Ein Leben für den Jazz
Im Juni 2018 wurde ich erstmals für ein Konzert der Big Band Liechtenstein vom Liechtensteiner Vaterland angeheuert und ihre Show hat mich schwer beeindruckt. Die Band von Weltklasse aus dem Fürstentum hat damals im TAK Schaan keine Wünsche offengelassen und so richtig abgeräumt. Neben der Musik blieb es mir in Erinnerung, dass Bandleader Benno Marxer ein grandioser Geschichtenerzähler ist, den ich unbedingt mal zu Radio L ins Studio holen wollte. Als Jürgen Kranz mir wenig später schrieb und von dem «35/70»-Projekt vorschwärmte, packte ich die Chance und lud ihn und Benno ein. Leider ist das interessante Gespräch mit ihnen nicht mehr online auffindbar, da Radio L bei der Umstellung der Webseite vieles gelöscht hat. Aber egal, ich habe die Bigband nochmals live gesehen, nämlich im November 18, respektive eben an dem Abend, als sie auch Konzertausschnitte für diesen hier vorliegenden Film aufgenommen haben.
Zwei Mal im Fernsehen
Der Film über die musikalische Reise von Benno Marxer startet, als der Held der Geschichte in sein Auto steigt und losfährt. Kurz darauf erklärt Trompeter Jürgen Kranz, wie ihm die Idee zu diesen Doppeljubiläumsfestlichkeiten gekommen sei. Bevor ich jetzt weitererzähle, muss ich auch mal dem Herrn mit der Brille ein Kränzchen binden. Auch wenn Marxer musikalisch einen enormen Einfluss auf den Nachwuchs und seine Formation hat, ist Kranz ein Angefressener, der gerne die Extrameile geht, was sicher für die Jungen enorm motivierend wirkt. Es ist das Wechselspiel dieser beiden Musiker, welches überhaupt erst in einem solchen Film gipfelt und so auch von der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Im Film erzählt Benno Marxer von früher. Dies tut er voller Stolz, aber nie wehmütig. Er habe immer gerne Gitarre gespielt und sich auch früh für den Job als Profimusiker entschieden. Mit der einen Band sei er sogar zwei Mal im Fernsehen aufgetreten, erklärte der Multiinstrumentalist mit einem Lächeln auf den Lippen.
Von der «LMS Big Band» zur «Big Band Liechtenstein»
Seine Zitate wurden dabei untermalt mit Fotografien und Videos von früher, die einem einerseits wegen der Mode, anderseits wegen den Frisuren hin und wieder zum Schmunzeln brachten. Gegründet wurde die Big Band der Liechtensteinischen Musikschule vom Protagonisten 1983 und die ersten Proben fanden in einem kleinen Dachgeschoss statt. Eindrücklich berichten im Film Ehemalige und Aktive, wie sich das Niveau der Band über die Jahre hinweg kontinuierlich verbessert hat. Marxer sei ein untypischer Bandleader, das sagen nicht nur Weggefährten, sondern auch die internationalen Gastmusiker wie James Morrison, Willie Murillo oder Olivia Chindamo. Auch wenn es in 35 Jahren natürlich einige Wechsel gegeben habe, der demokratische Führungsstil und die ansteckende Freude an der Musik, die er vorlebe, sei einzigartig und motiviere alle Bandmitglieder.
Der Heavy Metal vom Jazz
Der 45-minütige Film zeigt das Leben eines Individualisten, der in den vergangenen 35 Jahren Musikgeschichte geschrieben hat. Benno Marxer ist es nämlich gelungen, eine Big Band auf die Beine zu stellen, die sich auch hinter Formationen aus Profis nicht verstecken muss. «35/70 a Lifetime for Jazz» hält viele humoristische Anekdoten bereit, welche die Sequenzen zwischen der Musik so wunderbar unterhaltsam machen. Auch wenn sie hart und viel proben für ihren energetischen «Heavy Metal vom Jazz» wird im Film immer mit einer Begeisterung von der Musik gesprochen, die einem regelrecht aufstellt. Auch wenn man mit dem Musizieren keinen Krebs heile, eine vitalisierende und heilende Wirkung habe sie auf jeden Fall, erklärte Willie Murillo im Interview. Er hat Recht, denn ohne die Melodien, die ihm die Welt bedeuten, würde Benno Marxer wohl kaum noch heute motiviert wie ein 30-Jähriger seine Big Band zu immer besseren Leistungen antreiben und immer wieder motivieren.
Der Film «35/70 a Lifetime for Jazz» wird am kommenden Freitag den 18. September im «Alten Kino» Vaduz ab 19.30 gezeigt. Im Anschluss findet das erste Konzert der Big Band Liechtenstein im Jahr 2020 statt. Nicht verpassen!