Die Tätigkeit der Amphibienfrau
Sie sei in Gais im Appenzellerland aufgewachsen und habe schon früh ihre Faszination für Amphibien entdeckt. «Unsere Sekundarschule war damals in der Nähe der Klinik ausgelagert und wir Schülerinnen und Schüler mussten per Fahrrad zum Unterricht. Unser Weg führte entlang eines Baches. Jedes Jahr führte die Amphibienwanderung vom Bach über die Schulwegstrasse in die Einfamilienhausquartiere, wo Teiche und somit auch Laichgewässer zur Verfügung standen.» Doch leider achteten damals schon nicht alle Menschen auf die Mitlebewesen. «Es grauste uns, am Morgen durch die überfahrenen Kadaver zu kurven. Da nahm unser Biolehrer dieses Thema auf und organisierte mit uns die Rettungsaktion. So kam ich also schon im Alter von 14 Jahren mit Grasfröschen in Kontakt.» Diese Intervention von ihrem Lehrer hat sie nachhaltig geprägt.
Das Wissen weitergeben
Szacsvay ist inzwischen selbst Primarlehrerin. Dies in einem Teilpensum in der Weite/Wartau. Es sei ein schöner Beruf, bei dem man die Zukunft aktiv mitgestalten könne. «Als Lehrerin habe ich die Möglichkeit, mein Wissen, meine Haltung und Werte im Bereich Naturschutz weiterzugeben.» Denn leider gehe es oft vergessen, wie wunderschön und schützenswert die natürliche Umwelt doch sei. Sie habe sich schon immer sehr für die Natur und die Zusammenhänge im Allgemeinen interessiert. «Ganz besonders hat es mir die Vogelwelt angetan. Schon in meiner Jugendzeit kam ich durch einen Nachbarn in Kontakt mit dem Ornithologischen Verein Appenzell. Die schönen Exkursionen zum Beispiel zur Birkhuhnbalz in den Alpstein oder zum Herbstzug ins Rheindelta waren meine absoluten Highlights.» Ihre Faszination für die Flora und Fauna zog sich von ihrer Jugendzeit bis ins Erwachsenenalter. «Zur Konfirmation bekam ich von meiner Grossmutter ein Fernrohr und in der Zwischenzeit bildete ich mich auf diesem Gebiet privat weiter. Seit 2016 bin ich nun diplomierte Feldornithologin», erklärt Szacsvay stolz.
Hoffen auf ein Umdenken
Die Natur erhält durch die Corona – Pandemie aktuell eine Durchschnaufpause. Dies ist auch der Amphibienfrau, welche sich im Frühling viel draussen aufhält, aufgefallen. «Der Himmel ist klar, ich sehe wenige Kondensstreifen und höre wenig Flugzeuge. Ich freue mich ab dem wunderbaren morgendlichen Vogelkonzert und registriere jeden singenden Zugvogel, der wieder bei uns angekommen ist. Ich denke, dass den Menschen die persönliche Umgebung wichtiger wird und der unmittelbaren Natur so auch mehr Aufmerksamkeit und Sorge geschenkt wird.» Sie hoffe doch sehr darauf, dass dies etwas auslöse in den Menschen. «Ich denke, dass die Natur und vor allem das Klima kurzfristig sehr von der aktuellen Krise profitiert. Ob ein nachhaltiges Umdenken in den Köpfen der Menschen stattfindet, lässt sich noch nicht voraussagen. Immerhin haben die Menschen nun Zeit, zu entschleunigen und sich Gedanken zur Mobilität, zur Umwelt, aber auch zur Nahrungsmittelversorgung aus der nächsten Umgebung zu machen. Da bleibt sicherlich etwas hängen und es findet hoffentlich ein Umdenken statt.»
Der spannende Frühling
Doch auch ohne die Pandemie sei der Frühling eine ziemlich spannende Geschichte für eine Amphibienfrau wie sie. Es gebe immer einiges zu tun. «In dieser Jahreszeit heisst es, die Temperatur und den Niederschlag zu prüfen und rechtzeitig die Organisation der Rettungsaktionen in Angriff zu nehmen. Dies ist jedoch immer ein Pokerspiel, wie zum Beispiel in diesem Jahr, wo die Tiere bereits am 2. Februar aufgewacht sind. Danach wurde es wieder kalt und ruhiger, bis dann am 24. Februar die eigentliche Amphibienwanderung startete. Zuvor mussten natürlich beim Werkhof Wartau und beim Strassenkreisinspektorat in Buchs die Amphibienzäune und das weitere Material bestellt werden. Diese Zusammenarbeit funktioniert mittlerweile reibungslos und zeitnah.»
