Tödliche Lust (Kurzgeschichte)
Bild/Illu/Video: Lucas J. Fritz

Tödliche Lust (Kurzgeschichte)

Den Mord, den er nun plante, tat er kaltblütig und ohne Zweifel an der Richtigkeit dieser Tat. Viggo war zuversichtlich damit davonzukommen und plante wochenlang den Mord bis ins kleinste Detail. Seine Frau würde er gleich auch noch umbringen, sie hatte ihn schon genug oft betrogen, er fand jetzt war genug. Genug Spielerein und Heimlichtuerei, genug Lügen und Betrug. Viggo reichte es. Nur, so wurde er sich bewusst, durften sein Wiedersacher und seine Frau nicht gemeinsam tot aufgefunden werden. Er wäre sonst der Tatverdächtige Nummer eins. Entweder musste der eine Mord nach dem anderen geschehen, was riskant war, weil es den verbliebenen Menschen gewarnt hätte oder aber der Doppelmord würde an einem so abgelegenen Ort durchgeführt, dass er beide Leichen in Ruhe an unterschiedlichen Orten entsorgen könnte.


Es vergingen einige Wochen in denen Viggo akribisch die beiden Morde plante. Ob er wohl damit durchkäme, fragte er sich. Was wenn die Polizei ihn im Nachhinein erwischte? Würde er freiwillig ins Gefängnis gehen und jahrelang auf seine Hinrichtung warten? Vor zwanzig Jahren hatte Viggo einmal eine einzige Nacht in einer Zelle verbracht, weil er betrunken gewesen war und einige nächtliche Spaziergänger offenbar belästigt hatte. Seitdem wünschte er sich nie mehr auch nur einen Fuss ins Gefängnis zu setzen. Selbst wenn sein eigener Vater hinter Gitter gebracht werden würde, wegen seiner ständigen Betrügereien. Er hatte seinem Vater klargemacht, dass er, Viggo, ihn nicht besuchen würde, sollte er einmal im Gefängnis landen. Nun war es der Sohn, dem Gefängnis drohte, wenn er sich erwischen liess. Was wohl sein Vater dazu sagen würde, dachte sich Viggo. Er würde sich selbst an der Stelle des Vaters nicht besuchen, nicht aus Boshaftigkeit oder dergleichen, einfach weil Viggo es schlicht und einfach verdiente. Aber aber, dachte sich der mordgelüstende Ehemann nun, wozu diese Gedanken um das Gefängnis? Ich sollte mir viel besser Gedanken über meine Taten machen, damit ich mir gar nicht erst den Gedanken um das Gefängnis und meine eigene Hinrichtung machen muss. Viggo wusste mittlerweile, wo sich seine Frau und ihr Geliebter trafen. Er wusste, um welche Zeit sie ganz alleine waren und er wusste auch, welchen Weg er zu dem Ort nehmen musste, um völlig ungesehen zu bleiben. So wachte er dann eines schönen morgens auf und wusste, dass seine Frau und ihr Geliebter keinen weiteren Morgen mehr erleben würden.


Viggo zog sich an, setzte Wasser für Tee auf und putzte noch ein letztes Mal die beiden Waffen, die er für die beiden Morde gebrauchen würde. Beide Waffen hatte er bei zwei verschiedenen Händlern fern von hier gekauft ohne dass sie auf seinen Namen registriert worden waren. Ihre Seriennummern waren fein säuberlich weggeschliffen worden. Vielleicht wurden die Pistolen heute nicht zum ersten Mal für einen Mord benutzt. Wer weiss wie oft eine Waffe bereits getötet hatte. Ohne diesen Gedanken gross Gehör zu schenken hatte er sich die dünnen Handschuhe angezogen, reinigte nun die Walther PPK und die Glock 19. Als er damit fertig war, trank er seinen Tee, zog den nagelneuen weissen Leinenanzug an und setzte sich in den neuen Wagen. Er fuhr zum Hafen, um dort mit einem Sportboot, das er vor einigen Wochen gestohlen hatte hinaus aufs Meer zu fahren. Gemächlich glitt er mit seinem Boot durch die Bucht zum Strandhaus wo seine Frau sich heute mit Alexander, ihrem Liebhaber treffen würde. Bevor er anlegte, sah er sich durch das Fernglas nochmals die Umgebung des Hauses an, und stellte sicher, dass niemand in der Nähe war. Würde jemand die Schüsse hören und zum Haus laufen, so musste er diese Person ebenfalls kaltmachen, dessen war er sich bewusst. So setzte Viggo einige Meter vor dem Ufer Anker und watete mit hochgezogenen Anzughosen und nackten Füssen durch das seichte warme Meerwasser. Das Boot lag so, dass es vom Schlafzimmer und dem Eingang des Hauses nicht gesehen werden konnte. Um diese Zeit waren der Liebhaber und seine Frau bestimmt noch nicht im Haus, und wenn, dann hatten sie ihn und das Boot offensichtlich nicht gehört, sonst wären sie auf die Terasse getreten. Im Gehen sah er sich um, suchte die unmittelbare Umgebung nach Gesichtern ab und zog sich im Gehen die Handschuhe an. Die Walther sass mit sieben Schuss im Magazin sicher in seiner vorderen linken Hosentasche. Den Liebhaber würde er mit Links erschiessen. Die Glock hatte er zwischen den Gürtel und die Hose bei seinem Gesäss geklemt. Auf dem geteerten Vorplatz des Hauses klopfte er sich den Sand von den Hosenbeinen und den Schuhen. Dann ging er zur Eingangstüre des Hauses, zog den nachgemachten Schlüssel hervor und betrat das Haus, als wäre es sein eigenes. Viele Male bereits war er in diesem Haus gewesen und hatte sich Gedanken darüber gemacht, wo er die beiden erschiessen würde. Er horchte kurz in die Stille hinein und war sich sicher, dass sich niemand im Haus befand. Er schloss hinter sich die Türe und drehte den Schlüssel zweimal um. Als er jedes Zimmer nach Menschen abgesucht hatte, war er sich dessen zu einhundert Prozent sicher. Mit boshafter Vorfreude postierte er sich im Sessel eines Raumes, den die beiden bestimmt nicht betreten würden und wartete ab. So wie er die beiden kannte, würden sie sich sofort ins Schlafzimmer begeben und ihre Spiele miteinander treiben. Es widerte ihn an solche Dinge zu denken.


