Das Interview zur Lesung von Kuno Bonts «Störfall»
Ein Gast, ein Buch, der Buchtalk. Der regional bekannte
Filmemacher erzählt aus seinem Drehbuch STÖRFALL. Kuno Bont ist kein
Schnellschreiber, wie er uns verrät. Seine Drehbücher beinhalten zu den
Dialogen die für ihn wichtige Geräuschkulisse, die dem Drehbuchleser ein Bild
vermittelt und auch Emotionen besser transportiert. «Geräusche geben oder
nehmen Tempo», so Bont.
Störfall, die Geschichte eines Vaters, dessen schwuler Sohn sich mit HIV ansteckt und später von der Staatsanwaltschaft angeklagt wird, weil er wissentlich andere damit angesteckt haben soll, spielt in den 80er Jahren. Die Geschichte Störfall resultiert aus verschiedenen Beobachtungen Kuno Bonts, die schlussendlich von ihm zu einer Geschichte verwoben wurden. Die Grundlage zum Buch sind verschiedene Begegnungen und schicksalshafte Geschichten.
Der Drehbuchautor erzählt von einem Rheintaler Vater, der mit dem Schicksal hadert, weil er einen schwulen Sohn hat. Von einem Vater und einer Mutter, die sich für ihren schwulen Sohn einsetzen, aber auch von einem Vater, der mit der Frühpensionierung zu kämpfen hat. Einem Vater, der gegen die Bürokratie mit dem sogenannten Paragraphenreiter und den immer länger werdenden Vorschriften kämpft und sich dabei komplett verirrt. Bei Störfall handelt es sich konkret um das Psychogramm eines Vaters. Es erzählt die Geschichte eines Mannes, der mit der ganzen Situation nicht mehr fertig wird. Der Schluss ist fiktional. Kuno Bont erzählt, dass er schlussendlich vor der Alternative stand, entweder einen Mann zu zeigen, der «in sich hinein kämpft» und daran zugrunde geht, oder einen Charakter darzustellen, der wortwörtlich vor Wut und Schmerz platzt. Kuno hat sich für die zweite, für die aufsehenerregendere Variante entschieden. Nicht um Schlagzeilen zu machen, sondern um den Finger draufzuhalten und zu sagen: «Versteht die Menschen besser, schaut, was und warum sie es machen und woher die Provokation kommt.»
Die Herausforderung für Bont ist nicht der eigentliche Film. Die Herausforderung ist eher, was er für einen Film machen will. Er orientiert sich am Leben, welches passiert, und das ist dann Authentizität. Bont: «Ich will einen Film machen, den man sofort versteht, und das kann man nur, wenn er authentisch ist. Die Herausforderung ist aber auch, eine Dramaturgie zu erschaffen, denn ein Film geht in der Regel 1, 5 Stunden und es ist nicht gut, wenn man nach fünf Minuten einschläft! Also muss ich mich vor allem um die Dramaturgie kümmern. Man darf die Elemente nicht unterschätzen, die so eine Geschichte unterstreichen. Was passiert hier? Es gibt leise, sogar stille Momente, aber es gibt auch schnelle Reaktionen, die bringen Tempo ins Geschehen und sind meist laut. Die Erzählart ist auch eine wichtige Herausforderung. Alles andere, wenn’s dann darum geht, den Film zu machen, das war für mich nie ein Problem und ich bin zuversichtlich, dass das so bleibt.»
Auf die Frage, ob der Film in schweizerdeutscher Sprache erscheint, weil das Drehbuch einige Ausdrücke aus der Region beinhaltet, gibt Kuno preis, dass die Authentizität eben hier anfängt, zum Beispiel mit der gewählten Sprache. Bont: «Das gehört zu mir, darum drehe ich meine Filme immer noch hier und nicht in Zürich oder im Wallis.»
Es ist nicht Bonts erstes Filmprojekt. Als ich ihn frage, was heute anders ist, antwortet er: «Gegenüber früher bin ich aus dem, was ich beim ‘Deckelbad’ gelernt habe, noch kritischer geworden. Ein noch genauerer Beobachter, es ist das, was mich schon ein Leben lang begleitet. Leute beobachten, beschreiben, was sie tun und wie sie sind. Ich habe seinerzeit beim W&O jeden Samstag eine Reportagenserie eingeführt. Wir sind bei den Leuten in der Stube gestanden, im Stall oder wir haben sie in der Wiese beim Heuen mit der Kamera begleitet. Ich bin älter geworden und nicht mehr ganz so geschmeidig. Ich kann mich beim Autofahren über einen Schleicher gottvergessen aufregen, was früher nicht der Fall war.»
Als ich Kuno Bont darauf hinweise, dass er scheinbar Wesenszüge des Protagonisten Hans Steiger hat, lacht er und ich glaube zu erkennen, dass ich damit gar nicht so Unrecht habe. Ein gemeinsamer Wesenszug der beiden könnte auch die Sturheit sein.
Im Publikum taucht gegen Schluss die Frage auf, wie Kuno Bont vom Gemeindepräsidenten zum Filmemacher wurde. Diese Frage beantwortet Kuno mit Daumen und Zeigefinger. Damit stellt er klar, dass er in seinem Leben nur so viel Gemeindeammann war. Es handelt sich um eine Zeitspanne von 8 Jahren. Er sagt: «Ich wollte eigentlich Schauspieler werden, doch mein Vater meinte, ich müsse etwas Richtiges lernen. Ich habe dann die Lehrstelle auf der Gemeinde Oberriet absolviert. Ich bin ein anständiger und netter kaufmännischer Angestellter geworden mit einem tollen Abschluss. Später habe ich zum Journalismus gewechselt. Dort zuunterst angefangen als Dorfkorrespondent, der am Sonntag in der Küche Bilder entwickelt und vergrössert hat, bis ich gefragt wurde, ob ich zur Zeitung möchte. So bin ich zum Rheintaler gekommen und ein waschechter Rheintaler geworden. Danach wurde ich als Gemeindeammann gewählt, damals nannte man das noch so.
Während meiner Zeit dann beim W&O als Chefredaktor, begann ich Filme zu drehen. Ich wurde mehr und mehr zu dem, was ich schon immer hatte sein wollen. Als Jugendlicher war es noch Schauspieler, mit den Jahren hat es sich gewandelt. Heute kennen mich die Menschen als Kuno Bont, der Filmemacher.»
Der nächste Gast beim Buchtalk in der Bibliothek Buchs ist Armin Öhri, ein liechtensteinischer Schriftsteller. Er bringt den Klassiker «Krieg und Frieden» von Tolstoi mit. Also bitte Datum vormerken: 26. April 2023, neu ab 20 Uhr, wie immer in der Bibliothek Buchs.