Chandro: «Die Faszination ist bis heute da.»
Deine erste Single ist draussen. Wie zufrieden bist du mit den Reaktionen darauf?
Für mich war es in erster Linie einfach mal spannend zu sehen, wie die Leute auf mich als eigenständigen Solokünstler reagieren. Die Reaktionen fielen durchwegs positiv aus. Es gab Leute, die natürlich sofort gefragt haben was mit Fratelli-B jetzt ist. Das war mir allerdings im Vornherein bereits klar. Zudem zeigt das auch, dass wir als Fratelli-B bei vielen Leuten noch immer bestens im Gedächtnis sind. Natürlich haben mich am meisten die Reaktionen von anderen Rappern gefreut. So sind einige Nachrichten bei mir eingegangen von Rapkollegen, die den Song und meine Skills gelobt haben. Genau das habe ich mit «Peng Peng» bezweckt. Ich wollte zeigen, dass ich nochmals mein Rapskill-Level weiter hochgeschraubt habe.
War das Album von Smack eine zusätzliche Motivation für dich endlich Nägel mit Köpfen zu machen?
Ich bin natürlich ein grosser Fan von Smack. Trotzdem hätte es mein Album auch ohne sein Soloalbum gegeben. Wir sind ständig im Austausch und wissen was beim Gegenüber gerade musikalisch läuft. Ich habe jedoch bereits an meinem Soloalbum gearbeitet, als Smack seines noch nicht veröffentlicht hat. Allerdings fand ich es spannend und vielleicht auch ein bisschen beruhigend zu sehen, wie gut sein Soloalbum vom Publikum aufgenommen wurde. Zudem freut es mich natürlich, wenn die Leute aus meinem Camp (Möchtegang) fleissig neue Musik veröffentlichen. Wenn alle Möchtis ein Soloalbum releasen, würde mich das vielleicht sogar motivieren ein weiteres Soloalbum anzugehen.
Wie ist es für dich, ohne deinen Bruder mit Sound an den Start zu gehen?
Bisher fühlt es sich nicht so an, als wäre er nicht dabei. Er hat einen Bärenanteil zu «ROBIN» geleistet, indem er alle Tracks aufgenommen und gemischt hat. Weiter hat er drei Beats für das Album produziert und ist natürlich auch als Rapper auf dem Album zu hören. Ich glaube die schwierige Phase kommt erst noch. Auf der Bühne oder bei Interviews wird er mir sicher fehlen. Zudem ist es natürlich einfacher, wenn du nicht ganz alleine im Mittelpunkt stehst. Wir haben so viele schöne, aber auch nicht so schöne Momente teilen können. Dies wird mir fehlen.
Wie gefällt ihm dein neuer Stoff?
Ich glaube schon, dass er Fan vom Album ist. Aber es ist natürlich auch unglaublich schwierig ihn zu beeindrucken. Vor allem für mich. Wir kennen einander blind und wissen zu gut um die Stärken und Schwächen voneinander. Mit Sicherheit weiss ich aber, dass er den Track «Papitag» unglaublich gut findet. Ursprünglich habe ich diesen Song über einen Beat von einem deutschen Produzenten aufgenommen. Flap hat direkt nach der ersten Aufnahme gesagt, dass man aus diesem Song einen «Hit» kreieren könne. Er hat schliesslich monatelang an einem komplett neuen Beat mit vielen Studiomusikern gearbeitet und den Song zu dem gemacht, was er ist. Heute ist dieser Song für mich das Bedeutendste, was ich musikalisch je geschaffen habe.
Hat er dir hin und wieder auch gefehlt bei deinen Songs?
Nicht wirklich. Er ist bis heute die erste Ansprechperson, wenn es um meine Musik geht. Ich habe bevor ich überhaupt ins Studio ging, zu Hause sehr viele Demos aufgenommen. Diese habe ich ihm immer sofort zugeschickt und auf sein Feedback gewartet. Insofern war er immer mit dabei. Auch schon ganz früh, als erst ein paar Demos da waren. Ab und an war es schwierig eine zweite Strophe zu schreiben, allerdings habe ich es irgendwie doch immer hingekriegt. Das Schreiben macht mir ja auch grossen Spass. Zudem habe ich mir überhaupt keinen Zeitdruck gemacht. Ich glaube das hat mir enorm geholfen. Flap wusste zudem, dass er sofort bei jedem Song auch als Rapper dabei sein kann, falls er Bock hat.
Wie weit bist du schon mit deinem Debüt? Du hast ja noch kein konkretes Veröffentlichungsdatum bekannt gegeben.
Das Album wird wohl Ende November kommen. Das genaue Veröffentlichungsdatum wird in den nächsten Wochen bekannt gegeben. Ich wollte mich einfach noch nicht genau festlegen, weil ich einige Songs bereits vor dem Album auskoppeln will. Ich glaube, so kann ich die Aufmerksamkeit gezielter auf gewisse Songs lenken. Mit dem Album selber bin ich bereits seit einiger Zeit fertig. Ich glaube der letzte Song wurde im Juli aufgenommen. Anschliessend hat Flap noch ne Weile für den bestmöglichen Mix benötigt. Das fertige Master liegt bei mir auf dem Rechner seit anfangs September.
