Zu teuer! Zu teuer?
Bild/Illu/Video: Alice Gabathuler

Zu teuer! Zu teuer?

Vor ein paar Jahren war ich mit meinem Kinderbuch Ich, Onkel Mike und Plan A auf einer Lesetour in Deutschland. Der Buchhändler, der mich begleitete, erklärte mir gleich am Anfang: «Du wirst nur sehr wenige Bücher verkaufen.» Etwas erstaunt über diese klare Ansage schon vor der ersten Lesung, fragte ich nach dem Warum. Die simple Antwort lautete: «Das Buch ist zu teuer.» Ich weiss nicht mehr genau, wie viel das Buch damals in Deutschland kostete, wohl etwas um die 12 Euro, für ein Hardcover-Ausgabe ein berechtigter Preis, wie ich fand. Während ich mir noch eine höfliche Antwort überlegte, redete der Buchhändler schon weiter. «Kinderbücher, die mehr als zehn Euro kosten, verkaufen sich schlecht.» So war es dann auch. Ich begeisterte bei den Lesungen zwar die Jungs und Mädels und oft auch ihre Lehrpersonen, aber das Buch verkaufte sich trotzdem fast nicht. Zu teuer eben.


Wenn ich bei Lesungen erzähle, dass ich pro Buch, je nach Umfang, im Schnitt ungefähr einen Euro/Franken verdiene, klappen die Kinnladen runter. Wer denn da den ganzen Rest einsacke, will das Publikum dann jeweils wissen. Nun, der Rest verteilt sich auf Verlag, Druckerei, Vertrieb, Buchladen und sämtliche damit verbundenen Ausgaben, inklusive Gehälter für alle, die in irgendeiner Form an der Herstellung und dem Verkauf des Buches beteiligt sind, bis hin zum Lastwagenfahrer, der die Bücher von A nach B transportiert. Wenn man das mal herunterbricht, bleibt halt für den Einzelnen nicht mehr viel übrig. Am meisten verdienen noch jene, die das Buch weder schreiben, noch herstellen: die Zwischenhändler. Der Running Gag an meinen Lesungen ist deshalb mein (bitterböser) Rat, bloss nie selber etwas herzustellen, sondern einfach Zwischenhändler zu werden.


Leider ist die Buchbranche mittlerweile völlig gefangen in ruinösen Preiskämpfen. Als wir mit unserem da buxVerlag begannen, haben wir uns die Preise von Büchern mit ähnlichem Umfang und Inhalt angeschaut.  Das Krasseste, das ich gefunden habe, waren schön gemachte, zum Teil von namhaften Autor*innen geschriebene Bücher im Umfang von rund hundert Seiten für 4.99 Euro. Ich hatte und habe bis heute keine Ahnung, wie man so mit einem Buch noch Geld verdienen kann, und wenn ich an die 7 bis 10 Prozent Tantiemen denke, die Autor*innen für ihre Bücher bekommen, frage ich mich auch ernsthaft, wer sich so was antut und für weniger als 50 Rappen pro verkauftes Buch eine Geschichte mit hundert Seiten schreibt. Die simple Antwort ist: Leider immer noch zu viele. Und da sind die Self Publisher, die Bücher für 99 Cents anbieten, noch nicht einmal inbegriffen.


Nun schneit es uns allen das nächste Problem herein: Ganz abgesehen davon, dass die Lebenskosten generell gestiegen sind und wohl noch weiter steigen, explodieren zurzeit gerade die Papierpreise, und zwar so sehr, dass die Druckereien die Kosten weitergeben müssen, wenn sie nicht in ernsthafte finanzielle Schieflagen geraten wollen. Also auch an die Verlage. Die meisten werden nicht um Preiserhöhungen herumkommen. Ich habe schon von ersten Verlagen gehört, die trotzdem versuchen, diese Erhöhungen selber abzufangen, obwohl schon jetzt alles sehr knapp kalkuliert ist. Das ist so, als würde man versuchen, eine bereits völlig ausgepresste Zitrone weiter auszupressen.


Bücher haben ihren Wert. Ich finde, es wäre höchste Zeit, über ihren Preis zu reden. Wie viel sind sie uns wert? Wie viel sind uns die Menschen wert, die meistens für ein sehr mageres Gehalt in der Buchbranche arbeiten: die Autoren, die Verlegerinnen, die Lektoren, die Übersetzerinnen, die Korrekturleser, die Druckerinnen, die Buchhändler usw.  Alternativ dazu könnte wir ja meinen bitterbösen Gedanken weiterspinnen und alle Zwischenhändler*innen werden. Nur: Dann gäbe es irgendwann keine Produkte mehr. Schöner Mist, was?

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