Vom Glanz des Neuen
Bild/Illu/Video: Lucas J. Fritz

Vom Glanz des Neuen

Genauso scheint es sich mit den Menschen zu verhalten. Schwierig ist es jemanden ein Leben lang genauso zu lieben wie bei der ersten Gefühlsregung des Verliebtseins. Gesichter, respektive Menschen und aber auch Orte, denen ich zum ersten Mal begegne, sind hingegen rein, ohne Meinung, Vorurteil, Spekulation oder gemeinsame Geschichte belastet.


Jemand neues kennenzulernen, ist wie ein erneutes Entdecken der Welt. Die Augen sind weit offen. Das Herz schaut und staunt und es erfreut sich an den Menschen und der Welt. Befindet man sich in einer Welt, die nur aus Gewohnheiten und Gewohntem besteht, so staunt man nicht und das eigene Herz schweigt, weil es gefangen genommen wurde. Ein Herz hat frei zu sein, damit es den Menschen führen und berühren kann.

Doch mit der Zeit verblasst auch der Glanz des Neuen. Alles kann über Zeit zur Normalität werden. Erst im Moment der Trennung von Mensch oder Ort, erscheinen die Dinge nochmals im Glanz des Neuen auf. Das ist die traurige Schönheit eines Abschieds. Doch der Glanz erscheint nur wie neu, weil die Augen mit Tränen benetzt sind. Der Mensch und der Ort, beide sind nicht mehr unbekannt. Man hat sie sich damit vertraut gemacht und erinnert sich zurück. Vielleicht hat man einen neuen Freund finden oder eine neue Heimat entdecken dürfen. Einsamkeit überschattet den Glanz der Dinge. Wer sind wir noch ohne den anderen? Was sind wir ohne unser zuhause? Wer bist Du? Wer bin ich? Doch auch die Einsamkeit selbst hat ihren Glanz. Auch sie ist getränkt mit dem Sanft der Tränen. Wer hat er zum Freund, der einsame Mensch? Wo ist er zuhause, wenn nicht in sich selbst?

Die Einsamkeit, macht das Gemeinsamsein erst lebenswert. Die Trauer macht die Freude erst erfahrbar. Wären wir immer glücklich, so vergässen wir irgendwann, dass wir glücklich sind, wegen der Normalität, die sich alles greift, was nicht mehr neu oder dem Abschied nah ist.

Die Schönheit liegt überall zu entdecken bereit. Im Menschen, in einer Landschaft, im Regen und Sonnenschein. Ganz besonders jedoch in der Vergänglichkeit jedes Augenblicks.

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