Nachgefragt bei Radical
Gratulation zum neuen Album und nachträglich auch zum runden Geburtstag. Was hast du intensiver gefeiert, den Geburi oder den Release?
Danke dir! Beides wurde gefeiert, wobei das Album gelegentlich aber noch offiziell gefeiert werden wird mit einer Releaseparty. Aber rein emotional war es sicher das Album nach dem ganzen Entstehungsprozess und der Vorfreude, es endlich mit allen teilen zu können.
Rap ist für viele eher ein Jugendding. Wie viel bedeutet dir die Kunstform heute noch?
Rap ist mittlerweile aus den Kinderschuhen raus und hat einige Jahrzehnte auf dem Buckel. Aktive Rapper, die 30ig, 40ig oder 50ig sind, sind keine Ausnahme. Rap hält mich auf jeden Fall jung würde ich sagen und bedeutet mir heute mindestens noch genau soviel wie mit 20ig. Es ist nicht nur ein wichtiger Ausgleich zum Alltag. Es gibt mir die Möglichkeit Dinge, Situationen, Emotionen Ausdruck zu geben und kreativ zu sein. Leute auf eine Reise mitzunehmen. All das würde mir ohne Rap fehlen.
Hättest du mit 20 gedacht, dass du mit 40 nochmals so ein Album raushaust?
Darüber habe ich mir wahrscheinlich damals kaum Gedanken gemacht. Das Rap für mich aber nicht nur eine Phase der Jugend war, sondern tief in mir sich festgesetzt hat, wurde mir rasch bewusst. Ich hätte es sicher nicht ausgeschlossen. Genauso wie ich ein Release zum 50igsten nicht ausschliessen würde.
Die ersten beiden veröffentlichten Singles sind ziemliche Banger. Weshalb ist die Wahl auf diese zwei Tracks gefallen?
Beim «Represent» war direkt nach der Aufnahme klar, dass das eine Single wird. Der Song widerspiegelt genau den Vibe des Sounds, den das Album im Grundsatz haben sollte. «Enzo Ferrari» habe ich ursprünglich auf einen anderen Beat (Props an Amos) geschrieben und war einer der ersten. Der ursprüngliche Beat hatte aber nicht ins Soundbild gepasst. Als Blackflame kurz vor Abgabetermin mit dem Remix ankam, war ich so hin und weg, dass wir spontan ein Video dazu produziert haben.
Wie kommen sie bei deiner Hörerschaft an?
«Represent» kam ja vorab im Mai raus, als erstes «Lebenszeichen». Die Resonanz war damals schon sehr cool und hat mich optimistisch gestimmt fürs Album. «Enzo Ferrari» und generell die Feedbacks seit Freitag zum Album sind sehr positiv. Das Video zum Song wird fleissig geteilt, was mich sehr freut.
Wie wirst du den Rest des Albums beschreiben?
Das Soundbild, die Beats würde ich als eher klassische Rapbeats/Boombap bezeichnen. Viele Samples, viel Soul, ohne altbacken zu klingen. Das ist die musikalische DNA. Keine experimentellen Ausflüge in Trap, Cloud oder ähnlich Richtungen. Inhaltlich kann man es denke ich als reif und erwachsen bezeichnen. Thematisch vielfältig von persönlich hin zu politischen Texten, mit einem hohen Anspruch an Reimtechnik.
Die Zusammenarbeit mit DJ Blackflame gibt dir neue Frische. Wie war die Produktion mit ihm?
Es ist enorm wertvoll, jemanden wie DJ Blackflame zu haben. Er unterstützt mich extrem vielseitig. Sei es mit Beats, als Live DJ, im Studio bei den Aufnahmen, im ganzen Produktionsprozess und in der ganzen Label-, Vertriebs- und Marketingarbeit. Das gibt mir die Möglichkeit, meine Zeit in die Musik, die Texte zu investieren und darauf zu fokussieren. Zudem ist er musikalisch enorm vielseitig und konnte mir genau die Art von Beats liefern, die ich für «Letschtä Tanz» suchte. Zudem verstehen wir uns menschlich super, was alles nochmals auf ein anderes Level gebracht hat.
Auf dem Cover kann man alle deine bisherigen Alben erkennen. Welches ist dein bestgealtertes Werk?
Grafisch denke ich ist «Blaui Chuglä» das ausgeklügeltste Artwork gewesen, wobei mir da alle Covers, Booklets etc. immer noch sehr gefallen. Da habe ich auch immer grossen Wert draufgelegt. Musikalisch gibt es auf allen Alben Songs, die mir noch immer gefallen. Da ich mich musikalisch, technisch und textlich immer weiterentwickle ist aus dieser Perspektive das letzte («I zwei Weltä dihei») vorne.
Im Zentrum deines neuen Werks steht die Geschichte mit deiner Schwester. Wie schwierig war es für dich, die ganze Geschichte bei Schreiben nochmals zu erleben?
Ich sass einige Male mit Tränen in den Augen vor dem Textblatt, habe wahrscheinlich noch nie solange an einem Text geschrieben wie an diesem. Auch die Aufnahmen im Studio oder als ich den Song danach Leuten im Umfeld zeigte, waren sehr aufwühlend und emotional. Aber es war mir wichtig, der Geschichte und meiner Schwester einen ganzen Song zu widmen. Für mich selber quasi als Therapie. Und so war es auch eine Befreiung ein Stück weit für mich.
Du hast viele Jahre hauptberuflich in der Musikindustrie gearbeitet. Wie ist deine Einschätzung zu den CD-Verkäufen? Wird es immer eine Kundschaft dafür geben oder wird sich alles auf das Streaming oder Vinyl konzentrieren?
Die Zahlen sind relativ eindeutig...die CD-Verkäufe sind rückläufig. Ich denke, es wird in den nächsten Jahren noch eine Nischenkäuferschaft geben, aber die grossen Massen sind es nicht mehr. Für Künstler wie mich sind sie nach wie vor und auch gerade aktuell mit wenig Auftrittsmöglichkeiten sehr wichtig. Rein mit Streamingeinnahmen sind Albumproduktionen in dem Umfang ansonsten schwierig realisierbar. Drum bin ich froh um die Unterstützung von Leuten die Musik nur kaufen. Und mit dem Artwork macht sich die CD ja auch gut im Regal, auch ohne CD-Player zu Hause.