Bild/Illu/Video: Yannick Zurflüh

Das «Stofftüachle» aufleben lassen

Wie ist die Idee entstanden zum neuen Produkt?

Die Idee entstand in unserer Winterauszeit 2018 im Allgäu. Wir waren zum Glück soweit ich mich erinnere nicht erkältet oder so, doch eine Auszeit ist immer ein guter Brutkasten für Ideen. Seit langem verwenden Rainer und ich Stofftaschentücher. Sie wurden bei uns über Generationen weitergegeben, in der Brockenstube erworben oder innerhalb der Familien verschenkt: Für die tropfenden Nasen, zum Trocknen von Tränen, um die Hände und Münder abzuwischen, als Schweisstuch oder Sonnenschutz auf Wanderungen, um eine Scheibe Brot oder einen Apfel einzupacken oder als Serviette für unterwegs. Damit war das Stoffsacktuch schon seit längerem ein wichtiger, quadratischer Teil des Familienlebens - obwohl es ja - im wahrsten Sinne des Wortes - eigentlich nur im Hosensack steckt.

Neben diesem familiären Grund gibt es auch einen anderen Aspekt: Ich wollte immer schon ein Produkt entwickeln, dass täglich benutzt, einfach gelagert (kein Ablaufdatum, keine Kühlung) und einfach erklärt werden kann sowie durch tolles Design besticht. Und - nicht ganz unwichtig - ein nachhaltiges Produkt, das vielleicht ein ganz kleines bisschen zur Rettung unserer Welt beitragen kann. Das «Hoi Stofftüachle» vereint all diese Eigenschaften in sich - die Idee war geboren.


Wann habt ihr euch dazu entschieden ein Crowdfunding zu organisieren?

Als wir konkret an die Kalkulation des Produktes herangegangen sind. Wir haben uns auf eine längere Suche nach Menschen gemacht, die nach den gleichen Werten wie wir handeln und Produkte nach den Prinzipien sozial, fair und ökologisch herstellen. Zu unserer grossen Freude haben wir diese Menschen in unserer Region gefunden. So sind wir via die Firma F. Blumer & Cie. AG in Niederurnen GL auf Kilian Wiget von WE ARE ZRCL zu bioRe® Sustainable Cotton gestossen und konnten so grossartige Lieferanten und Produzenten für unser Projekt begeistern.

Die Herstellung und Lancierung der ersten Hoi-Stofftüchlein-Kollektion übersteigen die finanziellen Mittel unseres kleinen Familienbetriebes. Eine Finanzierung wäre auch über einen Bankkredit oder über Venture Capital Geld möglich. Aber Crowdfunding passt einfach am besten zu uns und unserer Idee, denn ganz entscheidend für den Erfolg dieses Produktes ist die Rückmeldung von den Leuten, die hoffentlich in Zukunft das Stofftüachle begeistert nutzen und weiterempfehlen: Ihr alle. Wir wollen von Anfang an sehen, was den Menschen gefällt und was wir verbessern müssen, welche Ideen die Leute haben für die Zukunft und welche Einsatzmöglichkeiten für das Stofftüachle noch schlummern. Nur zusammen können wir diese Welt ein klein wenig besser machen.


Wie sind die ersten Reaktionen darauf?

Bis jetzt glücklicherweise durchwegs positiv. Jedenfalls diese, welche zu uns gekommen sind. Wir sind sehr dankbar, dass wir in den ersten Tagen bereits über 8'000 Franken sammeln konnten und schon über 70 Menschen die Idee unterstützen. Es ist nicht selbstverständlich, in diesen ungewissen Zeiten so viel Unterstützung zu erfahren.


Was kann euer Tüchli, was andere nicht können?

Es ist ein Revival des guten alten Stoffsacktuchs. Der Rohstoff ist biologische und fair angebaute Baumwolle. Und soll in der ersten Auflage im Format 32x32 cm regional im Glarnerland gedruckt und fertig konfektioniert werden.


