Die Seele offenbaren
Bild/Illu/Video: Christian Imhof

Die Seele offenbaren

Nicht jeder Mensch kann und will seine Seele offenbaren. Es braucht Mut seine innersten Gefühle offen zu zeigen. Das ist zu respektieren. Die Seele zu offenbaren heisst sich selbst verletzlich machen.


Schwäche zulassen und zu zeigen. Wer sich seinen Schwächen bewusst ist, mit Ihnen umgehen, offen und selbstbewusst darüber sprechen kann, ist stärker als jeder Macho, der bloss gelernt hat seine Schwächen zu verbergen. Wenn ich an Machos denke, fällt mir immer Hemingway ein. Der maskulinste Mann, der jemals gelebt hatte. Liest man seine Texte, merkt man wie verletzlich und empfindsam Hemingway in Wirklichkeit ist.


Es war ein langer Prozess, zumindest bei mir, bis ich gelernt hatte meine Seele zu offenbaren. Ich brauchte viel Mut und die Liebe und Unterstützung anderer. Im Prozess geht es darum wegzukommen von belanglosem Smalltalk, Vorurteilen und passivem Zuhören. Es geht darum mit sich selber im Reinen zu sein und diese Art zu leben Menschen in unseren Leben weiterzugeben. Ständig ehrlich zu sein. Ab und zu einer traurigen Seele gute Worte, aber niemals Lügen zu erzählen. Es geht darum in einem Gespräch zu 100 Prozent zuhören zu können. Es braucht Ausdauer, viel Überwindung und einen guten Willen.


Aus purer Ehrlichkeit resultiert ein einfaches Leben. Lügen war Vergangenheit. Warum lügt man überhaupt? Um andere zu beeindrucken oder etwas zu vergessen, was man sich nicht eingestehen kann und will.


Oscar Wilde sagte einmal: «Man is least himself, when he talks in his own person, give him a mask and he will tell you the truth.» Mir gefällt dieses Zitat ausserordentlich gut. Sind wir nicht alle verletzlich? Sind wir nicht alle schwach. Mit einer Maske fällt es uns leichter die Wahrheit zu sagen. Aber ist es nicht das Ziel ohne Maske die Wahrheit zu sagen? Ohne Maske uns zu entblössen und anderen unsere Seele zu zeigen?


Die Seele zu offenbaren heisst ein menschlicheres, viel empfindsameres und feinfühliges Wesen zu werden.

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