Milena Rominger veröffentlicht erstes Buch
Die Geschichte «Feuermal» handelt von der Hebamme Airin. Sie holt ein Kind mit Feuermal auf die Welt, worauf ihre ganze Existenz zusammenbricht. Da in der frühen Neuzeit, in der die Geschichte spielt, Aberglaube weit verbreitet ist, gilt das Baby als vom Teufel geküsst. Die Protagonistin flüchtet mit dem Kind. Dank der verbotenen Liebe eines Mönches und Briefen aus einem geheimnisvollen Buch ihrer verstorbenen Grossmutter schafft es Airin immer wieder den Verfolgern zu entwischen. Doch gelingt es ihr und dem Mädchen ein Leben zu beginnen ohne verfolgt zu werden?
Ein unglaubliches Glücksgefühl
Mit dem Schreiben an ihrem ersten Roman hat Milena Rominger ein halbes Jahr nach der Geburt ihres Sohnes im Jahr 2016 begonnen. «Ich brauchte insgesamt vier Jahre dafür. In diesen vier Jahren gönnte ich mir aber immer wieder längere Schreibpausen. In den aktiven Phasen des Schreibens verbrachte ich lediglich ein bis zwei Stunden täglich mit der Geschichte.» Sie habe vor allem geschrieben, wenn ihr Junior geschlafen habe. Dass aus den 242 geschriebenen Seiten mal ein Buch mit dem Namen «Feuermal» werden würde, führt die Seewiserin vor allem auf zwei Personen zurück, die sie in den vergangenen zwei Jahren traf. «Ich wusste, dass sich mein Traum vom eigenen Buch bald erfüllen würde, als ich den Autor Jörg Ehni aus Süddeutschland kennenlernen durfte. Er schreibt Theaterstücke und Kinderbücher. Jörg motivierte mich, weiter zu schreiben und gab mir wertvolle Tipps. Zudem war er bereit, mir dabei zu helfen, das Buch zu drucken, doch Corona und die Distanz zwischen unseren Wohnorten machten es schwierig.» Dann habe sich der Verleger Christian Imhof vom Qultur-Verlag dem Projekt angenommen und es habe laut Rominger einfach gepasst. Das einerseits, da sie als Korrespondentin schon bei der Prättigauer & Herrschäftler und dem Onlinemagazin Qultur tätig sei und andererseits habe sie so sogar die Möglichkeit gehabt, das Projekt auch in der Region drucken zu lassen. «Ab da wusste ich gewiss, dass mein Traum tatsächlich wahr werden würde.» Als die Schreibende dann erstmals ihr eigenes Buch in den Händen hielt, sei das einfach überwältigend gewesen. «Ein unglaubliches Glücksgefühl. Ich könnte heute noch juchzen! Ich musste es ständig ansehen, es fühlen und riechen. Als ich darin blätterte, war das schon ziemlich surreal. Meine Worte auf «umblätterbaren» Seiten - das war bis zu diesem Novembertag einer meiner Lebensträume.»
«Die Geschichte hat mich gefunden.»