Im Video sieht man neben der zeitlosen Schönheit des Wrestlings, auch viele Fanartikel von euch, die in die Luft fliegen. Ist das eine gewisse Vergangenheitsbewältigung?
Eigentlich wollten wir (der Regisseur Loris Mazzeo und ich) einfach ausdrucksstarke Bilder generieren. Im Sinne von «Fratelli-B» und «Möchtegang» ist ja schön und gut, aber jetzt wird’s richtig ernst. Ich muss aber sagen, dass mir bei der Albumproduktion einmal mehr bewusst geworden ist, dass ich wahnsinnig stolz auf die Alben von Fratelli-B und der Möchtegang bin. Ich konnte auch in diesen Konstellationen immer mich selber bleiben und Songs schreiben, die ich mir heute noch gerne anhöre.
Hip Hop ist für viele eine Jugendqultur. Wie viel bedeutet dir die Kunstform heute noch?
Mir bedeutet Hip Hop und natürlich vor allem Rap nach wie vor sehr viel. Ich bin als kleiner Junge damit in Berührung gekommen und die Faszination ist bis heute da. Allerdings verfolge ich schon nicht mehr alles so akribisch wie ich das noch vor fünf Jahren gemacht habe. Ich glaube allerdings, dass dies nur der normale Zyklus ist. Es gibt viele Künstler von denen ich Fan bin. Ich muss aber gestehen, dass ich gerade im Rap in den letzten Jahren nicht viele neue Acts entdecken konnte, die ich tagtäglich höre.
Wie kommt deine Musik eigentlich bei deinen Schülern an?
Ich habe erst gerade nach den Sommerferien eine neue Klasse übernommen. Einige der Schülerinnen und Schüler haben jedoch bereits mitbekommen, was der strenge Herr Bisig in seiner Freizeit so treibt. Für die Jungs bin ich zu wenig aggressiv und für die Mädchen zu wenig süss. Die Jugendlichen haben sicher ein gewisses Interesse an meiner Musik, aber Fan davon sind sie nicht. Grundsätzlich hat Schweizer Mundartrap einen eher schweren Stand bei meinen Schülern.
Du bist in der Zwischenzeit auch Vater geworden. Inwiefern hat das deine Herangehensweise an die Materie verändert?
Alles in meinem Leben hat sich verändert. Was die Musik betrifft, ist der grösste Unterschied, dass ich meine Zeit besser einteilen muss. Ich kann heute nicht mehr spontan entscheiden, dass ich nächste Woche für einen Videoclip ins Ausland fliege. Es muss immer alles gut geplant und getaktet sein. Ansonsten hat sich nicht wahnsinnig viel geändert. Anfangs hatte ich das Gefühl und vielleicht auch die Hoffnung, dass die Aufgabe als Vater die Musik ersetzen wird. Allerdings ist eher das Gegenteil eingetroffen. Seit ich Vater bin, brauche ich das Arbeiten an neuen Songs mehr denn je. Ich kann jeweils in meine eigene Welt abtauchen, weit weg vom täglichen «Hustle» als Papa. Was die Aussagen in den Texten betrifft, glaube ich nicht, dass das Vatersein keinen Einfluss hat.
Auf den Pressebildern siehst du sehr nachdenklich aus. Ist das ein Hinweis auf eine eher melancholische Platte oder interpretiere ich das falsch?
Einerseits wird es auf «Robin» typische Rapssongs wie «Peng Peng» geben aber eben auch sehr persönliche Tracks, die meine letzten drei Jahre verarbeiten. Diese persönlichen Tracks sind schon sehr melancholisch und können dich emotional packen – von daher interpretierst du alles korrekt.
Warum heisst deine Platte «Robin»?
Das bleibt bis zum nächsten Video mein Geheimnis.
Wie steht es um die Zukunft von Fratelli-B und auch der Möchtegang?
Die zweite Strophe auf dem letzten Song vom Album widme ich Flap. Dort rappe ich «nur dass weisch ich wäri jederzyt debi, wenn Telli-B nomal nach de Sterne griift». Das will heissen, dass ich natürlich sehr, sehr gerne nochmals ein Fratelli-B Album machen würde. Gleiches gilt für die Möchtegang. Leider bestehen schon gewisse Zweifel, ob sich sowas nochmals realisieren lässt. Ich weiss nicht genau, wie gross die Motivation bei einigen Bandmitgliedern tatsächlich noch ist. Das Wichtigste ist und bleibt aber, dass wir uns alle noch immer mögen. Gerade vor ein paar Wochen haben sich alle Möchtegang-Mitglieder am Polenta Jam getroffen. Es macht schlicht und einfach Riesenspass mit den Jungs unterwegs zu sein. Dieses Feeling nochmals auf einem weiteren Album festzuhalten und vor allem eine ausgiebige Tour durch die Schweiz ist natürlich ein grosser Wunsch von mir.