«Zämehäbe» im Soundcheck
Auf leisen Sohlen beginnt das Album mit der Ballade «Zämehäbe». Schnell macht sich eine umarmende Atmosphäre breit, die keine Grenzen zu kennen scheint und einem ein Gefühl von Geborgenheit vermittelt. Das Lied passt perfekt zur Pandemie und der damit verbundenen räumlichen Distanz. Es ist ein wärmender Einstieg in das Werk, welcher in der aktuell schwierigen Zeit sicher vielen Menschen Hoffnung schenkt.
«Gletscheraugä» ist ein Lied mit viel Popappeal und erzählt eine Liebesgeschichte direkt aus der schönen Schweiz. Ich fühle mich fast ein wenig an «Alperose» erinnert und doch verleihen Heimweh ihrem Lied einen ganz eigenen Charme. Auch bei dieser Geschichte gibt es kein glückliches Ende, aber immerhin haben die ganzen Bergflöhe, die diesen Sommer Ferien zu Hause geniessen, eine neue Hymne, die sie beim Wandern johlen können. Durch die grandiose Melodie fährt das Lied federleicht unter die Haut und durch den malerischen Text erreicht es rasch das Herz, wo es sich bereits nach dem ersten Hören einnistet.
«Verruckti Wält» ist ein Liebeslied, welches von den starken Chorstimmen der Herren getragen wird. Die Formation Heimweh hat schon eine unglaubliche Urgewalt, die bei diesem Lied komplett ohne Instrumente sehr gut zur Geltung kommt. Eindrücklich!
«Elisabeth» ist ein tröstendes Lied, welches sicher in Kürze zu einem Volkslied aufsteigen könnte. Schön, wie hier darauf hingewiesen wird, dass die heutige Gesellschaft wieder ein wenig mehr Sorge zu den älteren Personen halten sollte. Nicht selten gehen nämlich imposante Anekdoten und Werte verloren, wenn diese Personen nicht mehr sind… Also los, wieder mal das Telefon in die Hand nehmen und heute noch die Grosseltern anrufen, da haben sie bestimmt ziemlich viel Freude.
«Ich glaibä dra» ist in schönstem Innerschweizer Dialekt vorgetragen und handelt von einer sehr positiven und optimistischen Zukunftsvision. Die nachdenkliche Nummer animiert auf jeden Fall dazu, wieder mehr miteinander anstatt gegeneinander zu werken. Es fühlt sich nämlich praktisch alles besser an, wenn man es gemeinsam erreicht hat.
Das wundervoll lüpfige Lied «Betrunkä vor Liäbi» ist eine lustige Partynummer, die ich von Heimweh in dieser Form nicht wirklich erwartet hätte. Es ist eine angenehme Zwischennote auf dem bisher eher ruhigen Longplayer. Obwohl das Thema ein eher positives ist, schwingt zwischen den Tönen eine gewisse Melancholie mit, die vermuten lässt, dass die Liebe am Schluss wohl doch nicht erwidert worden ist…
«Ds letschtä Lied» ist eine verträumte Nummer, die auf einer Kilbi mitten in der Nacht spielt. Markant ist dabei die tiefe Stimme, die wie ich es glaube, dem blonden Sänger Ralph gehört. Sein Organ verleiht dem Lied eine ganz eigene charakteristische Note, die ich sehr mag. Es ist ein Abschiedslied, welches die grosse Liebe zelebriert und aufzeigt, dass es sich immer lohnt zu seinem Partner Sorge zu halten.
Wow, «Ohni di» ist ein melodiöser Radiohit, der sich von den ersten Klängen an sofort im Ohr festsetzt und dort wohl noch lange nachhallen wird. Das herzige Liebeslied funktioniert und lädt direkt zum Mitsingen ein. Das wäre meiner Meinung nach, auch noch ein Kandidat für ein Musikvideo.
Auf «Lied vo dä Bärge» kommen Fans von volkstümlicher Musik auf ihre Kosten, denn das Lied verbindet traditionellen Jodel mit moderner Popmusik. Diese typischen Heimweh-Mischung geht ziemlich unter die Haut und zeigt, dass die gestandenen Herren sehr genau wissen, welche Töne sie treffen müssen, um bei ihrer Anhängerschaft auf Begeisterung zu stossen.
Das Abschlusslied «Lindebäum» tröpfelt langsam aus den Boxen und erzählt die Geschichte von einer Linde, die in den vergangenen hundert Jahren viel gesehen haben muss. Nochmals werden die hohen Chöre ausgepackt und der Dialekt schleudert mich direkt zurück in meine Kindheit, denn «Huis» ist so ein typischer Ausdruck, den meine Verwandten aus dem Kanton Uri häufig verwendet haben.
Schlussfazit:
Die CD «Zämehäbe» von Heimweh ist wie eine Oase der Ruhe in der aktuell stürmischen Zeit. 10 Lieder lang kann die Hörerschaft eintauchen in eine heile Welt, in der noch aufeinander geschaut wird und das grosse Glück im Kleinen zu finden ist. Der Chor verbreitet viel Hoffnung, was wir alle seit der Pandemie dringend nötig haben. Auf dem Vorgänger «Ärdeschön» gab es Gäste und zum Teil recht schnelle Nummern, auf dem neuen Werk kommen hingegen eher sanftere Klänge zum Zug. Die Geschichten mitten aus dem Leben, untermalt mit minimalistischer musikalischer Begleitung gehen auch so direkt unter die Haut und schenken in den nächsten Monaten sicher einigen Menschen Trost und Zuversicht. Die Platte stimmt einem positiv und sie lässt eigentlich nur eine einzige Frage offen: Woher nimmt Schlunegger nur immer seine Ideen?