Katharina Schertler-Secil und die fabriggli-Familie
Am 9. Februar 1980 wurde das Werdenberger Kleintheater «fabriggli» offiziell eröffnet. Ursprünglich war in diesem Gebäude ein Stickereilokal angesiedelt. Dank beherzter Fronarbeit konnte der Umbau realisiert werden und auch Götti Emil Steinberger liess sich die Eröffnung nicht entgehen. Ein Jahr nach dem 30. Jubiläum im Jahr 2001 konnten dank grosszügiger Unterstützung durch die öffentliche Hand und Private die räumlichen Verhältnisse durch einen An- und Umbau optimiert werden, was zusätzlichen Platz für Kulturbegeisterte schuf. Was als Experiment begann, entwickelte sich dank unermüdlichem Einsatz von vielen Freiwilligen zu einem regionalen Qultur- und Begegnungszentrum, gut verankert in der Schweizer KleinKunstSzene und weit darüber hinaus.
Ein Verein ohne Nachwuchsprobleme
Auch heute fällt es auf, wenn man durch die Glastür schreitet und in den «fabriggli»-Kosmos eintaucht: Die gemeinsame Faszination des Teams für Konzerte, Theater, Kabarett, Lesungen und vieles mehr ist ansteckend. Es wird eine weltoffene Art gelebt und gleichzeitig das kulturelle Leben in der Region gefördert. Die vielen fleissigen Bienchen im Hintergrund arbeiten freiwillig in ihren Ressorts und passen gut aufeinander auf. Dieses herzliche Miteinander schwappt regelmässig auf die Gäste über und so verwundert es nicht, dass das «fabriggli» auch in harten Zeiten auf eine immense Stammkundschaft zählen darf. Nachwuchsprobleme scheint es beim familiären Trägerverein keine zu geben, da sie mit ihren Eigenproduktionen, Werkstätten und Kursen, Kindern und Jugendlichen einen Zugang zur Welt der Künste ermöglichen und ihnen die Begeisterung dafür weiterreichen.
Das «fabriggli» als Begleiter
Seit über 20 Jahren ist Katharina Schertler Secli aktiv beim Werdenberger Kleintheater. Aber die Freude am Qulturlokal hat sie schon viel früher gepackt. «Ich erinnere mich noch genau. Es war im Jahr 1981. Das fabriggli war gerade ein Jahr alt, ich war damals dreizehn. Meine zwei älteren Brüder machen Musik und ihre Band trägt den Namen das «fabriggli Quintett». Dieses jazzige Quintett spielte an einem Sonntagmorgen im fabriggli. Das habe ich mir natürlich nicht entgehen lassen.» Seit diesem Moment im Publikum habe sie das Kleintheater immer begleitet. In ihrer Bewerbung als Kindergartenlehrkraft habe sie später sogar das «fabriggli» als einen der Gründe genannt, wieso sie gerne in Buchs arbeiten würde. Später habe sie diverse Schulvorstellungen dort gesehen und sei auch sonst häufig als Gast an der Schulstrasse 12a an Veranstaltungen gewesen. Aber selber aktiv mitmischen, sei lange nicht ihr Plan gewesen. «Bis zu dem Zeitpunkt, als ich 2000 gefragt wurde, ob das nicht was für mich wäre. So bin ich ins Kinderprogramm eingestiegen, habe es irgendwann, so um die 2002 rum in Verantwortung übernommen.» Katharina Schertler Secli, die seit 2005 im Werdenberger Kleintheater als Präsidentin waltet, erinnert sich noch gut an ihre erste Vorstellung als linke Hand im Kinderprogramm. «Ich war ziemlich nervös. Fragte mich, ob ich das wohl kann und alles gut laufen würde. Einige Tage vor der Premiere rief mich dann tatsächlich die Figurenspielerin an und teilte mir mit, dass sie das Stück nicht spielen könne, weil sie sich von ihrem Mann und Spielpartner getrennt habe. Aber es kam trotzdem alles gut. Sie spielte ein anderes Stück und alle waren glücklich. Aber es war ein sehr aufregender Einstieg.»
