«La Verità» im Soundcheck
Mit viel Popappeal und einer entspannten akustischen Gitarre startet «La Verità». Ich bin sonst kein Italo-Pop-Fan, was wohl daran liegen mag, dass ich die Sprache nur sehr lückenhaft verstehe. Doch was hier Roberto Brigante liefert, berührt mich und erinnert mich von der Machart her stark an die von mir sehr geschätzte Mundartband Patent Ochsner. Einfach ein wunderschönes Stück Popmusik, dieses Canzoni.
Total anders klingt da «La Felicità», welches mit seinen Synthis ein wenig an die Rockmusik aus den 80ern erinnert. Das Lied geht noch ziemlich ab und ist sicher live ein ziemlicher Kracher, der das Publikum im Handumdrehen zum Ausrasten bringt.
Irgendwie spannend, dass der Musiker jedes Werk mit einem Artikel anschreibt. Das dritte Lied namens «La Strada» ist ziemlich melancholisch und durch die dunkelblauen Pianoklänge im Hintergrund leidet man fast ein wenig mit, wenn Roberto seine Geschichte erzählt. Was ich hier sehr gerne mag, ist der Sprung in der Strophe zwischen der einen Stimme, die klingt, als würde sie am Telefon sein und der anderen, die glasklar ins Mikrophon singt. Das sind so kleine Details, die ein zusätzliches Hörerlebnis garantieren.
«La Trappola» ist eine solide Pop-Rock-Nummer, die mit einem coolen stampfenden Beat und ziemlichem Zug nach vorne daherkommt und im Refrain sofort zum Mitsingen animiert. Hin und wieder braucht es eben gar nicht mal so viel, um einen coolen Rocksong zu schreiben. Zum Glück wird auch dem epischen Gitarrensolo Platz eingeräumt. Das fetzt!
Bei «La Storia» steht ganz klar das Klavier im Mittelpunkt, welches die Nummer zum Fliegen bringt und die Zuhörerschaft auf eine Reise mitnimmt an einen Ort, wo man zwar noch nie gewesen ist, sich aber dank der Band auf der sicheren Seite wähnt. Dieses luftige zwischen den Tönen ist sehr hörenswert und lässt einem träumen.
Bei «A Volte» spüre ich sofort eine erdrückende Nachdenklichkeit. Doch man hört gerne zu, wenn der Poet mit packender Stimme aus seinem Leben erzählt. Spannend, wie viel ich hier auf emotionaler Ebene, auch ohne die Sprache mächtig zu sein, verstehe. Musik kann wirklich alles.
«Nui ca lu sule» ist nicht nur der Bonus-, sondern auch noch ein ziemlicher Partytrack, der in jede noch so lasche Party Stimmung bringen wird und alle zum Tanzen und Mitsingen motivieren wird. «E-O…E-O…» - Grandios!
Schlussfazit:
Jetzt da ich mit der Plattenkritik durch bin, stöbere ich trotzdem noch ein wenig in den Unterlagen und bemerke, dass das mir vorliegende Werk bereits das 10. Album von Roberto Brigante ist. Dies beeindruckt mich sehr, denn es fällt mir immer wieder auf, wie schwierig es ist, über mehrere Jahre hinweg neue Ideen zu kanalisieren und in Lieder zu packen. Trotz der grossen Diskografie klingt «La Verità» extrem frisch und kurzweilig. Brigante hat etwas geschafft, an dem unzählige vor ihm gescheitert sind: Er hat mir italienische Musik nicht nur nähergebracht, er hat sie mir auch fast ein wenig schmackhaft gemacht. Auf dem neuen Album zeigt er nämlich wundervoll, dass man nicht immer jedes Wort verstehen muss, um die Musik fühlen zu können. Das Album mit Wohlfühlgarantie wird so vielleicht einmal bei mir ein Schlüsselwerk sein, welches mir neue, bisher unbekannte musikalische Türen öffnet und meinen Horizont erweitert.