«Meine Kinder haben sich eine Provision ausgehandelt»
Zur Anekdotensammlung aus dem Alltag habe sie ein «Toibelianfall» ihrer Tochter gebracht, welchen sie sich von der Seele geschrieben habe, sagt Annina Dietsche-Veit. «Ein Erlebnis, das wohl jedes Elternteil nur zu gut kennt. Man steht mitten im Lebensmittelgeschäft und das Kind beschliesst in Absprache mit sich selbst, dass jetzt - und zwar genau jetzt - der richtige Moment ist, mal so richtig ‘die Sau raus zu lassen’. Und wer Toibelianfälle kennt weiss, dass Kind nimmt ‘im Fall würkli’ keine Rücksicht auf Verluste.» Einigen Miteinkaufenden habe das wohl nicht in den Kram gepasst. Deren Reaktion habe sie dazu veranlasst darüber zu schreiben. Und danach seien nach und nach immer mehr und auch längere Geschichten gefolgt.
Erinnerungen schaffen
Aus
den Geschichten irgendwann ein Buch zu publizieren, sei eigentlich gar
nicht ihr Plan gewesen. «Mir hätte es wohl gereicht, die Geschichten in
nächtlichen Schreibanfällen auf meine Tastatur zu hämmern und sie danach über
meine Social Media-Kanäle mit meinen Freunden zu teilen. Aber je mehr ich
schrieb, desto öfters wurde ich auf die Anekdoten angesprochen. Viele Eltern
haben sich darin wiedererkannt. Und oft wurde ich gefragt: ‘Wenn chunt die
nächscht Gschicht?’ Dass das Buch nun doch den Weg in den Handel gefunden habe,
sei ihrem Mann Ralph geschuldet. Er habe ein Buch-Konzept erarbeitet und bei
der Kulturstiftung eingereicht. «Nach kurzer Zeit bekam ich einen Brief, in
welchem mir die Unterstützung zugesichert wurde. Das war ein Gefühl, sag ich
euch! Ohne diesen Support hätte ich das Buch wohl nicht realisiert.» Man merkt
es sofort, Annina Dietsche-Veit ist stolz auf ihren Erstling und strahlt über
das ganze Gesicht, wenn sie davon spricht. Einen gewissen Lerneffekt habe sie durchaus
aus dem Aufschreiben der Geschichten ziehen können. «Gelassenheit ist wohl der
heilige Grahl des Elternseins. Sind es nicht die Situationen, in welchen uns
die meisten Schweisströpfli den Rücken runterpurzeln, an welche wir uns mit
etwas Abstand am besten erinnern und darüber lachen? Richtige ‘Weisch no’-Momente.
Und darum geht es doch irgendwie im Leben. Erinnerungen schaffen...»
Über sich selber lachen
können
Lustige Anekdoten gebe es im Buch so einige. Daraus einen persönlichen
Favoriten zu küren sei knifflige Angelegenheit, sagt Dietsche-Veit. Auch ihren
Leser:innen gehe es ähnlich, doch die Handschellen-Geschichte im Erotikshop und
die Episoden rund um die Zahnfee würden öfters positiv erwähnt. Warum es genau
39 Geschichten geworden seien, habe keinen speziellen Grund. «Am Ende waren es
einfach 39 Lese-Häppchen, welche ich als ‘veröffentlichungswürdig’ erachtete.
Und, eigentlich hat es im Buch Platz für 40 Episoden. Ganz am Ende gibt es die
Möglichkeit ein persönliches Erlebnis zu notieren. Für sich oder als
Geschenkidee für andere.» Im Buch von Annina Dietsche-Veit wird ein intimer
Einblick in den nicht immer perfekten Alltag als Familie gewährt. Dies könnte
durchaus als Gegenpol zur künstlich heilen Welt, die sonst auf den sozialen
Medien zelebriert wird, verstanden werden. «Ehrlich gesagt langweilt mich die
vorgegaukelte heile ‘Social Media’-Welt. Wir alle wissen doch, wie einfach
Optimierung heutzutage geht. Ein Knöpfli gedrückt, ein Detail nicht erwähnt und
schon scheint es perfekt wie aus dem Nähtruckli. Langweilig und
frustrierend! Ich
finde so richtig spannend wird's erst, wenn man ehrlich zueinander ist, (sich)
Schwächen zugesteht und – das Wichtigste – auch mal über sich selbst lachen
kann.»
Mütter sind Superheldinnen
Ihre Kinder seien zuerst skeptisch gewesen, dass ihre Mutter mit dem Familienalltag hausieren gehe. Doch inzwischen seien diese Bedenken dem Stolz gewichen. «Sie hoffen, dass sie an ‘gaaanz’ vielen Lesungen dabei sein können. Sie haben mir ihre volle Unterstützung zugesichert das Buch zu verkaufen. Natürlich haben sie sich eine Provision für ihre Unterstützung ausgehandelt...» Nicht nur ihren Kinder will die Rheintalerin etwas mit auf den Weg geben, auch den Müttern allgemein zollt sie mit dem Buch Tribut. «Ihr seid Superheldinnen (vielleicht ohne Cape, aber mit ganz viel Power!). Seid stolz auf eure tägliche (und nächtliche – ihr versteht was ich meine) Arbeit, ‘klöpfelt’ euch ‘öppedie’ auf die Schultern und genehmigt euch regelmässig ein Käfeli (XXL) und ‘bitz’ Schoggi. Aber bitte gaaaanz unauffällig!» Das Buch «(F)amuse Bouches» kann unter www.shop.qultur.ch erworben werden.