«Miles and Stories» im Soundcheck
Bild/Illu/Video: Till Gmür

«Miles and Stories» im Soundcheck

«Quality Time» heisst der grandiose Opener der neuen CD von Rosewood und der Name ist definitiv Programm. Die Band schafft es vom ersten Takt an eine Atmosphäre zu schaffen, die ein wohliges Gefühl aufkommen lässt und einem willkommen heisst. Wenn Tom Petty das oben auf seiner Wolke hört, wird er definitiv zustimmend nicken, denn genau so wird zeitlose Countrymusik erschaffen.


Etwas zügiger klingt «Arizona on my Mind», welches sich zum idealen Fernwehsoundtrack mausert. Irgendwie schon komisch, momentan gar nirgends hinfliegen zu können, aber da müssen wir jetzt wohl oder übel durch. Dieses Lied hier beschreibt das einzigartige Gefühl, welches wahrscheinlich bei sehr vielen aufkommt, die schon einmal Ferien in den USA verbracht haben. Bei mir kommt bei diesem Song spontan nicht nur der grossartige Arizona-Eistee in den Sinn, sondern auch längst vergessen geglaubte Bilder von meinem Trip zum Grand Canyon vor ein paar Jahren. Wow, Musik schafft es immer wieder federleicht einem an wunderschöne Orte zu transportieren…


«A Day by the Lake» klingt ziemlich rockig und fast ein bisschen böse. Der treibende Song schafft eine angenehme Zwischennote und zeigt, dass ab und zu eine Pause eine Wohltat für die Seele und das Gemüt sein kann. Ein virtuoses und trotzdem gefühlvolles Solo rundet das Werk ab, welches doch noch ziemlich durch die Boxen brettert.


Das sehnsüchtige Lied «Seagull» klingt wundervoll amerikanisch und wenn man die Augen für einen Moment schliesst, spürt man fast schon wieder den Sand unter den Füssen und das Salz auf der Haut. Die leicht melancholische Zwischennote ist berührend und zeigt, dass das Leben eben nicht immer eitel Sonnenschein ist und Schatten genau wie Licht zum Leben gehört.


Der Song «Ride» ist ideal zum Reisen. Ich persönlich kann zwar nicht viel mit Harley Davidson-Maschinen anfangen, aber die hier eingefangene Freiheit des Fahrens eignet sich definitiv prächtig als Soundtrack für eine längere Töff-Tour.


Jugendlich verspielt geht es auf «Where Life begins» zu und her. Das lüpfige Stück klingt bluesig, humorvoll und sehr tanzbar. Ja, wen es beim beschwingten Refrain nicht in den Beinen juckt, der ist auch sonst für wenig zu begeistern. Auf diesem Track beweisen Cyrill Degonda, Mariano Succo, Dominik Ronner, Markus Hubli und Martina Brunner eindrucksvoll, wie sie mit viel Zug nach vorne wieder Schwung in jede Party bringen können.


«Shine» tröpfelt fein aus den Boxen und der holzige, warme Klang der akustischen Gitarre geht sofort ans Herz. Das zauberhafte Liebeslied ist zuckersüss und ich habe fast ein wenig das Gefühl, hier wird das Gefühl eines Elternteils beim Betrachten seines Kindes beschrieben oder liege ich da falsch? Egal, um wen es geht, mich hat es auf jeden Fall ziemlich «getüpft».


Die Ballade «Feeling blue» beschreibt das Gefühl vom Getrenntsein. Trotz der transportierten Traurigkeit schweift die Musik nie ins Selbstbemitleidende oder Hoffnungslose ab. Der wundervolle Blues mit dem grandiosen Gitarrensolo von Mariano Succo geht unter die Haut und ganz gegen Schluss erscheint ein Hoffnungsschimmer am Horizont.

Der Groover «Throwing Axes» geht ganz schön ab. Das Gitarrenriff erinnert mich ein wenig an einen Song von Dashboard Confessional und doch besticht die Band durch ihre Eigenständigkeit. Cool!


Auf «Peaceful State of Mind» ist es Drummer Dominik Ronner, der für eine geheimnisvolle Atmosphäre sorgt in der Strophe. Das exzessive Giti-Solo nach dem Refrain ist perfekt in seiner Länge und macht die Zufriedenheitshymne zu einem der coolsten Tracks des Longplayers.


«The Journey» ist ein Lied über die gemeinsame Reise eines Paares, welches immer wieder einen Weg findet. Das wohlige Gefühl, welches aufkommt, wenn man wirklich so etwas Einzigartiges als Paar hat, was einem niemand mehr wegnehmen kann, ist hier wundervoll porträtiert. Mir gefällt es sehr, wie Rosewood das Zusammenhalten und das «Wir gegen den Rest der Welt»-Gefühl eingefangen haben und in Musik verwandelt haben.


«Boots and Leather Jackets» beschreibt nicht bloss einen Kleiderstil sondern viel mehr ein Lebensgefühl, welches Zugehörigkeit und «Familie» vermittelt. Ich denke, dass Countrymusiker da ähnlich wie Metalheads ticken und jeden, der auch diesen Lebensstil zelebriert, sofort in ihr Herz schliessen. Ein schöner Song über eine Szene, gefühlvoll vorgetragen von der grossartigen Martina Brunner, deren Stimme auch nach zwölf Songs emotional, frisch und facettenreich klingt.


Ich hatte schon fast gedacht, sie kommt nicht mehr, doch im Song «Stepping Stones» kommt endlich eine Mundharmonika zum Zug. Ein schlicht wundervolles Instrument, welches ich in der Quarantänezeit doch auch mal noch erlernen könnte. Das Lied ist ein angenehmer Midtempo-Countrysong, der sich ideal zum Tanzen eignet und hoffentlich bald live vorgetragen werden kann.


«Life is good» schliesst die CD mit einem Knall ab. Das Rockstück bläst nochmals allen Staub aus den Membranen meiner Stereoanlage und zeigt, dass Rosewood nicht nur das Leben sondern auch das barrierefreie Musizieren zelebrieren. Grandios!


Schlussfazit:
«Miles and Stories» von Rosewood ist ein Album, welches neue und ältere Countryfans gleichermassen begeistert. Die 14 Lieder der CD sind direkt vom echten Leben inspiriert und zeigen wie vielfältig und abwechslungsreich handgemachte Musik made in Switzerland im Jahr 2020 klingen kann. Mit der starken Mischung aus klassischem Country, einer Prise Rock, modernen Einflüssen und vielen Emotionen schafft es die Band irgendwie zeitlos zu klingen. Das solide eingespielte Quintett strotzt nur so vor Spielfreude, was das Zuhören zu einem kurzweiligen Ohrenschmaus macht.


Das Album «Miles and Stories» von Rosewood kann unter diesem Link auf Cede.ch erworben werden.

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