«Die Musikschule ist ein bisschen wie mein Baby»
Bild/Illu/Video: Christian Imhof

«Die Musikschule ist ein bisschen wie mein Baby»

«Ich erinnere mich noch gut, wie mir Rolf Rauber bei der Vertragsunterzeichnung einen Ordner überreichte», erzählt Dieter Walser. «Er sagte mir, dass diese kleine Sammlung aus handgeschriebenen Verträgen und Notizen alles ist, was es zur Musikschule Prättigau gibt und dass ich freien Spielraum hätte, daraus etwas zu machen.» Der besagte Moment war im Jahr 1990 und man darf mit gutem Gewissen behaupten, dass Walser wirklich etwas aus dem Projekt gemacht hat. «Es ist schön zu sehen, dass die Musikschule heute auf einer Stufe mit der Volksschule steht, was nicht immer so war.» Trotz der drei Jahrzehnte, in denen er diese Entwicklung massgeben vorangetrieben hat, kennt Dieter Walser keine Ermüdungserscheinungen. «Ich habe dank dieser Tätigkeit gelernt, mit gesellschaftlichen Veränderungen umzugehen, zudem ist die Musikschule ein bisschen wie mein Baby.»

Eine familiäre Erfolgsgeschichte
Früher sei es oft so gewesen, dass im Prättigau schlechtere Löhne an die Musiklehrer:innen bezahlt worden seien, als vor der Chlus. Diesen Umstand wollte Walser unbedingt ändern. «Wir haben dann damit begonnen Eigenproduktionen auf die Beine zu stellen, die dem Lehrpersonal eine zusätzliche Verdienstmöglichkeit garantierte. Zudem haben wir 2002 eine enge Zusammenarbeit mit einer schwedischen Musikschule gestartet, was immer wieder zu Projektwochen in Schweden führt. So können wir vielleicht nicht die hohen Löhne wie im Unterland zahlen, aber trotzdem einen Mehrwert für die Angestellten generieren.» Sie seien ein bisschen wie eine grosse Familie, die Musikschule und dass viele der Lehrpersonen langjährig dabei seien, sei ein Zeichen, dass sie doch einige Sachen richtig gemacht hätten. «Es ist häufig wirklich so, dass Lehrerinnen und Lehrer bei uns erst aufhören, wenn sie pensioniert werden. Diese Treue macht mich schon ein wenig stolz.» Ebenfalls ein Kränzchen binden kann sich Walser für die vielen Produktionen in den vergangenen 30 Jahren, denn nicht eine davon war defizitär. «Es geht meistens so gut auf, da wir allen Gewinn ins nächste Projekt stecken. Dadurch sind wir in einer guten Ausgangslage und müssen nicht wieder bei null starten.»

Verpflichten ist schwierig
Eines dieser Projekte, die davon profitieren können ist das Musical «What now, Nuns?», welche die vom Film «Sister Act II» inspirierte Geschichte nun zu Ende erzählt. Auch wenn bisher beim Beantworten der Fragen regelmässig ein Lachen über Walsers Lippen gehuscht ist, merkt man bei diesem Thema sofort, dass hier ein Zwischentief aufzieht. Dies ist nicht nur wegen der Gewissheit, dass dies wohl sein letzter grosser Wurf mit der Musikschule sein wird, sondern auch, weil sich die Besetzung der Darsteller als alles andere als einfach erwiesen hat. «In der heutigen Zeit ist es schwierig für Jugendliche sich über längere Zeit zu verpflichten. Es gibt ein Überangebot an Möglichkeiten und wirklich die ‘angefressenen’ Musikbegeisterten zu finden, wird immer schwieriger. Ich würde allgemein sagen, dass nur noch 30 Prozent der Jugendlichen nur das Instrument im Kopf haben, bei den anderen ist die Musik einfach eine weitere Freizeitbeschäftigung. Das ist aber auch völlig in Ordnung, wie ich finde.» Er habe durchaus Verständnis für die jungen Geister, die möglichst viel von der Welt aufsaugen wollen, doch im Cast von einem Musical zu sein, bringe ein halbes Jahr Proben mit sich und eben nicht nur das Vergnügen eine Woche Ferien in Schweden zu machen.


Qualitäten hervorheben
Dieter Walser ist mit seinem Werdegang, der Hand in Hand mit der Musikschule Prättigau geht, mehr als zufrieden. Auch wenn er hin und wieder Stücke geschrieben habe, sehe er sich nicht als Komponist, sondern viel mehr als Arrangeur. «Ich arrangiere für mein Leben gerne für Personen, die ich gut kenne. So habe ich nämlich die Möglichkeit, sie im besten Licht zu präsentieren.» Dass bei ihm vor allem das Miteinander im Zentrum steht, zeigt sich auch immer wieder darin, dass er die Musikschul-Lehrerinnen und Lehrer laufend lobt und weiss, dass der Erfolg der Geschichte von mehreren Schultern mitgetragen wird. Die Konstanz beim Lehrkörper und dessen Bereitschaft die Extrameile zu gehen, mache den Erfolg der Schule aus. «Sie haben während Corona wirklich viel geleistet und von dem können wir heute noch zerren. Im ersten Jahr hatten wir 36 neue, im zweiten Jahr weitere 20 neue Schülerinnen und Schüler, was wirklich schön ist.» Die Begeisterung von Walser und den anderen engagierten Unterrichtenden für die Musik ist ungebrochen. Dass sie sogar noch auf die Jugend überschwappt, ist schön und elementar für das Prättigau. Denn ganz ohne Musik wäre es wohl doch ein bisschen zu ruhig bei «ünsch».

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