«Die Leute empören sich, bevor sie nachdenken»
Die Vorfreude auf die Publikation sei in seinem
persönlichen Umfeld gross gewesen, weil sein letzter Roman nun doch schon
einige Jahre zurückliege, sagt Stefan Millius. Das Warten habe sich laut seinen
Lesern gelohnt. «Es ist eine frische, freche, schräge und unterhaltsame
Lektüre, die man in einem Zug lesen kann. Der Hintergrund, die
Entwicklungshilfe, ist zwar durchaus ernsthaft, aber ich habe sie bewusst im
Stil einer satirischen Ganovenstory thematisiert.» Er wolle damit unterhalten
und nicht belehren.
Gesuchte Übertretungen
Obwohl im Moment viel darüber diskutiert wird,
was man alles angeblich nicht mehr schreiben darf oder soll, sei es ihm nicht
darum darum gegangen, irgendjemanden bewusst zu provozieren. «Ich wollte
einfach ohne Fesseln und Knebel eine witzige Geschichte erzählen. So, wie wir
das früher immer getan haben. Dass man heutzutage damit umgehend einige
Zeitgenossen in Rage versetzt, sagt schon alles.» Er habe sich in seiner
Karriere als Journalist und Autor immer gegen Rassismus und Diskriminierung
ausgesprochen. Doch inzwischen genüge das wohl nicht mehr. «Heute wird aber
regelrecht künstlich nach angeblichen Übertretungen gesucht. Plötzlich fühlt
sich einfach jeder durch alles in irgendeiner Form verletzt. Das Resultat ist
eine Schere im Kopf. Wir diskutieren und schreiben nicht mehr unbefangen,
sondern fragen uns dauernd: Könnte das für einen der acht Milliarden Menschen
auf der Welt störend sein? So kann man schlicht nicht zusammenleben.» Negative
Rückmeldungen bezüglich seinem neuen Roman nimmt Millius gelassen, da diese
seine These nur bestätigen würden. «Die Leute empören sich, bevor sie
nachdenken. Es gab einige negative Kommentare bezüglich des Covers des Romans,
der ein völliges Klischeebild einer afrikanischen Frau zeigt. Dabei mache ich
mich ja gerade über die Leute lustig, die noch solche Vorstellungen haben. Die
echten Verlierer in meinem Roman sind übrigens einige ältere weisse Männer.»
Verfilmung ist Thema
Die erste Idee zur Geschichte hatte Stefan Millius schon vor fast zehn Jahren. «Es gab Pläne für eine Verfilmung, nur braucht es dafür selbst bei günstiger Produktionsweise viel Geld. Ich war in Kontakt zu zwei Produktionsfirmen, die dann zurückgeschreckt sind. Dass in der Story ein Mädchen schwarz angemalt wird, ging für sie gar nicht. Der Kontext spielt heute keine Rolle mehr, es gibt einfach Dinge, die es nicht geben darf.» Ganz vom Tisch ist die Verfilmung des Romans aber noch nicht. «Ich habe vor wenigen Jahren ein Drehbuch für ein Jugenddrama geschrieben, der Film ist inzwischen produziert und wird bald erscheinen. Dieselbe Produktionsfirma interessiert sich für ‘Fastfood für Afrika’. Mir schwebt auch bereits die Idealbesetzung für die zwei Kleingangster vor. Aber beim Film geht alles ein bisschen länger als bei der Literatur. Ich hoffe jedenfalls weiter.» Erstmals gibt es jetzt das Buch, welches dankt der absurden und doch lebensnahen Geschichte für viel Belustigung sorgen wird. «Dass das Elend in anderen Gegenden der Welt ausgenutzt wird, sehen wir täglich. Hier passiert es eben in der Schweizer Agglomeration, und die Protagonisten sind ganz durchschnittliche Bünzli. Wie sehr oft in meinen Geschichten verheddern sie sich in den Dingen, die sie angezettelt haben und finden nicht mehr heraus. Der Roman ist reich an schrägen Figuren und überraschenden Wendungen.» Somit beinhaltet das Buch im A6-Format genügend Stoff für Kopfkino, bis es dann auf den grossen Leinwänden gezeigt wird.
Taten statt warten
Neben seiner journalistischen Tätigkeit als Freelancer für den Nebelspalter und die Weltwoche kandidierst Stefan Millius auch noch für den Nationalrat. Die Pläne für nach dem Wahlkampf sind schon geschmiedet, wie er lachend zu Protokoll gibt. «Nach meiner Wahl werde ich umgehend alle meine Bücher zur Pflichtlektüre an Schweizer Schulen erklären… Im Ernst: Es ist ein symbolischer Akt. Ich habe die Politik in unserem Land in den letzten drei Jahren hart kritisiert. Nun übernehme ich Verantwortung, in dem ich sage, dass ich bereit bin, selbst einen Beitrag zu leisten.» Seine Kandidatur sei ein Angebot an alle, die kritische Stimmen nach Bern bringen wollen. Es gehe ihm nicht um persönliche politische Ambitionen, da er selbst mehr als genug Arbeit habe. Die Leserschaft von Stefan Millius ist in den vergangenen Jahren stark angewachsen. Dies nicht nur seinem Schreibstil, sondern auch wegen seiner kritischen Haltung zu den Pandemie-Massnahmen. Auch wenn die Meisten das Thema Corona vermutlich schon länger satt hätten, sei es einfach noch nicht vorbei. «Wir mussten in der jüngeren Vergangenheit feststellen, dass die Politik gern die Macht an sich reisst, wenn man sie lässt. Und wir haben gemerkt, dass viele Leute ihre demokratischen Rechte von einem Tag auf den andern aufgeben, wenn man ihnen genügend Angst einjagt.» Bei seinen Texten gehe es längst nicht mehr um ein Virus. «Es geht darum, wie wir Demokratie, Unabhängigkeit und Eigenverantwortung bewahren, auch wenn die Welt gerade durchdreht.» Das neue Buch «Fastfood für Afrika», aber auch die bisherigen Veröffentlichungen «Corona ABC» und «Schreib!» können unter www.shop.qultur.ch erworben werden.