Eine etwas andere Lesung in Herisau
Mitten in der Pandemiezeit ein neues Qulturlokal zu eröffnen, ist ein mutiges Unterfangen, doch für den bekannten Puppenspieler Kurt Fröhlich macht es irgendwie Sinn. «Ich war mit meinen Figuren schon überall auf der Welt und irgendwie ist es schön, hier ein Zuhause gefunden zu haben.» Seine Puppen sind im am 20. Oktober eröffneten Figurenmuseum aber nicht alleine. «Viele der gezeigten Puppen sind von befreundeten Figurenspielern und es ist echt eine Freude, wenn Interessierte hier einkehren und die unterschiedlichen Exponate bestaunen.» Vor allem bei den Kleinen sorge die Mischung aus Museum und Theater für sehr viel Begeisterung und die vollen Ränge im Kleinkunstsaal bestätigen, dass das Figurentheater noch lange nicht verstaubt sei.
Hans im Glück und der Taubenmann
Da Autor Thomas Riesen aktuell sein Burnout auskuriert, ist Kurt Fröhlich für ihn eingesprungen und hat aus dem Erstlingswerk «Der Taubenmann» einige Passagen vorgelesen. «Die Dekoration im Hintergrund passt auch ganz gut zu dieser Geschichte, denn sie ist fast ein wenig eine moderne Variante der Geschichte vom Hans im Glück», erklärte Fröhlich bei der Begrüssung. Der Theaterbesitzer setzte sich an das kleine Tischchen und begann vorzulesen. Riesens Geschichte, die von einem Mann erzählt, der seinen Schmerz aus dem Krieg versucht mit dem Boxen ertragbar zu machen, fuhr den Anwesenden unter die Haut. Dies nicht nur weil Fröhlich offensichtlich ein begnadeter Vorleser ist, sondern auch, weil die Geschichte so authentisch ist. Es ist eine Erzählung mit Tiefe, die einem viel über das Leben lernen lässt und der Vortragende bemühte sich, den abwesenden Schreiber im besten Licht zu präsentieren. Dazu gehörte auch, dass er dem Wunsch von Thomas Riesen nachkam und das melancholische, aber irgendwie auch hoffnungsvolle Ende der Geschichte für sich behielt.
Auch Kleinkunst muss überleben
Dass die Lesung leider nur von wenigen Personen besucht wurde, zeigte wieder mal, welche grosse Wirkung die Zertifikatspflicht auch auf die Kleinkunstbetriebe haben kann. Irgendwie schade, dass so ein kleines, sehr familiäres Lokal mit Smartphones hantieren muss und somit die Freude an den Veranstaltungen irgendwie einen schalen Beigeschmack erhält. Ein grosses Lob gilt dem Individualisten Kurt Fröhlich, der trotz Bestimmungen sich einsetzt für Qultur im Appenzell und sich die Freude an der Sache nicht nehmen lässt. Ich wünsche es mir von Herzen, dass im Kleinkunstsaal auch künftig unkompliziert Lesungen, kleine Unplugged-Konzerte oder eben auch Figurentheateraufführungen stattfinden werden, die es schaffen Jung und Alt zu begeistern. Anstatt immer die grossen Festivals und Openairs zu bemitleiden, sollten wir vielleicht einfach mal kleine Lokale wie dieses schätzen lernen und es mit einem Besuch unterstützen, denn hier steckt wirklich sehr viel Liebe zum Detail dahinter.