Er rauchte eine Zigarette um die andere am offenen Fenster, sodass der Rauch nicht ins Haus zog. Es war warm und er schwitzte ein wenig in seinem neuen Anzug. Aus Langeweile schlenderte er zeitweise durch die Zimmer, betrachtete die Möblierung und überlegte für sich selbst, ob er etwas ähnliches für sein eigenes Haus vielleicht würde kaufen wollen. Schliesslich setzte er sich wieder in den Sessel. Stunden später hörte Viggo ein Auto vorfahren und hörte wie die Türe aufgeschlossen wurde. Heute oder nie. Er atmete ruhig tief ein und aus, sein Herz klopfte, von seiner Kaltblütigkeit war keine Spur mehr. Seine Frau und ihr Liebhaber betraten das Haus. «Ach Alex, lass uns direkt aufs Schlafzimmer gehen, ich will dich. Und zwar jetzt», hörte Viggo seine Frau lüstern sagen. Seine Augen blitzen mörderisch. Die beiden gingen aufs Schlafzimmer, dass nur wenige Meter von Viggo entfernt war. Er hörte sie schnaufen und sich bemühen um ihrer Lust willen. Als sie kurz vor dem Höhepunkt zu sein schienen, stand Viggo auf, rückte sich die Krawatte zurecht, zückte beide Waffen und überprüfte ein letztes Mal ob beide geladen und entsichert waren. Alles lief wie am Schnürchen. Er ging zum Schlafzimmer, atemte einige Male tief ein und aus und trat dann mit voller Wucht die Türe ein. Sein Gesicht war zu einer hässlichen Fratze voller Hass verzerrt als er die beiden erblickte. In seinen Augen lag der pure Wahn. Seiner Frau entfuhr ein Schrei als sie ihren Mann erblickte. Alex, der Liebhaber hob beschwichtigend die Hände, während er noch in seiner Frau steckte. Bevor irgendjemand ein Wort sagen konnte, schoss Viggo dem Liebhaber in den Bauch, was diesen zurückwarf und gekrümmt zu Boden gehen liess. Seiner Frau schoss er zweimal ins Gesicht, worauf diese sofort tot war. Nach einigen Atemzügen und nachdem Viggo sich bewusst gemacht hatte, was gerade geschehen war, trat er auf Alex zu, ergriff diesen an der Kehle und würgte ihn. Immer noch war sein Geschicht verzogen, den Hass, den Viggo spürte war berauschend. Um den Mann vor seinem Tod zu demütigen, zog Viggo sein Messer aus der Tasche, trat mit dem linken Schuh auf die Wunde in Alex Bauch, ergriff dann das Glied und die Hoden des Mannes und schnitt sie ab. Die Schreie, die die Stille des Hauses erfüllten, waren grauenhaft. Er wartete bis der Mann jämerlich verblutet war und würde dann die beiden Leichen entsorgen.


Während der Liebhaber den Boden vollblutete, und mit seinen qualvollen Schreien die Stille des Hauses erfüllte und die Hände auf die einstmalige Stelle seiner Geschlechtsteile drückte, so als würde er daran glauben, die Blutung stoppen zu können, sammelte Viggo alle Kleider seiner Frau zusammen und packte diese in der Ruhe der vollbrachten Tat in einen Plastiksack. Der Hass und die Boshaftigkeit waren erloschen. Er hatte zwei Morde begangen. Was blieb, war ein Gefühl der Gleichgültigkeit.


Jetzt würde er die beiden Leichen entsorgen, das Gebäude niederbrennen und nach Hause gehen, um sich von der Tat zu erholen. Er hatte vor den Liebhaber an einem grossen Stein, der im Boot lag, weit draussen im Meer zu versenken. Ein Freund von ihm besass ein Krematorium, dort würde er seine Frau nachts einäschern können, ohne dass jemand etwas davon mitkriegte und würde danach ihre Überreste ebenfalls dem Meer überlassen. Drei Tage nachdem er alles hinter sich gebracht hatte, erstattete er eine Vermistenanzeige für seine Frau bei der Polizei. Leider jedoch wurde seine Frau nie gefunden und so erbte er das bisschen Geld, das seine Frau besessen hatte und gab es für ein Haus in den Bergen aus. Zufrieden mit sich selbst und ohne jegliche Schuldgefühle verbrachte er sein restliches Leben ohne je erwischt zu werden.

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