Der Ringier-Skandal wird immer mehr zur Staatsaffäre
Das «Massnahmenpaket zugunsten der Medien», das am 13. Februar zur Abstimmung kommt, wird seit dem neuesten Ringier-Skandal doppelt fragwürdig. Man weiss heute, dass Konzernchef Marc Walder seinen Redaktionen in Sachen Corona weltweit Regierungstreue aufzwang. Walder sagte im Februar 2021 in einer Videokonferenz gegenüber der Schweizerischen Management-Gesellschaft: «Wir haben in allen Ländern, wo wir tätig sind, […] auf meine Initiative hin, gesagt: Wir wollen die Regierung unterstützen durch unsere mediale Berichterstattung, dass wir alle gut durch die (Corona-) Krise kommen.»
Journalistischer Irrweg
Dazu schrieb die NZZ am 3. Januar 2022: «Die Vorstellung, aus Corona ein
Spezialthema zu machen, bei dem die journalistischen Prinzipien nicht gelten,
ist ein Irrweg». Und der Tages-Anzeiger kommentierte am 4. Januar: Ringiers
journalistisches Verständnis sei «Gift für die Demokratie» und untergrabe die
Glaubwürdigkeit der Medien. Das ist definitiv so, denn Walders Aussagen
belegen, dass sein Haus zumindest bei Corona – und wo sonst noch? – faktisch
keinen Journalismus macht, sondern das Sprachrohr von Bundesbern ist.
Woher bekam Ringier 150'000 Masken?
Genauso bedenklich ist, wie der Ringier-CEO seine journalistische
«Bankrotterklärung» (NZZ) als Corona-Musterknabe schönreden wollte. Er führte
aus: «Wir haben jedem unserer 3'000 Mitarbeiter eine Schachtel mit Masken
geschenkt, als diese noch Mangelware waren.» Da fragt man sich: Woher bekam
Ringier 150'000 Masken, als diese «Mangelware waren»? Etwa von seinem Freund
Alain Berset? Also von jenem Mann, den Ringier mit dessen Fremdgeher-Affäre bis
zum Geht-nicht-mehr schützte und den er kürzlich in seinem neuen Heft
«Interview» – inmitten einer gesellschaftlichen Krise – faktisch als Hampelmann
in Pyjama-artigem Anzug mit Fasnachtshütlein auftreten liess? (Siehe Titelbild
und nachfolgende Fotos) Bei so viel Kumpanei, bei der ein Magistrat für seinen
Freund auch noch seine Amtswürde versenkt, wird einem schlecht.
Aus Journalisten werden Marionetten
In der NZZ verkündete der Ringier-Chef, der mit dem von ihm gelenkten
Milliarden-Konzern nach Bundes-Subventionen lechzt und gleichzeitig jährlich
rund 100 Millionen Gewinn macht, weiter: «In unserem Code of Conduct
(übersetzt: Verhaltenskodex) steht klar, dass die Redaktionen erstens die
Hoheit über die Berichterstattung haben und zweitens auch die publizistische
Verantwortung dafür tragen.» Das sind Fake-News, die durch das beschriebene
Video als solche belegt sind: Wer seinen Journalisten diktiert, wie sie zu
schreiben haben, entmündigt sie. Ringiers Redaktionen haben eben gerade nicht
die «Hoheit» über ihre Arbeit. Chef Walder hat diese und macht seine
Angestellten damit zu Marionetten.
Unerträgliche Komplizenschaft
Die Verbrüderung von Staat und Medien ist bedenklich, und, ja, «Gift für die
Demokratie». Im Internet greifen sich die Menschen an den Kopf. Leserinnen und
Leser fühlen sich betrogen. Und all jene, die den Medien nicht mehr trauen,
fühlen sich darin bestätigt.
Ich setze mich seit Jahren gegen das unsägliche,
diskriminierende und Steuergeld verschwendende Mediengesetz ein, über das am
13. Februar abgestimmt wird. Die Medien mit Steuergeld noch näher an den Staat
zu binden, beschädigt unsere Demokratie. Und Millionäre, Milliardäre und
Aktionäre zu subventionieren, ist tief befremdend.
Der Weg zur Staatsaffäre
Politiker, Parlamentarier und Verleger, die nach dem Ringier-Skandal immer
noch für das «Massnahmenpaket zugunsten der Medien» weibeln, werden
Unverständnis ernten. Man darf also gespannt darauf sein, wie Medienministerin
Simonetta Sommaruga es am 21. Januar in der «Arena» argumentiert, weshalb die
Steuerzahler steinreichen Medienkonzernen und begüterten Verlegern jedes Jahr
Millionen zuschieben sollen.
Noch schlimmer wird alles, wenn man weiss, dass die Hunderten von Subventions-Millionen nicht den Kleinverlagen, sondern zu rund 70 Prozent den Grossverlegern des Landes zufliessen würden. (Siehe Artikel Faktencheck Frau Bundesrätin)
Die Ringier-Skandal wird – inklusive Bersets Pyjama-Auftritt in Walders farbigen Illustrierten – immer mehr auch zur Staatsaffäre.