«Sweet Roller» im Soundcheck
Sanft und doch irgendwie treibend startet das Titelstück «Sweet Roller». Schnell wird mir bewusst, dass bei dieser Band die Handarbeit und die damit erzeugten holzigen Klänge im Vordergrund stehen. Schön, dass sich die Formation auf das Authentische und Natürliche der Musik beruft und ihre Hörerschaft zum Träumen einlädt. Die Abwechslung zwischen der tiefen Männerstimme und dem hellen Frauengesang gelingt wundervoll. Am besten funktioniert ihr Zusammenspiel aber, wenn sich die beiden Goldkehlchen das Mikrophone teilen. Die Ballade, welche über sechs Minuten dauert, fühlt sich deutlich kürzer an und hinterlässt einen tollen ersten Eindruck.
«If you go down» hat etwas Verruchtes an sich und groovt angenehm tanzbar aus den Boxen. Die Synthies, die noch einen leichten 80er-Vibe haben, machen das Lied unwiderstehlich und passen perfekt in die aktuelle Zeit, wo nicht nur internationale Acts wie The Weeknd, sondern auch Schweizer Künstler wie Crimer die Musik dieser Zeit aufleben lassen.
«Kalif onya» wird bei vielen Personen im Moment einen wunden Punkt treffen, denn die Band hat hier eine angenehme Reisehymne erschaffen. Dabei gelingt es ihnen nicht nur das Fernweh, sondern auch die Freundschaft in einen Song zu packen, der einem in alten Erinnerungen schwelgen lässt. Hoffen wir mal, dass Corona bald verschwindet und man wieder ohne Problem in ein Flugzeug steigen kann.
«Sober by tomorrow» fühlt sich wie ein Sommerabschiedslied an. Dies liegt nicht nur an den dunklen Wolken, die soeben vor meinem Fenster erschienen sind, sondern auch an der musikalischen Melancholie, die Al Pride auf mich niederregnen lässt. Das Lied fährt direkt unter die Haut, da es malerisch den Zustand der Ernüchterung und der Trennung nachzeichnet. Gänsehaut!
Sofort im Ohr hängen bleibt der Song «Hunger», der nichts mit Essen, sondern eher was mit sexuellen Bedürfnissen zu tun hat. Die Band hat es geschafft, ein Lied über die wichtigste Nebensache der Welt zu schreiben, ohne dabei plump oder billig zu wirken. Dies verdient definitiv ein Kränzchen.
«Another Vibe» erinnert mich im ersten Moment an eine schnelle Version von «Englishman in New York». Doch der primäre Höreindruck trügt. Die Nummer hat viel Kraft und zeigt eindrücklich, wie das Zusammenspiel von so vielen Instrumenten zu klingen hat. Hier wird niemand zurückgelassen und weil ihre Klangwand so stark ausgestattet ist, reisst einem das Ganze auch ziemlich mit.
Bei «Forever High» gefallen mir die Spielereien der Rhythmussektion sehr. Es ist einfach wunderbar, wenn Bands so abwechslungsreiche Kompositionen anfertigen, die eigentlich von jedem Radio rauf und runter gespielt werden sollten. Solche Herzblutmusik macht wirklich für immer «high».
Das leider schon letzte Lied der CD heisst «Feeding Fire» und die Band Al Pride zeigt nochmals was sie auf dem Kasten hat. Schöne Gitarrenlicks, Engelsgesang, groovige Strophen und eine träumerische Atmosphäre präsentieren die Kreativen auf dem Abschlusstrack. Auch wenn der Refrain ein wenig sperrig daherkommt, ist es vor allem das Bombastische, was einem ins Staunen versetzt.
Schlussfazit:
Frisch, authentisch, kreativ und voller beschwingter jugendlicher Spielfreude – so klingt «Sweet Roller» von Al Pride für mich. Die Formation hat ihren ganz eigenen Stil gefunden und bringt eine feine Prise Virtuosität in die Schweizer Indielandschaft. So klingt echte Musik von echten Menschen, die noch wert auf ihre Wurzeln legen, aber auch bereit sind gemeinsam zu wachsen. Für mich sind sie eine echte Entdeckung und ich denke, bei Al Pride könnte sich ein Konzertbesuch definitiv sehr lohnen.