«Ein Nachmittag in der Hängematte»
Bild/Illu/Video: zVg.

«Ein Nachmittag in der Hängematte»

Ich hatte soeben alle meine Pflichten für den Tag erfüllt und radelte zufrieden zum See. Der See war mit dem Fahrrad eine knappe halbe Stunde von meinem Haus entfernt. Ich ging gerne dorthin, und genoss dort die Stille der Natur. Es lebten kaum Tiere am See, warum wusste ich nicht. Andere Menschen traf ich selten dort an. Das allerdings lag daran, dass man rund zehn Minuten durch dichtes Gebüsch gehen musste, um zum See zu gelangen.

Der Himmel strahlte in einem schönen dunkelblau an jenem Tag. Keine Wolke bedeckte das Dach der Welt. Es wehte ein sanfter Wind und die Luft war angenehm warm. Ich befestigte meine Hängematte an zwei Bäumen und legte mich hinein. Ich suchte mir stets einen neuen Platz, um die Schönheit des Sees von allen Seiten betrachten zu können. Manchmal musste ich dafür mit meiner Axt oder der Machete Schneisen ins Dickte Unterholz schlagen. Nicht selten schürfte ich mir dabei das Gesicht, Arme oder die Beine an Dornen und Stacheln der Pflanzen auf.

Vollkommen entspannt lag ich in meiner wiegenden Liege und lauschte dem Geknarre der Bäume. Ich horchte auf als hin und wieder ein Rabe vorbeiflog und krächzte oder eine Meise leise zwitscherte. Der See lag zu meiner Rechten. Ich konnte ein Grossteil seiner Fläche überblicken und bemerkte da und dort kleine Ringe auf der Oberfläche des Wassers. Anzeichen, dass die Fische aktiv waren.

Einmal als ich den See besuchte, es war schon eine Weile her, geschah ausnahmsweise etwas. Ich hatte schon eine Zeit lang still und horchend dagelegen, und plötzlich stürzte sich ein Adler auf den See und packte im Flug einen Fisch mit seinen Krallen. Heftig mit den Flügeln schlagend und dabei das Wasser rundherum aufschäumend, erhob das mächtige Tier sich wieder in die Lüfte. Das war ein richtiges Spektakel und war leider schnell wieder vorbei.

Ich war mir nicht gewöhnt Dinge zu erleben, ich war von Natur aus eher ein zurückhaltender, ja fast ängstlicher Mensch. Darum blieb mir dieser Moment bis zum heutigen Tag in Erinnerung.

Es musste bereits zwei Uhr sein, ich hatte nie eine Uhr bei diesen Ausflügen dabei, als ich mich entschied eine Wanderung um den See zu unternehmen. Ächzend schwang ich mich aus der Hängematte und lief durchs Gebüsch an den Kiesstrand. Dort zog ich meine Sandalen aus und ging einige Schritte ins Wasser hinein. Mir entfuhr ein lautes «Huh». Das Wasser war eiskalt. Kein Wunder, es war erst März und in diesen Breitengraden der nördlichen Hemisphäre die Bäche, Seen und Nächte noch bitterkalt waren.

Als ich um den See lief, fand ich einige Krebskrallen und ein Fischskelett. Sonst entdeckte ich nichts. Die Sonne ging langsam unter und die Temperatur sank langsam. Ich entschied mich nach Hause zu gehen. Nachdem ich meine Hängematte heruntergenommen und im Rucksack verstaut hatte, marschierte ich durch den dichten Wald zu meinem Fahrrad. Einen letzten Blick warf ich auf den See und machte mich wehmütig auf den Heimweg. Wie schön waren doch diese Nachmittage ohne Verpflichtung und Arbeit. Sie wurden immer seltener, da ich immer mehr arbeiten musste und immer mehr Verpflichtungen hatte, die ich eigentlich gar nicht wollte. Immer mehr und immer schneller wurden die Dinge von uns gefordert. Nun ja, bald würde ich frei sein, frei für zwei Wochen, danach wird erneut alles von vorne beginnen.

Ich kam bei meinem Fahrrad an und musste feststellen, dass einer der Reifen platt war. Ein Tier hatte offensichtlich in den Reifen gebissen, wodurch der Schlauch die Luft verloren hatte. Etwas mürrisch, aber dankbar für die Verlangsamung des Weges, stiess ich das Rad nach Hause. Kurz nach Einbruch der Nacht kam ich dort an. Meine Frau hatte sich bereits Sorgen gemacht und wie sie erzählte, einige Zeit am Fenster auf mich wartend zugebracht. Ich gab meiner geliebten Frau einen Kuss und schloss die Tür hinter mir ab.

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