Doris Büchel: «Ich bleibe dem Papier treu.»
«Es war eine grosse Überraschung und ich brauchte einen Moment, um die schöne Nachricht zu verdauen.» So bezeichnet sie den Moment der ersten Reaktion als sie von der Vergabe des Förderpreises der St. Gallischen Kulturstiftung im Frühling erfuhr. Der Preis sei eine wunderbare Anerkennung für die Qualität, welche in Onepage stecke. Bei den ganzen öffentlichen Gratulationen vergisst Büchel aber nie die fleissige Helferlein im Hintergrund zu loben, denn Onepage sei ein Gemeinschaftswerk bei dem viele kreative Köpfe mit viel Herzblut und Leidenschaft mitwirken.
Vom Schreiben zum Verlagswesen
Die Faszination für das Schreiben wurde bei der 48-jährigen Buchserin schon früh geweckt. Bereits nach den ersten Lehrjahren im Lokaljournalismus wusste sie, dass sie nicht nur ihren Beruf, sondern auch ihre Passion gefunden hatte, welche sich durch ihr ganzes Leben ziehen würde. Der Schritt in die Selbstständigkeit vor ein paar Jahren ermöglichte ihr dann einen grösseren Spielraum und Freiheiten, sich in den verschiedensten Textsorten auszuprobieren. «Ich verdiene mein Geld nach wie vor mit meiner Schreiberei. Nur bin ich jetzt halt auch noch Herausgeberin meines eigenen Magazins, so kann ich mein verdientes Geld gleich wieder investieren.» erklärt die Querdenkerin lachend. Doch ein eigenes Magazin auf die Beine zu stellen, sei auch immer eine grosse Herausforderung, die sie animiere immer wieder Neues zu erlernen in den Bereichen Marketing, Vertrieb, Werbung, Grafikdesign, Typografie, Papiersorten, sowie verschiedener Drucktechniken. «Ich kalkuliere, entscheide, organisiere, plane – das alles ist höchst spannend. Am besten aber sind die persönlichen Begegnungen mit den Autorinnen und Autoren, Gestalterinnen und Gestaltern, den Druckern – mir eröffnen sich da neue Welten. Das alles ist ein grosses Vergnügen.» Der mit 10‘000 Franken dotierte Förderpreis biete ihr jetzt ein wenig Luft für Kreativität, denn die Finanzbeschaffung nehme normalerweise einiges an Energie und Zeit in Anspruch.
Mit Onepage einen Nerv getroffen
Das Magazin Onepage, welches fünf Mal pro Jahr als ausklappbares A1-Poster erschient, scheint bei den Menschen in und ausserhalb der Region gut anzukommen. So seien die Rückmeldungen nicht nur vom Amt für Kultur St.Gallen, sondern auch von den zahlreichen Leserinnen und Lesern grandios. Büchel erhalte immer wieder interessante Anekdoten von ihrer Leserschaft übermittelt, welche zeigen würden, dass sie mit ihrer Idee auf das richtige Pferd gesetzt habe und die Faszination des «in Texte eintauchen» auch beim Publikum aufgehe. Eine Mutter wollte beispielsweise die erste Onepage-Edition in der Toilette aufhängen und mit der Zeit durch die jeweiligen neuen Ausgaben ersetzten. Diesem Plan machte ihr Kind einen Strich durch die Rechnung, da es mit dem Lesen selbst noch nicht fertig war, weshalb an ihrem stillen Örtchen noch heute die erste Ausgabe an der Wand hängt. Immer wieder schön sei es für Büchel Menschen auf den Geschmack des Lesens zu bringen. So habe ihr ein Abonnent einmal erzählt, er sei absolut keine Leseratte, er geniesse dafür Onepage einfach visuell als Plakat. Mittlerweile erhalte sie von ihm immer eine Nachricht, wenn er in einem ruhigen Moment die literarischen oder essayistischen Texte und Gedichte gelesen habe, weil er doch noch auf den Geschmack gekommen sei. Einige sagen, sie hätten durch Onepage den Zugang zur Lyrik gefunden. Das seien jeweils die schönsten Komplimente, die man ihr machen könne.
Weiterhin eine Fänin von analogen Techniken
Doris Büchel schreibt nicht nur, sie liest auch gerne und viel. Auf ihrem Nachttisch in Triesenberg liegen aktuell gleich drei Bücher, nämlich der neue Gedichtband «Gletscherstück» der Aarauer Lyrikerin Nathalie Schmid, der Reclam «Der Tod des Iwan Iljitsch» von Leo Tolstoi und «Was das Leben kostet» der britischen Schriftstellerin Deborah Levy. Neben den Geschichten der Onepage Autorinnen und Autoren lassen vor allem die Bücher von Arno Camenisch ihr Herz aufblühen. Auch wenn die freischaffende Schreiberin durch ihre Liebe zu den Büchern oftmals logistischen Problemen begegnet, auf einen Ebook-Reader umzusteigen sei für sie keine echte Option. «Ich schleppe immer noch Bücher mit in die Ferien. Mir gefällt das. Vor allem, wenn ich noch Wochen nach den Ferien Sand, Gras oder ein altes Zugbillet zwischen den Seiten finde. Solange mir dies mit einem Ebook Reader nicht passiert, bleibe ich bei Papier.» Dass sie gerne in der heutigen schnelllebigen Zeit in Nostalgie eintaucht und ihr Leben den Buchstaben auf echtem Papier verschrieben hat, zeigt auch ein Blick in ihre sieben Stück umfassende Schreibmaschinensammlung. Am liebsten sind ihr die kleinen Reiseschreibmaschinen, wie die Hermes Baby oder die Olivetti Lettera 22. Dies seien feine Maschinen aus den 1950er- und 60er-Jahren, welche sie täglich nutze. Einzig ihre Auftragsarbeiten schreibe Büchel auf dem Laptop. Ob sie auf einer dieser Geräte bald vielleicht einmal ein eigenes Buch verfasst, stehe aktuell noch in den Sternen. Oberste Priorität sei für sie aktuell ihr Baby Onepage und das Weiterentwickeln der eigenen Schreiberei, denn in diesem Bereich «keime» es aktuell ziemlich.