«Äx-tra NoMal» im Soundcheck
Mit dem Song «Gib mer e Kuss» stellt sich Dänu Extrem dem Publikum vor. Es ist eine melancholische Pop-Nummer, die vom Abschied handelt und trotzdem die süssen Seiten des Lebens zelebriert.
«Deppe-App» arbeitet mit Off-Beat-Rhythmen und Stimmenoptimierungsprogrammen. Der lustige Text erzählt die Geschichte von einem Mann, der sich komplett auf seine Apps verlässt, anstatt den gesunden Menschenverstand zu aktivieren. Das Lied ist eine feinste Lebenssatire und lässt einem den viereckigen Kasten für einen Moment recht weit weglegen.
«Néstlait» ist ein Klamauk-Lied und erinnert in seiner Machart an afrikanische Musik. Der Kanon ist witzig und funktioniert auch als Kinderlied.
«Immer nume ig» ist ein grooviger Track, der das eigene Ego abfeiert. Dänu macht dies aber in einer selbstironischen, sowie witzige Art und Weise. Es ist eine solide Rocknummer mit diversen musikalischen Feinheiten, die man gerne vermehrt anhört.
«I stah no da» ist eine Bluesnummer, bei dem der Protagonist zurück schaut auf Fehler und Misserfolge, die er gemacht hat. Das Lied hat eine unheimlich motivierende Wirkung, da er nicht aufgibt, immer wieder aufsteht und positiv nach vorne blickt. Schön!
Bei «Nümme Läbe» kommt ein wenig Feriengefühl auf. Dies ist sicher der Ukulele und den damit verbundenen Hawai- Assoziationen geschuldet, widerspiegelt aber überhaupt nicht den tieftraurigen Text. Es ist ein spannendes Intermezzo, sowie auch eine angenehme Abwechslung.
«Ke Strom» beschreibt das einfache Leben auf dem Land. Zwischen den Zeilen schwingt immer ein wenig Konsumkritik mit, wenn davon erzählt wird, was alles nicht gebraucht wird. Das Lied, welches am ehesten im Genre Folk zu Hause ist, erhält gegen den Schluss noch eine amüsante Beat-Box-Einlage, die das Werk herrlich abrundet.
Mit der grossen Kelle wird angerührt beim Lied «Isches das itz gsy?». Das Lied mit dem Big-Band-Arrangement malt ein nachdenkliches und düsteres Bild. Es zeigt nämlich auf, wie es ist, wenn man sich immer mehr Statussymbole kauft, sich jegliche kaufbaren Träume erfüllt und sich dabei selber verliert. Ein Hoch auf die Bescheidenheit, denn ist es nicht häufig so, dass diejenigen, welche kaum was besitzen, trotzdem die Glücklichsten sind?
«Wo isch Problem – Man?» ist im Ausländerslang gehalten, was allerspätestens seit Erkan und Stefan nicht mehr wirklich lustig ist. Ich verstehe, was der Autor mit diesem Lied aussagen wollte, aber eben… Wenigstens ist das Lied musikalisch wunderbar experimentierfreudig.
«Please (Don’t go)» hat am Anfang etwas von einer Meditationssitzung und verwandelt sich nach gut einer Minute in ein Doo-Woop-Stück, welches nostalgische Gefühle in mir weckt und sehr hörenswert ist.
«D’Scheidig (Du und ig)» ist voller dunkelblauer Noten und geht einem sehr nahe. Rastlos und ahnungslos sucht Extrem nach Gründen für das Auseinandergehen, aber wirklich welche findet er dabei nicht.
«Volli Züg» klingt am Anfang wie ein Lied aus einem Spaghetti-Western und groovt recht druckvoll aus den Boxen. Dann wird’s ein wenig komplexer und neue Sounddimensionen öffnen sich. Interessant, wie aus so etwas Alltäglichem ein solcher Pink Floyd-mässiger Song entstehen kann. Grandios!
«Hei cho zu mir» ist auch virtuos, aber erklingt mit viel mehr Pop-Appeal. Ich mag es sehr, wenn der Frontmann eher spricht, als singt, da seine tiefe Erzählerstimme der Geschichte zusätzlichen Nachdruck verleiht. Auf den Chorus hin lichtet sich die erdrückende Stimmung und es gibt eine simple Melodie auf die Ohren, die sofort von allen mitgesungen werden kann.
«Karma (D’G’schicht isch geng di glych)» ist ein Rockkracher, der mich spontan an den Song «Boxmätsch» erinnert, welchen Danü Extrem neben dem Song «Ig ha e Uhr erfunge» für die Kompilation «Matter Rock» produziert hat. Cool, dass der Rockpoet nichts an Biss verloren hat in den vergangenen 20 Jahren…
«Schlafe» startet mit einem nervtötenden Weckton und ist nochmals humoristisch angelegt. Erneut zeigt der Berner, welche grandiose Beobachtungsgabe er hat und wie er es immer wieder schafft aus alltäglichen Dingen grossartige Songs zu zimmern.
Schlussfazit:
«Äx-tra NoMal» von Danü Extrem ist ein Album wie eine Pralinenschachtel. Man weiss nie, was man kriegt, wird aber von den 15 unterschiedlichen musikalischen Delikatessen überrascht. Musikalisch kann der Künstler eine Bandbreite vorweisen, wie sie nur sehr wenige in der Schweiz praktizieren. Trotz zahlreicher unterschiedlicher Stile passen die Lieder perfekt aneinander und nichts wirkt je beliebig. Seine Texte haben Tiefgang und sind für viele Menschen nachvollziehbar, da der Berner genauer hinschaut und seine Augen auch nicht vor sozialen Missständen verschliesst. Insgeheim hoffe und freue ich mich schon auf eine nächste Platte, denn die Mundartlegende hat eben dieses gewisse Extra und ein Feuer für die Kunst, welches heute häufig fehlt, bei ihm aber immer noch lichterloh brennt.