The Bird Lady
Unsere Gesellschaft ist geprägt von Regeln und somit auch von Verboten und nicht zuletzt gehört zu jeder Qultur auch eine Tradition, welche man aus guten Gründen zu befolgen hat.
Als Kind gehorchen wir erst einmal unseren Eltern, später folgen wir dem Gesetz. So richtig frei, manche nennen es vogelfrei, sind wir Menschen also nicht.
Ich habe mir vor geraumer Zeit vorgenommen, meine Wellensittiche und seit diesem Jahr auch Nymphensittiche zahm zu bekommen und es ist mir ziemlich gut gelungen.
Letzte Nacht habe ich geträumt, dass ich mit meinen Wellen- und Nymphensittichen in die Turnhalle zum Volleyballtraining gegangen sei. Ich hatte im Traum keine Angst, dass die Vögel wegfliegen und ich sie verlieren könnte. Nein, im Gegenteil, ich fand es sehr schön, dass sie so gern bei mir sein wollten. Als die Vögel in der grossen Turnhalle umherflogen, da fühlte ich ein unbändiges Freiheitsgefühl und ich war so glücklich, dies erleben zu können. Doch als die anderen Volleyballteilnehmer eintrudelten und anfingen, Volleyball zu spielen, da begriff ich, dass es für meine Vögel gefährlich werden könnte. Also habe ich sie zu mir gerufen und habe sie nach Hause, in Sicherheit, begleitet und bin anschliessend wieder zurück ins Volleyballtraining gegangen.
Warum erzähle ich euch das? Weil ich meinen Traum als eine Metapher verstehe. Meine Vögel sind meines Erachtens in Sicherheit, solange ich bei Ihnen bin und die Sachlage abchecke, und dann ist es egal, in welchem Raum wir uns gerade befinden, jedenfalls ist das im Traum so. In der Realität sieht das schon anders aus. Dort ist es so, dass Vögel, welche als Haustiere gehalten werden, ihr Revier kennen müssen, um sich wohlzufühlen. Unsicherheiten bei Vögeln entstehen meist, sobald eine unbekannte Person den Raum betritt oder aber ein neues Objekt im Raum steht. Im konkreten Beispiel, also in meinem Traum, war die grösste Gefahr der Ball, der plötzlich in der Turnhalle umhergeschossen wurde. Meine Vögel kennen viele Gefahren nicht, weil sie in einer geschützten Umgebung aufwachsen und leben.
Übrigens konnte ich die letzten Monate mehrfach feststellen, dass das zahme Verhalten meiner Tiere sehr davon abhängt, wer sich im Raum befindet. Bin nur ich bei ihnen, gibt es kein Halten mehr und die Vögel sind schneller bei mir, als ich überhaupt rufen kann. Wenn sie aber grad ein Nickerchen machen, dann lassen sie sich auch nicht von mir stören. Und natürlich respektiere ich es dann, dass sie ihre Ruhe haben wollen. Sobald ich aber mit Besuch den Raum betrete, ist erst einmal «Schüchternheit» angesagt. Je nachdem legt sich die nach einer gewissen Zeit, aber oft ist es so, dass sie nur zu mir oder zu Familienmitgliedern den Kontakt suchen, die sie gut kennen. Auch dieses Verhalten kann man eins zu eins auf den Menschen übertragen. Deshalb finde ich es sehr spannend, meine Vögel zu beobachten und auch meine Träume zu analysieren.
Tiere liegen mir am Herzen, mein Lieblingstier ist allerdings immer noch der Hund. Vögel zu beobachten, sei es bei mir zuhause oder in der Natur, ist inzwischen für mich zur Passion geworden. Ich stelle mir immer wieder mal die Frage, ob sich schon immer so viele Wildvögel bei uns im Garten und auf dem Hausdach aufgehalten haben und ich es einfach nicht wahrgenommen habe. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass Wildvögel unsere Vögel zwitschern hören und sich deshalb bei uns aufhalten wollen. Und wenn sich sogar Wildvögel gerne bei uns aufhalten, dann gehe ich davon aus, dass mein Vogelschwarm glücklich ist, auch wenn er in Gefangenschaft lebt.