Der Drang aufzustehen und fortzugehen
Man sitzt im Büro, vielleicht arbeitet man gerade als Verkäufer in der Migros. Vielleicht ist man Lehrer an der Berufsschule. Wir alle kennen den Moment, wenn einem alles zu viel wird und wir bloss wegwollen. Wir wollen so weit weg wie nur irgend möglich. Selten wagen wir es einfach zu gehen. Wir reden uns ein; sei vernünftig und bleibe. Es könnte sich doch irgendwann alles Schlechte zum Guten wenden. Wir sind zu optimistisch, wenn wir bloss gehen sollten.
Oder der Gedanke: Denke bloss an deine Verpflichtungen, an die neue Wohnung mit der hohen Miete, oder ein Kind, das auf dem Weg ist. Nein, ich kann nicht einfach aufstehen und fortgehen.
Meiner Ansicht nach ist es nicht ratsam fortzugehen, wenn man Verpflichtungen aus dem Weg gehen möchte. Wenn man Angst vor etwas hat, sollte man bleiben und es ausstehen. Denn in solchen Momenten wachsen wir. Wenn wir einmal etwas abrechen und fortgehen, weil wir Angst davor haben, werden wir dies immer und immer wieder tun. Es ist ein Teufelskreis.
Es hat etwas Romantisches an sich einfach aufzustehen und fortzugehen. Aufstehen, Rucksack packen, das Fahrrad nehmen und davonradeln. Alle Verpflichtungen hinter sich zu lassen und nach vorne in ein neues Leben zu blicken. An Orte zu reisen, an welchen man sonst nur im Urlaub ist. Ein neues Leben beginnen, eine neue Existenz aufzubauen. In Fällen von Burnouts oder vor lauter Stress ist aufstehen und einfach fortgehen die perfekte Lösung. Indem wir alles hinter uns lassen, fällt der ganze Stress von uns ab. Wir fühlen uns wie neugeboren.
Es ist nicht das gleiche wie davonzulaufen, vielmehr eine Emanzipation. Meiner Ansicht nach ist es darum ratsam zu gehen, wann immer die Umstände einen dermassen erdrücken und die Kreativität des Lebens zerstören und man vor lauter Stress beinahe umkommt.
Gregor Sieböck, der Weltenwanderer, ein Österreicher, welcher von seiner Heimat im Nachbarland bis ans andere Ende der Welt, Japan, gelaufen ist, kann davon ein Liedchen singen. Gehe langsam, wenn du in Eile bist – lautet sein Rat.
Wir kommen zur Welt und verlassen sie wieder. Das was wir dazwischen machen, ist unser Leben. Es ist oft unergründlich und schwierig zu verstehen. Gefühle kommen und gehen. Menschen kommen und gehen. Manchmal verirrt man sich, kommt vom Weg ab und gerät ins Dunkel. Woher soll man wissen wie das Leben funktioniert? Man war ja noch nie hier? Woher soll man die Regeln kennen?
«Von der Erde kommst du, zu Erde wirst du wieder werden.» Gäbe es einen Weg allen Menschen genau das klarzumachen, dann wäre das eine Revolution. Gäbe es einen Weg den Menschen die eigene Sterblichkeit vor Augen zu führen, sodass jeder erkennt, was das Leben ist, dann würden viele einen ganz anderen Lebensweg einschlagen.
Darum sollten wir fortgehen, wenn es sich richtig anfühlt. Aufstehen und Fortgehen und ein neues Leben beginnen.