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Der Stille standhalten

Dr. Markward Hain ist ein Protagonist, der der Welt meist lächelnd begegnet, allerdings verbirgt eine verspiegelte Brille, in welche Richtung dieses Lächeln zu deuten sein könnte. Er unterrichtet Deutsch als Fremdsprache und schlägt sich mit dürftigen Lehrtätigkeiten auf Honorarbasis durch, «einem Gerücht zufolge verdiente die Putzfrau mehr als die Lehrkräfte» der Sprachschule. Wir folgen mit U-Bahn und Bus dem weder alten noch jungen Doktor der Philosophie, an dem selbst dunkelblaue Kleidung «karnevalesk» wirkt, in eine gemütlich eingerichtete Form erfundener Einsamkeit in eine winzig anmutende Wohnung: «Er lebte weit ausserhalb der Stadt in Waidburg, einem kleinen Ort, der sich rühmte, der höchstgelegene in dem Mittelgebirge zu sein, das ihn umgab.» Dr. Hain gefällt das Leben auf kleinstem, augenscheinlich gut durchorganisiertem Raum, in welchem er sich seinen Studien, gesammelt in einer Datenbank für alphabethisch organisierte Zitate und einem Journal, das kein Tagebuch oder gar Logbuch ist, widmen kann.


Der Roman ist von einer vibrierenden, unbenennbaren, aber konstant spürbaren Spannung durchzogen, der im Rezeptionsprozess ebenfalls standgehalten werden muss. Als Leser erwartet man jeden Augenblick, dass die Stille (auch hier erscheinen uns verschiedene Formen der Stille; natürliche, widernatürliche, übernatürlich schöne und künstlich erzwungene), die den Hain umgibt, jäh und unwiderruflich gebrochen wird. So geschieht es dann auch mit dem plötzlichen Tod von Tante Hildegard, der einzigen Verwandten in seiner Nähe, und der Begegnung mit der psychisch instabilen Installationskünstlerin Isabel Fastabend.


«‹Wie dem auch sei›, sagte Dr. Hain und durchbrach damit tiefes Schweigen, ‹lassen wir Englisch in Zukunft außen vor – letʼs speak German!› Niemand lachte.»


Arno Dahmer lebt in Mainz und verbindet in seiner Literatur Ernst mit Satire zu einer Poetik, die das Leben selbst zu schreiben scheint. Er schreibt Erzählungen und Prosastücke, die in zahlreichen Anthologien und Zeitschriften veröffentlicht sind. In seinem Blog beschäftigt er sich mit deutschsprachiger Literatur. «Ein Mythos von mir» erscheint am 30. Mai bei kul-ja! publishing. Mehr dazu gibt's hier.


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Julia Kulewatz ist studierte Literaturwissenschaftlerin, Autorin und unabhängige Verlegerin im Herzen Deutschlands. Sie unterrichtet Kreatives Schreiben und löst Schreibblockaden an Universitäten und anderen Einrichtungen.

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