Wenn Frösche wandern, helfen Kinder mit
So ein Amphibienwandertag sei ziemlich genau strukturiert, sagt Katrin Szacsvay. «Tagwache um 6:00 Uhr, um rechtzeitig mit dem Velo nach Plattis zu fahren, wo ich jeweils um 7. 15 vier Schülerinnen und Schüler (die auch mit dem Velo vom Schulhaus Weite herkommen) empfange. Dort überwache ich das Einsammeln der Tiere aus den Schächten und das Tragen ins Laichquartier. Bei Fragen oder Problemen packe ich selber mit an, ansonsten sind die Kinder sehr selbständig und verantwortungsvoll und erledigen die Arbeit alleine. Dann geht es in die Schule zur Arbeit. Am Abend folgt das Einsammeln der Tiere von den Strassen in meinem Wohnort Oberschan. Der nächtliche Transport der eingesammelten Tiere vom Feuerwehrdepot ins Riet erledige ich mit dem Velo und Veloanhänger.»
Die ganze Familie ist begeistert
«Es war meine jüngste Tochter Luisa (12 Jahre alt), die sich vor 5 Jahren an der Amphibienrettungsaktion in Oberschan beteiligen wollte», erklärt die Amphibienfrau über die Inspiration zu ihrer aktuellen Tätigkeit. Auch sonst ist die Familie Szacsvay sehr unterstützend. «Mein Mann hat zum Beispiel die Ablaichkäfige, die beim Ersatzteich zum Einsatz kamen, gezimmert. Ebenfalls begleitet er mich ab und zu in der Nacht, um Daten über die Krötenwanderung zu erfassen. Meine Eltern sind über mein Engagement begeistert, haben sie mich doch erzogen, rücksichtsvoll mit der Natur umzugehen.» Sie verstehe durchaus, dass sich nicht alle für Amphibien begeistern können. Doch das störe sie und ihre Familie nicht, denn sie seien mit viel Herzblut dabei und stehen ein für die Fauna in der Region. «Leben und leben lassen» sei da ihr Motto.
Optimal für die Artenvielfalt
Der neue Amphibienweiher in Plattis sei enorm wichtig für die Artenvielfalt, denn nicht nur Amphibien profitieren vom neuen Gewässer. «Es zieht auch sehr viele weitere Tiere zum Trinken an. Ebenfalls fühlen sich in diesem Habitat verschiedene Vogelarten wie zum Beispiel der Kuckuck wohl.» Sie sei glücklich über die Situation in der Gemeinde Wartau, denn in der Region Sarganserland stehe es um die Amphibien sehr viel schlechter. Insgesamt gebe es im Werdenberg neun Arten, wovon der Grasfrosch, die Erdkröte und der Bergmolch, welche auch in Plattis und Oberschan anzutreffen sind, die häufigsten sind. Dann kommt der Kammmolch und der Teichmolch dazu, welches beides sehr stark gefährdete Arten sind. In der Region Grabs kommt der Feuersalamander recht häufig vor und in höheren Lagen der Alvierkette der Alpensalamander. Ein Gelbbauchunkenvorkommen haben wir noch in den Steinbrüchen Buchs und Sevelen und die Grünfrösche (zugezogene grosse Wasserfrösche) breiten sich in den Talsohlengewässern wie zum Beispiel in der Heuwiese aus.» Diese neun Amphibienarten und vielleicht noch viele weitere Tierarten erobern sich ihr Reich wieder zurück, wenn ein Umdenken nach der Corona-Krise stattfindet. Das Wissen über den Wert der Umwelt und ihrer Bewohner wird durch die leidenschaftliche Arbeit von Menschen wie Katrin Szacsvay exemplarisch an die nächste Generation weiter gereicht und schafft es vielleicht einmal, dass Naturschutznatürlich wird.