Eine schäumende Diva für schönes Haar
Eins nimmt Haarseife besonders übel: Wenn man sie mit festem Shampoo verwechselt. Letzteres sieht zwar ähnlich aus, ist aber im Prinzip nichts anderes als flüssiges Shampoo in fester Form. Hauptbestandteil ist ein meist künstliches Tensid, das Fett löst und Schaum erzeugt. Diese Tenside sind denen aus Flüssigseifen, Duschgels, Abwaschmitteln und Reinigern sehr ähnlich. Sie entfetten, sind recht unempfindlich gegen hartes Wasser und funktionieren in Produkten mit verschiedenen pH-Werten.
Ihre Tenside sind leider meist nicht vollständig biologisch abbaubar und nicht immer so hautfreundlich, ihre Enthärter, Düfte und Farben sind vielfach künstlich, Flüssigvarianten enthalten stets Konservierungsmittel und zahlreichen Shampoos wird Silikon zugesetzt, welches Haarschäden nicht behebt, aber zumindest verdeckt. Shampoos lassen sich ohne Vorkenntnisse sofort verwenden und sie funktionieren auch auf konventionell gefärbtem Haar.
Ur-Tensid Seife
Haarseife ist dagegen eine echte Seife (meist) aus Pflanzenfett und Natronlauge. Seife ist das älteste und natürlichste Tensid der Welt. Seife ist aufgrund ihrer chemischen Natur immer basisch, hat also eine höheren pH-Wert, sie verträgt sich nicht wirklich mit hartem Wasser und manchmal auch nicht mit künstlich gefärbten Haaren – auch das verlangt bei der Anwendung etwas Aufmerksamkeit.
Der Vorteil von Haarseifen besteht wiederum darin, dass sie ohne potenziell hautreizende synthetische Tenside, Farben, Düfte und Konservierer auskommen können und sich durch unterschiedliche Überfettungen auch die Reinigungs- und Pflegeleistung an unterschiedliche Haartypen anpassen lässt – was wiederum die Auswahl etwas schwieriger macht. Zudem erfordert die Waschroutine etwas Übung. Daher fristeten Haarseifen lange auch ein Nischendasein: Wer sie verwendete, musste sich etwas damit befassen.
Erfolgsfaktur Schaum
Wer sich der Diva Haarseife soweit angenähert hat, kann nun guten Gewissens starten. Sind noch Reste von silikonhaltigen Produkten im Haar, empfiehlt sich vor der ersten Seifenwäsche allerdings noch rasch eine Natronwäsche. Dazu löst man zwei bis drei Esslöffel Natron in einem halben Liter warmem Wasser und wäscht damit die Haare aus. Hat das Silikon vorhandene Haarschäden bislang verdeckt, kommen diese nun zum Vorschein. Betrifft das die Spitzen, hilft nur abschneiden.
Wichtig sind nun nur noch zwei Sachen: Erstens, die Haare richtig, richtig nass machen und zweitens, die Seife beim Reiben über die Kopfhaare richtig gut aufschäumen (gegebenenfalls mit noch etwas zusätzlichem Wasser) und den Schaum dann so lange einmassieren, bis er cremig wird. Anschliessend rasch und mit reichlich Wasser auswaschen.
Option Spülung
Die Haare sollten sich nun "quietschsauber" anfühlen, sind sie in nassem Zustand dagegen noch fettig oder wachsig, war es zu wenig Schaum, dann einfach nochmals waschen. Die Waschtechnik ist noch wichtiger für den Erfolg als die Wahl der Überfettung.
Ist das heimische Leitungswasser besonders hart, empfiehlt sich zum Schluss eine saure Spülung, zum Beispiel mit zwei Esslöffeln Apfelessig oder Zitronensaft auf einen Liter Wasser. Der Geruch verfliegt nach dem Trocknen, die Spülung kann aber auch ausgewaschen werden.
Zu guter Letzt verlangt die Haarseife nun noch nach einer passenden Ruhegelegenheit: einer Seifenschale, in der sie rundum gut abtrocknen kann. So gefällt es der Diva, sie ist dann auch gern wieder bereit für die nächste Anwendung. Die muss allerdings nicht gleich morgen sein: Die Waschabstände lassen sich mit Haarseife im Vergleich zum Shampoo oft um einen oder zwei Tage verlängern.
Die Wahl der Überfettung
Wird die Kopfhaut stark entfettet, wie es bei den meisten Shampoos der Fall ist, versucht die Kopfhaut das umgehend auszugleichen, indem sie Talg absondert, das sogenannte Sebum. Schon am nächsten Morgen zeigt sich dann das klassische Bild: Fettiger Haaransatz, trockene Spitzen. Früher hat man das mit den sprichwörtlichen "hundert Bürstenstrichen" behoben und das pflegende Fett in den Haarlängen verteilt, heute ärgert man sich nur gestresst darüber. Abhilfe schafft eine Haarseife mit höherer Überfettung: Sie gibt der Kopfhaut das nötige Fett zurück und pflegt gleichzeitig das Haar auch in den Längen. Als Faustregel gilt zudem: Dünnes Haar braucht wenig Überfettung, dickeres Haar verträgt eine höhere. Ohne diese Angabe ist eine Haarseife vor der Verwendung schlecht einzuschätzen, bei seriösen Anbietern ist die Angabe der Überfettung selbstverständlich. Eine mittlere Überfettung liegt bei rund acht Prozent.
Die Unterschiede der Seifen
Lange wurden Haarseifen nur von kleinen Manufakturen hergestellt, erst seit ein Hype um sie entstanden ist, bieten auch grössere Firmen Seifen für die Haare an, die oft aber nicht viel mehr als ganz gewöhnliche Seifen sind. Zu erkennen sind sie ganz vorn auf der Zutatenliste an den meist typischen Fabrikseifenzutaten wie "sodium tallowate" (verseifter Rindertalg, meist aus Schlachtabfällen der Massentierhaltung) oder "sodium palmate" (verseiftes Palmöl). Mit mehr Verständnis fürs Haar in Manufakturen kalt gerührte Haarseifen enthalten dagegen wertvolle Pflanzenöle wie beispielsweise Oliven-, Traubenkern-, Mandel- oder Rizinusöl. Zur Wasserenthärtung wird meist Zitronensäure ("citric acid") zugesetzt. Kein Ersatz für solche "echten" Haarseifen sind auch die im Internet verbreiteten Selbermach-Rezepte, die vorschlagen, eine Kernseife im Topf zu schmelzen, mit etwas Öl und Duft anzureichern und dann in einer Form wieder erkalten zu lassen. Damit sollte man keine Haare waschen.
Bildlegende:
Haarseifen können mit verschiedenen pflegenden Pflanzenölen, Kräutern und natürlichen ätherischen Ölen gerührt werden.