carigiet und Liam Gallagher.


Hast du auf längere Sicht als Calandaboi eine EP oder ein Album geplant oder wird es hier vor allem Veröffentlichungen von einzelnen Songs geben?

Für dieses Jahr sind zwei EP's geplant. Die Situation mit der Pandemie hat den Zeitplan etwas aus der Bahn geworfen, aber der Plan steht immer noch. Der Song «Home» mit Olivia war einfach schon fertig, und meiner Meinung nach eine sehr passende Nummer für die aktuelle Situation.

Themenverwandte Artikel

Nachgefragt bei Martina Linn
Bild/Illu/Video: Tabea Hüberli

Nachgefragt bei Martina Linn

Nachgefragt bei Lukas Bond von Red Queen
Bild/Illu/Video: Christian Ritz

Nachgefragt bei Lukas Bond von Red Queen

Nachgefragt bei Nesta and the Blondes
Bild/Illu/Video: zVg.

Nachgefragt bei Nesta and the Blondes

«Beim Musizieren überlasse ich dem Kind das Steuer.»
Bild/Illu/Video: zVg.

«Beim Musizieren überlasse ich dem Kind das Steuer.»

Empfohlene Artikel