Die Erzählung vom «Feuermal» spielt in der frühen Neuzeit. An diesem Zeitalter fasziniert die zweifache Mutter vor allem die Einfachheit. «Mir gefällt es, dass es keine Telefone, Computer und kein Internet gibt. Pferde statt Autos, Briefe statt WhatsApp, Pfefferminz Öl anstelle von Aspirin. Ich mag es, dass geflickt wurde, was kaputt ging, anstatt alles wegzuwerfen. Das Leben musste langsam gewesen sein, manchmal vielleicht auch umständlich. Dadurch wurde jeder Einzelne in seinem Können gefordert und gebraucht. Eine Vorstellung, die mir sehr zusagt.» Rominger hat auch sonst einige Gemeinsamkeiten mit ihrer Hauptfigur Airin. «Wir teilen die Interessen von Pflanzenheilkunde und Selbstversorgung. Die Protagonistin hat es schwer in ihrem Leben, weil sie zu ihren Entscheidungen steht, die nicht immer in die Normen der Gesellschaft passen und ihre Konsequenzen daraus zieht. Sie geht nie den einfacheren Weg. So etwas kommt mir bekannt vor…» Vieles beim Schreiben habe sich fast automatisch ergeben. «Ich glaube, ich habe die Geschichte nicht gefunden, sondern sie mich. Manchmal fühlte es sich gespenstisch an, am Laptop zu sitzen. Meine Finger tippten einfach darauf los, ohne dass ich mir vorher Gedanken darüber gemacht hatte, wie die Geschichte weitergehen soll. Ich wusste von Anfang an nicht, wie die Erzählung über Airin und Sydonie ausgehen sollte. Eigentlich wusste ich nur, dass ich das Leben einer altledigen Frau zu Beginn der Neuzeit beschreiben wollte und ein Mönchskloster dabei sein sollte.» Und doch hat es einige geschichtliche Fakten, die bei ihr als Mutter Kopfschütteln ausgelöst haben müssen. «Im 18. Jahrhundert mag es für eine Mutter eine plausible Entschuldigung gewesen sein, sein Baby wegen eines Feuermals zu verlassen.» Heute sei das unvorstellbar.
Aktueller als gedacht
Ein Thema, welches Milena Rominger sehr begeistert, ist die Naturheilkunde, die im Roman auch hin und wieder Erwähnung findet. Dieser Bereich sei für sie ein ewiges Lernen. «Auch wenn ich nicht sehr bewandert bin in diesem Thema, freue ich mich über jede neue Heilpflanze, die ich kennenlerne und zu Hause zum Einsatz bringen kann. Ich hege einen grossen Respekt davor, dass tatsächlich für alles ein Kraut gewachsen ist und wir uns vor der Haustüre bedienen dürfen. Etwas worüber ich immer wieder staune.» Auch wenn das Buch mitten in der Pandemie abgeschlossen worden sei, Corona habe überhaupt keinen Einfluss auf die Geschichte genommen, was nur schon an der Zeit liegt, in der die Handlung stattfindet. Und doch hat der gesellschaftliche Umgang mit dem Mädchen mit dem Feuermal einen beängstigenden aktuellen Bezug, wie es auch Rominger erklärt. «Doch ja, man könnte die Situation von Sydonie mit dem Feuermal, mit den heutigen Ungeimpften vergleichen. Beide werden meiner Meinung nach zu Unrecht gemassregelt, weil sie nicht der Norm entsprechen und nicht mit dem Strom mitschwimmen.» Es sei an der Zeit, einander entgegen zu kommen, anstatt immer weiter auseinander zu driften. «Über Andersartigkeit wird sich immer der Mund fusselig geredet, egal was dahintersteckt. Ein Thema, welches sich wie ein roter Faden durch mein Buch zieht. Mitunter gibt es darin einen geschützten Ort für Menschen die in der Gesellschaft keinen Platz haben. Dass es diesen Ort gibt, ist für sie ein Glückstreffer. In unserer Welt gibt es keinen geschützten Ort für die Meinung der Ungeimpften. Airin kämpfte für Sydonie. Da gibt es schon Parallelen, wenn auch nicht absichtlich.» Ob das Debüt das einzige Buch der Seewiserin bleibt oder ob sie schon an den nächsten Ideen tüftelt, weiss Milena Rominger im Moment noch nicht. «Das ‘Feuermal’ endet offen, so viel sei verraten, es könnte also durchaus eine Fortsetzung geben. Ein Buch braucht aber viel Zeit. In meinem Fall Unmengen an Zeit. Dazu braucht es Musse. Beide Faktoren sind mir zurzeit nicht gegeben. Dennoch weiss man ja nie, wann einem die Muse küsst.»