Es kann sicher von seiner Funktion her gleich viel was auch andere Stofftüachle können - etwas einpacken, aufwischen, eine Gedankenstütze (Knopf) sein, Tränen trocknen, Mund und Hände abwischen, als Serviette dienen, zum Schnäuzen, für den Abschied winken... die Möglichkeiten sind vielfältig. Die besonderen Illustrationen machen unser «Hoi Stofftüachle» jedoch sicher auf seine Weise einzigartig - zusammen mit der genannten Produktion nach den Prinzipien sozial, fair und ökologisch. Es soll einfach Freude machen das Stofftüachle aus dem Hosen- oder Jackensack zu ziehen.


Aktuell sind alle im Quarantänemodus und ihr lanciert kurzerhand ein neues Produkt. Ist der Zeitpunkt dafür nicht ein wenig ungünstig gewählt?

Wir haben hin- und herüberlegt, ob wir in der aktuellen besonderen Situation unser Vorhaben, ein neues Produkt mittels Crowdfunding auf wemakeit.com zu lancieren, umsetzen sollen oder nicht. Da wir aber auch in der jetzigen schwierigen Phase gerne nach vorne schauen und wir sooo stark an das Produkt glauben, haben wir uns entschieden, die Kampagne zu starten! Ja, trotz allem - jetzt. Es war alles dafür schon quasi pfannenfertig parat, da wir ohnehin zu in diesem Zeitraum vor hatten zu starten. Da wir momentan ja auch geschlossen haben und nichts unversucht lassen möchten was mit gegebenen Kräften möglich ist.


Ich muss ein wenig kritisch fragen... Fast 60'000 Franken für ein «Tüchli» ist dies nicht ein wenig überrissen? Was kostet denn so viel?

Ja, das erscheint auf den ersten Blick natürlich erst mal sehr viel - für ein Tüachle. Das Geld aus der Kampagne wird für die Herstellung der ersten Auflage von geplant rund 6'000 Taschentüchle (32 x 32 cm) in 9 Motiven von 9 IllustratorInnen verwendet. Damit bezahlen wir den Einkauf der Bio-Baumwolle, die regionale Weiterverarbeitung und Konfektionierung und den Druck in der Region.


Fair heisst für uns auch, die Stofftüchlein für einen fairen Preis zu verkaufen. Nicht nur für die Hersteller und uns als Laden, sondern auch für unsere Kunden. Das Stoffsacktüchlein soll für viele Menschen erschwinglich sein. Um einen möglichst marktfähigen Verkaufspreis für das Stofftüchlein erzielen zu können, benötigt es für die Herstellung eine hohe Auflage.


Wie alle anderen Läden, ist auch der Hoi-Laden zu. Wie schwer trifft euch das?

Genau, seit 19. März sind auch unsere Ladentüren geschlossen. Wir betreiben im Hintergrund weiter unseren Online-Shop, den WhatsApp-Service und sind natürlich weiterhin per Mail erreichbar.


Wir sind glücklich und dankbar, dass beinahe täglich Bestellungen eintreffen. Gleichzeitig sind die momentanen Umsätze natürlich in keiner Weise vergleichbar mit dem Vorjahr. Wir sind ja eine Boutique für regionale Geschenke und Souvenirs. Auf Grund der eingeschränkten Möglichkeiten was Veranstaltungen und Reisen betrifft dies unser Angebot natürlich sehr im Privat- sowie gleichermassen im Firmenkundenbereich. Ich bin sehr dankbar diese Krise in einem solch stabilen Staat wie Liechtenstein zu erleben. Auch wir haben Kurzarbeit angemeldet und erste Unterstützungsleistungen in Form eines Ausgleichs für mich als geschäftsführende Teilhaberin sowie eines Überbrückungskredites haben wir bereits erhalten. Es ist natürlich im Moment für alle eine Ausnahmesituation. Ich denke, die längerfristigen Folgen werden sich erst noch abzeichnen und ich kann es im Moment überhaupt nicht einschätzen. Doch wann Leute wieder zu uns ins Land zu Gast kommen können, wann Menschen von hier wieder ins Ausland reisen und Freunde besuchen können, wann Geburtstage, Firmenanlässe und Hochzeiten wieder stattfinden können - das ist momentan noch alles ungewiss.


Mehr Infos zum Crowdfunding findet ihr hier.


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