«Madrugada» im Soundcheck
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«Madrugada» im Soundcheck

Moritz Haegi heisst der damalige HSG-Student, der bei meiner Ausbildung zum Radiojournalisten in der Redaktion von toxic.fm oft neben mir am Tisch sass. Ich erinnere mich noch gut an ihn, da er nicht nur, wie ich damals ziemlich starker Raucher war, sondern vor allem wenn es um politische und wirtschaftliche Belange ging, so vertieft Bescheid wusste, dass ich öfters ins Staunen kam. Obwohl Zürcher und Bündner oft nicht gerade beste Freunde werden, schätzte ich ihn und seinen Intellekt immer sehr und so blieb der Kontakt auch nach dem Abschluss lose bestehen.


Interessanterweise sah er mich immer ein wenig als einen Mentor, was mir irgendwie ein wenig unangenehm war. Er schickte mir schon früh seine ersten musikalischen Gehversuche zu und mir fiel sofort auf, dass er in vielen Belangen schon damals deutlich talentierter am Mikrophon war als ich. Ich animierte ihn dann stets zum Weitermachen und versuchte ihm so gut wie möglich weiter zu helfen. Hören wir mal rein!


«Radar»

Der Marimba-Klang des ersten Songs erinnert leicht an Capital Bra und doch muss ich sagen, Moritz Haegi geht mit mehr Intellekt, sowie einem reichhaltigeren Wortschatz als der gehypte Deutsche an den Start. Der sehr mitsingbare Chorus macht Freude und ich könnte mir noch gut vorstellen, dass diese Nummer in Zürcher Clubs öfters laufen und für gute Stimmung sorgen könnte. Solides Fingerspitzengefühl zu diesem sehr tanzbaren Stück einen Clip zu veröffentlichen.


«Wasser»

Das zweite Stück reist in eine ferne Welt und ist getrieben von einem erdrückenden Weltschmerz. Der Gesang im Hintergrund ist ein gelungener Kontrast zu den harten Raps von MzumO, dessen Flow sich im Vergleich zu seinem Debüt vor knapp einem Jahr kreativ vervielfältigt hat und angenehm flüssig daherkommt. Als Zuhörer merkt man sofort, dass der Künstler die Hoffnung (noch) nicht verloren hat, mit seinen Zeilen die Hörerschaft zum Nachdenken und Verändern zu animieren.


Vor allem die letzte Strophe hat eine brennende Aktualität, die einem einnimmt und gleichzeitig auch recht melancholisch stimmt. Es ist irgendwie schon eine strube Zeit, in der wir doch leben…


«Test»
Nach den zwei sehr gelungenen Tracks mit sozialkritischem Touch kommt die erste Trapnummer, die mich jetzt nicht so wirklich vom Hocker haut. Auch wenn die Texte im Verlauf des Songs dann doch noch locker in der NZZ stehen könnten und die Schattenseiten des Kapitalismuslandes Schweiz beleuchtet werden, bleibt nach dem Durchhören von dieser Nummer eher wenig hängen.

«Montpèlerin»

Fuck, ist das ein Banger! Ich fühle mich ein wenig an den Bündner Marcus Aurelius und Blaubär erinnert, die oft mit solchen Beats gearbeitet haben und so auch einige Hits gezaubert haben. Crazy, wie belesen der Junge ist und mit was für Metaphern er auch hier um sich wirft.

«Küste» feat. Breana Marin

Solche Reggaetonrhythmen sind im Sommer immer sehr angesagt und doch zerdrückt einem die Traurigkeit des Textes fast ein wenig. Die Reise durch die Nacht und von Küste zu Küste wirkt so trostlos und irgendwie auch endlos. Das fühlt sich ein wenig so an, wie eine Party im Schatten. Aber doch ist es ein Stück in dem es sich wunderbar suhlen lässt, wenn man denn dazu bereit ist, sich seinem schwarzen Hund zu stellen.  

«Interlude»

Spannend, wie mit ein paar punktierten Tastengriffen ein musikalisches Zwischenstück entstehen kann, das nicht nur den Fluss des Werkes am Leben hält, sondern die Hörer auch zum Träumen und Verweilen einlädt.


«Afang/Endi»

Der Anfang vom Ende oder das Ende vom Anfang… Die Chronik des «weder Fisch, noch Vogel»-Seins auf dem Weg in die graue Erwachsenenwelt klingt ernüchternd. Der Soundtrack voller harscher Selbstkritik verknüpft mit biografischen Elementen soll wachrütteln, was wirklich gelingt, denn das ungute Gefühl im Magen pocht beim Hören dieses Songs verdächtig intensiv.  


«Geneva»

Jetzt wird’s ein wenig bluesig und sehr lustig. Der irgendwie versoffene Song passt so überhaupt nicht auf die Platte und hat vielleicht genau deshalb eine enorme Daseinsberechtigung. Die total andere Seite von MzumO, der in einem englischsprachigen Song ein Mädchen aus Genf zu einem Drink einladen will, ist ein Augenzwinkern und eine amüsante Angelegenheit. Bei so einer Einladung würde wohl keine Dame nein sagen.


«Gelaber»

Zum Abschluss gibt’s eine letzte Bestandesaufnahme und ein wenig Selbstlob, wie es im Rapbusiness nun einmal gang und gäbe ist. Eigentlich schade, dass das Album schon durch ist, denn anders als bei anderen Nachwuchsrappern, sind die Texte von MzumO nicht bloss «Gelaber».

Schlussfazit:
Melancholisch, zeitlos, unverwechselbar, mitreissend, orginell.

Das Album «Madrugada» vom Zürcher Rapper MzumO ist sehr facettenreich und schafft es trotz zum Teil ähnlichen Themen einen Spannungsbogen bis zum Schluss zu erhalten. Die gut überlegten Texte sind die halbe Miete, doch auch klangtechnisch wurde mit diversen neuen Klangelementen gearbeitet, die dem Werk eine zusätzliche Tiefe geben und die Botschaft zum Umbruch ins Spotlight stossen. Ein echt gelungener Zweitling, der Lust auf mehr macht.  

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