Über 40 Jahre voller Höhepunkte
Das Werdenberger Kleintheater «fabriggli» feierte im vergangenen Jahr sein 40-jähriges Bestehen. Als Gast und als Organisatorin hat die Buchserin mit Vorarlberger Wurzeln natürlich unzählige Veranstaltungen miterlebt, dass es ihr nicht leicht fällt einzelne Höhepunkte auszuwählen, die ihr besonders geblieben sind. Doch Schertler Secli versucht es trotzdem. «Es war einmal an einem Samstag im März, ich glaube im Jahr 2004. Uns erwartete ein unterhaltsamer Abend mit «Les trois Suisses». Ausverkauftes Haus. Die Künstler sollten irgendwann am späten Nachmittag eintreffen. Aber es hat geschneit ohne Unterbruch, an diesem Tag sind wirklich Massen vom Himmel gefallen! Um 20 Uhr waren noch keine Künstler da, sie steckten in ihrem Auto irgendwo zwischen Bern und Buchs fest. Es sollte aber trotzdem ein magischer Abend daraus werden, denn das Publikum war da, voller Geduld und Verständnis. Es wurde geredet, angestossen und gemütlich genossen. Nach 21 Uhr trafen die Künstler mit X- Stunden Verspätung ein, schmissen ihre Instrumente auf die Bühne, machten einen kurzen Soundcheck und legten kurz vor 22 Uhr los. Und zwar wie! Das war einfach unvergesslich.» Noch relativ frisch in Erinnerung hat die «fabriggli»-Präsidentin die Jubiläumsfeierlichkeiten zum 40. Im Februar 2020. «Es war ein Wochenende der absoluten Spitzenklasse: Drei Tage voller KleinKunst und proppenvollen Zuschauerreihen. Feiern ohne Ende, für alle etwas dabei. Rund 700 glückliche Besucher/innen. Und im Rückblick die letzte Grossveranstaltung, knapp bevor die Corona Pandemie uns erreicht hat. Was für ein Glück wir doch hatten!» Neben vielen schönen Momenten, gab es aber auch einen traurigen Anlass, den sie nie vergessen wird. «Es war die Premiere der Eigenproduktion 2018 «Schöne neue Welt». Am Ende war es meine Aufgabe als Präsidentin, die Bühne zu betreten und dem versammelten Publikum mitzuteilen, dass unsere Theaterleiterin Hedy Sutter, verantwortlich für die eben gesehene Produktion, einige Tage davor gestorben war. Das war mein absolut allerschwierigster und traurigster Gang als Präsidentin und das Finden der richtigen Worte fiel mir für einmal sehr, sehr schwer.»
Die Toten Hosen in Buchs?
Seit 21 Jahren ist Katharina Schertler Secli eng verbunden mit dem Werdenberger Kleintheater «fabriggli». Gründe für ihr Engagement gebe es viele. «Meine Liebe zu und mein Interesse an Menschen! Meine Aufgabe ist sehr vielfältig, in keinem anderen Job hätte ich so viele verschiedenste Bereiche entdecken dürfen, hätte so viel gelernt, so viele Freundschaften geschlossen und so viele spannende Menschen kennenlernen können. Teammitglieder, Künstler:innen, Booker:innen, Manager:innen, Politiker:innen. Ich bin dafür sehr dankbar und liebe es auch nach 20 Jahren nach wie vor.» Trotz der vielen bereichernden Momente und unvergesslichen Veranstaltungen, einen Act hätte sie noch ganz gerne mal auf der Bühne in Buchs erlebt. «Die Toten Hosen? Das wäre doch was! Ich habe deren Agentur sogar mal geschrieben und ... eine ganz nette Antwort erhalten, dass das fabriggli grad nicht auf ihrem Tourneeweg liegt ... schade, nicht? Aber wahrscheinlich würden eh die Glasscheiben aus den Fenstern fallen», erzählt sie lächelnd. Als Kind sei sie vom 1948 verstorbenen Komiker Karl Valentin begeistert gewesen. «Karl Valentin und seine Bühnenpartnerin Liesl Karlstadt hätte ich schon ganz gerne mal ins fabriggli eingeladen. Aber da hätte ich wohl früher kommen müssen.»
Corona hat vieles verändert
Auch wenn die Pandemie schnelle Schutzkonzepte, Veranstaltungsabsagen und Publikumsbegrenzungen mit sich gebracht hat, das «fabriggli»-Team hat sich davon nie wirklich entmutigen lassen. Bei ihnen werde eben nach dem Motto «geht nicht, gibt’s nicht» gearbeitet, wie Katharina Schertler Secli sagt. «Wir waren uns von Beginn weg einig, dass wir spielen, wenn wir dürfen, unter den Umständen, die uns geboten sind. Und es ist uns gelungen! Wir waren ein qultureller Fels in der (Corona-) Brandung. Da, wenn immer möglich, für unsere Künstler und für das Publikum. Das gab uns ein gutes Gefühl und wir sind sehr stolz auf diese Leistung. Durchhalten und positiv bleiben. Das war das Motto.» Verändert habe die Pandemie aber schon vieles. «Noch gibt es Einschränkungen, Maskenpflicht, weniger Publikum, Abstand, ein Schutzkonzept und noch so einiges mehr. Das ist, nennen wir es, das Technische.» Aber das Ganze habe auch etwas mit den Menschen gemacht. Einige seien noch ängstlich und irgendwie auch verunsichert, so Schertler Secli. «Zurzeit ist es beispielsweise schwer vorstellbar mit 350 Menschen zusammen, dicht aneinandergedrängt, schwitzend, tanzend und hüpfend ein Konzert zu geniessen. Oder die Stuhlreihen ohne Abstand wieder lückenlos zu füllen. Wann wird sich das wieder normal anfühlen?» Doch trotz all den negativen, habe es durchaus auch positive Veränderungen gegeben. «In meinen 20 fabriggli -Jahren habe ich noch nie so ein dankbares und wertschätzendes Publikum erlebt wie in dieser Zeit. So viele positive Nachrichten haben uns erreicht, so viel Freude, bei denen, die sich ein rares Ticket ergattern konnten. Immer ausverkaufte Vorstellungen. Wir hoffen sehr, dass das nachhaltig so bleibt und wir auch nach der Pandemie ein beliebter und so begehrter Qulturort bleiben werden.»
Mehr Informationen zum «fabriggli» gibt’s unter www.fabriggli.ch